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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.

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sie beschränkt sich auf jene gerühmten Anträge, diese kosten kein
Opfer, denn der Gesammtstaat soll jenes curi^-nuwlLr liefern.

Das bestehende Ständewesen etwa als möglichen Anfangs¬
punkt einer freien Verfassung im Style der Neuzeit zu betrachten
und willkommen zu heißen, muthe man uns nicht zu, wir wünschen
lieber gar nicht, als so angefangen; was ist dieses Ständewesen
andres als der fossile Mamuthöknochen der Feudalzeit, der noch
immer nicht in befruchtende Erde zerfallen will, und auf solchem
Grunde baut es sich's schlecht. Das aristokratische Element als
Schildknappe der Stabilität, dient in modernen Verfassungen nur
als Regulator etwa zu raschen Fortschrittes, als Hemmschuh und
Bremse am Wagen des dahin brausenden Volaöwillens, und man
bietet uns den Hemmschuh ohne Wagen. Der Hemmschuhe ha¬
ben wir übergenug, wir wollen getrost den Wagen abwarten, der
Hemmschuh wird sich dann schon finden ungewünscht und unverlangt.

Während in josefinischer Zeit der erste bürgerliche Mensch in
Böhmen zum Kreishauptmanne ernannt ward, wird möglicherweise
in der Jetztzeit bald der letzte bürgerliche zu diesem Amte gelangt
sein, während in jenem goldenen Zeitalter Oesterreichs die schroffen
Schranken zwischen Adel und Bürger einzusinken begannen, sind
dieselben heute wieder aufgerichtet, fester und höher denn je, und
gar viel trägt das wiedererwachte aristokratische Ständeleben bei
zu dieser Restauration, wir haben Gelegenheit Vergleiche anzustellen
zwischen der älteren und jüngeren Adelsgeneration, und zu folgern
wohin das endlich führen muß. Darum behalten wir unsere An¬
sicht über die ständischen Tendenzen, bis diese selbst sich ändern, bis
die hohe Versammlung uns thatkräftig zu besserer Ansicht bekehrt;
insere Anerkennung und Bewunderung wird ihr nicht fehlen,




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sie beschränkt sich auf jene gerühmten Anträge, diese kosten kein
Opfer, denn der Gesammtstaat soll jenes curi^-nuwlLr liefern.

Das bestehende Ständewesen etwa als möglichen Anfangs¬
punkt einer freien Verfassung im Style der Neuzeit zu betrachten
und willkommen zu heißen, muthe man uns nicht zu, wir wünschen
lieber gar nicht, als so angefangen; was ist dieses Ständewesen
andres als der fossile Mamuthöknochen der Feudalzeit, der noch
immer nicht in befruchtende Erde zerfallen will, und auf solchem
Grunde baut es sich's schlecht. Das aristokratische Element als
Schildknappe der Stabilität, dient in modernen Verfassungen nur
als Regulator etwa zu raschen Fortschrittes, als Hemmschuh und
Bremse am Wagen des dahin brausenden Volaöwillens, und man
bietet uns den Hemmschuh ohne Wagen. Der Hemmschuhe ha¬
ben wir übergenug, wir wollen getrost den Wagen abwarten, der
Hemmschuh wird sich dann schon finden ungewünscht und unverlangt.

Während in josefinischer Zeit der erste bürgerliche Mensch in
Böhmen zum Kreishauptmanne ernannt ward, wird möglicherweise
in der Jetztzeit bald der letzte bürgerliche zu diesem Amte gelangt
sein, während in jenem goldenen Zeitalter Oesterreichs die schroffen
Schranken zwischen Adel und Bürger einzusinken begannen, sind
dieselben heute wieder aufgerichtet, fester und höher denn je, und
gar viel trägt das wiedererwachte aristokratische Ständeleben bei
zu dieser Restauration, wir haben Gelegenheit Vergleiche anzustellen
zwischen der älteren und jüngeren Adelsgeneration, und zu folgern
wohin das endlich führen muß. Darum behalten wir unsere An¬
sicht über die ständischen Tendenzen, bis diese selbst sich ändern, bis
die hohe Versammlung uns thatkräftig zu besserer Ansicht bekehrt;
insere Anerkennung und Bewunderung wird ihr nicht fehlen,




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[0015] sie beschränkt sich auf jene gerühmten Anträge, diese kosten kein Opfer, denn der Gesammtstaat soll jenes curi^-nuwlLr liefern. Das bestehende Ständewesen etwa als möglichen Anfangs¬ punkt einer freien Verfassung im Style der Neuzeit zu betrachten und willkommen zu heißen, muthe man uns nicht zu, wir wünschen lieber gar nicht, als so angefangen; was ist dieses Ständewesen andres als der fossile Mamuthöknochen der Feudalzeit, der noch immer nicht in befruchtende Erde zerfallen will, und auf solchem Grunde baut es sich's schlecht. Das aristokratische Element als Schildknappe der Stabilität, dient in modernen Verfassungen nur als Regulator etwa zu raschen Fortschrittes, als Hemmschuh und Bremse am Wagen des dahin brausenden Volaöwillens, und man bietet uns den Hemmschuh ohne Wagen. Der Hemmschuhe ha¬ ben wir übergenug, wir wollen getrost den Wagen abwarten, der Hemmschuh wird sich dann schon finden ungewünscht und unverlangt. Während in josefinischer Zeit der erste bürgerliche Mensch in Böhmen zum Kreishauptmanne ernannt ward, wird möglicherweise in der Jetztzeit bald der letzte bürgerliche zu diesem Amte gelangt sein, während in jenem goldenen Zeitalter Oesterreichs die schroffen Schranken zwischen Adel und Bürger einzusinken begannen, sind dieselben heute wieder aufgerichtet, fester und höher denn je, und gar viel trägt das wiedererwachte aristokratische Ständeleben bei zu dieser Restauration, wir haben Gelegenheit Vergleiche anzustellen zwischen der älteren und jüngeren Adelsgeneration, und zu folgern wohin das endlich führen muß. Darum behalten wir unsere An¬ sicht über die ständischen Tendenzen, bis diese selbst sich ändern, bis die hohe Versammlung uns thatkräftig zu besserer Ansicht bekehrt; insere Anerkennung und Bewunderung wird ihr nicht fehlen, 2'

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/15>, abgerufen am 24.11.2024.