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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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Diese Bestimmungen zu andern und zu mehren :c. muß wohl,
wie es in der Natur der Sache, im Begriffe der Negierung liegt, in
der Macht des Staatsoberhaupts liegen; diese gesetzlichen Bestimmun¬
gen des Privatrechts müssen von jenen dnrch den König und die
Stände, verfaßten StaatSgrundsätzen als Bedingung des Staatsver¬
bandes und der Regierung geschieden werden. Daß aber auch diese
Behauptung nicht willkürlich ist, beweisen die vielen Gesetze und
Hosdecrete, welche, wenn von der Landesordnung gesprochen wird, stets
die Fundamentalgesetze und privatrechtlichen Bestimmungen derselben als
völlig heterogene Theile trennen.

Bemerkenswerth erscheint hier der Umstand, daß, als das
erwähnte Comite einige Aufschlüsse in dem ständischen Archive (daS
bisher wegen Mangel an Localiiäten nicht in's ständische Gebäude
übertragen werden konnte, und demnach beim Landrechte belassen war)
erheben wollte, demselben das soartige Benutzen des ständi¬
schen Archivs von Seite des Landrcchts aus unbekann¬
ten Gründen verweigert wurde. Wie natürlich gab dieses
Veranlassung zu einer Beschwerde an Se. Majestät den König.

Von größerem Einflüsse auf ständische Rechte und Privilegien
scheint mir aber das Hofdecret vom II. April, welches eines der älte¬
sten Rechte der Stände beeinträchtigt, folgenden Inhalts:

"Ueber die von den Ständen bei der Versammlung am 22. April
"184" aus Anlaß des von den Krcisämtern bei der Steuerauöschrei-
"dung für d. I. 1845 nicht ordnungsmäßig geschehen sein sollenden,
"gegen die verfassungsmäßige Würde und Ansehen verstoßenden Vor¬
gangs -- durch Stimmenmehrheit beschlossene Bitte an Se. Majestät,
"Allerhöchst Dieselben wollen den tgi. Behörden auftragen, bei Aus¬
übung ihrer Amtswirksamkeit stets die Vorsicht eintreten zu lassen,
"um nicht nur die ständischen Rechte unangefochten zu lassen, sondern auch
"das Ansehen und die Würde der Stände im Lande nicht zu Schoa-
"chen, und die ständischen Beamten nicht in Widerspruch mit ihrer,
"den Ständen schuldigen Dienstpflicht zu setzen, haben Se. Majestät
"unterm II. d. M. zu entscheiden befunden. Da die Acten zeigen, daß
"die landesfürstlichen Behörden bei der eingeleiteten EinHebung der
"Steuern für das v. I. 1845 sich keinen, die Verfassung des Landes
"oder die Würde der Stände benachtheiligendcn, oder die ständischen
"Beamten mit ihren Pflichten gegen die Stände in Collision bringen¬
den Vorgang erlaubten, so finden sich Se. Majestät nicht bestimmt,


Diese Bestimmungen zu andern und zu mehren :c. muß wohl,
wie es in der Natur der Sache, im Begriffe der Negierung liegt, in
der Macht des Staatsoberhaupts liegen; diese gesetzlichen Bestimmun¬
gen des Privatrechts müssen von jenen dnrch den König und die
Stände, verfaßten StaatSgrundsätzen als Bedingung des Staatsver¬
bandes und der Regierung geschieden werden. Daß aber auch diese
Behauptung nicht willkürlich ist, beweisen die vielen Gesetze und
Hosdecrete, welche, wenn von der Landesordnung gesprochen wird, stets
die Fundamentalgesetze und privatrechtlichen Bestimmungen derselben als
völlig heterogene Theile trennen.

Bemerkenswerth erscheint hier der Umstand, daß, als das
erwähnte Comite einige Aufschlüsse in dem ständischen Archive (daS
bisher wegen Mangel an Localiiäten nicht in's ständische Gebäude
übertragen werden konnte, und demnach beim Landrechte belassen war)
erheben wollte, demselben das soartige Benutzen des ständi¬
schen Archivs von Seite des Landrcchts aus unbekann¬
ten Gründen verweigert wurde. Wie natürlich gab dieses
Veranlassung zu einer Beschwerde an Se. Majestät den König.

Von größerem Einflüsse auf ständische Rechte und Privilegien
scheint mir aber das Hofdecret vom II. April, welches eines der älte¬
sten Rechte der Stände beeinträchtigt, folgenden Inhalts:

„Ueber die von den Ständen bei der Versammlung am 22. April
„184» aus Anlaß des von den Krcisämtern bei der Steuerauöschrei-
„dung für d. I. 1845 nicht ordnungsmäßig geschehen sein sollenden,
„gegen die verfassungsmäßige Würde und Ansehen verstoßenden Vor¬
gangs — durch Stimmenmehrheit beschlossene Bitte an Se. Majestät,
„Allerhöchst Dieselben wollen den tgi. Behörden auftragen, bei Aus¬
übung ihrer Amtswirksamkeit stets die Vorsicht eintreten zu lassen,
„um nicht nur die ständischen Rechte unangefochten zu lassen, sondern auch
„das Ansehen und die Würde der Stände im Lande nicht zu Schoa-
„chen, und die ständischen Beamten nicht in Widerspruch mit ihrer,
„den Ständen schuldigen Dienstpflicht zu setzen, haben Se. Majestät
„unterm II. d. M. zu entscheiden befunden. Da die Acten zeigen, daß
„die landesfürstlichen Behörden bei der eingeleiteten EinHebung der
„Steuern für das v. I. 1845 sich keinen, die Verfassung des Landes
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[0086] Diese Bestimmungen zu andern und zu mehren :c. muß wohl, wie es in der Natur der Sache, im Begriffe der Negierung liegt, in der Macht des Staatsoberhaupts liegen; diese gesetzlichen Bestimmun¬ gen des Privatrechts müssen von jenen dnrch den König und die Stände, verfaßten StaatSgrundsätzen als Bedingung des Staatsver¬ bandes und der Regierung geschieden werden. Daß aber auch diese Behauptung nicht willkürlich ist, beweisen die vielen Gesetze und Hosdecrete, welche, wenn von der Landesordnung gesprochen wird, stets die Fundamentalgesetze und privatrechtlichen Bestimmungen derselben als völlig heterogene Theile trennen. Bemerkenswerth erscheint hier der Umstand, daß, als das erwähnte Comite einige Aufschlüsse in dem ständischen Archive (daS bisher wegen Mangel an Localiiäten nicht in's ständische Gebäude übertragen werden konnte, und demnach beim Landrechte belassen war) erheben wollte, demselben das soartige Benutzen des ständi¬ schen Archivs von Seite des Landrcchts aus unbekann¬ ten Gründen verweigert wurde. Wie natürlich gab dieses Veranlassung zu einer Beschwerde an Se. Majestät den König. Von größerem Einflüsse auf ständische Rechte und Privilegien scheint mir aber das Hofdecret vom II. April, welches eines der älte¬ sten Rechte der Stände beeinträchtigt, folgenden Inhalts: „Ueber die von den Ständen bei der Versammlung am 22. April „184» aus Anlaß des von den Krcisämtern bei der Steuerauöschrei- „dung für d. I. 1845 nicht ordnungsmäßig geschehen sein sollenden, „gegen die verfassungsmäßige Würde und Ansehen verstoßenden Vor¬ gangs — durch Stimmenmehrheit beschlossene Bitte an Se. Majestät, „Allerhöchst Dieselben wollen den tgi. Behörden auftragen, bei Aus¬ übung ihrer Amtswirksamkeit stets die Vorsicht eintreten zu lassen, „um nicht nur die ständischen Rechte unangefochten zu lassen, sondern auch „das Ansehen und die Würde der Stände im Lande nicht zu Schoa- „chen, und die ständischen Beamten nicht in Widerspruch mit ihrer, „den Ständen schuldigen Dienstpflicht zu setzen, haben Se. Majestät „unterm II. d. M. zu entscheiden befunden. Da die Acten zeigen, daß „die landesfürstlichen Behörden bei der eingeleiteten EinHebung der „Steuern für das v. I. 1845 sich keinen, die Verfassung des Landes „oder die Würde der Stände benachtheiligendcn, oder die ständischen „Beamten mit ihren Pflichten gegen die Stände in Collision bringen¬ den Vorgang erlaubten, so finden sich Se. Majestät nicht bestimmt,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/86>, abgerufen am 24.07.2024.