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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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vergrößert sich von Tag zu Tag die Theilnahme der Stande an An¬
gelegenheiten und Bedürfnissen des Landes, und ist so der Grund vie¬
ler gemeinnützigen Verfügungen. Belege hierfür bieten uns in hinläng¬
licher Anzahl die letzten ständischen Versammlungein

Ich führe hier nnr an, was bereits im Grenzboten No. 9. d. I.
zur Kenntniß der Öffentlichkeit gebracht worden ist. Die Projecte
zur Errichtung einer Hypothekenbank, Vorschläge zu einer neuen Wald¬
ordnung, zur Vereinfachung und Verbesserung des Grundbuchswesens,
die Bemühungen um eine Reform der mangelhaften Criminalgcrichts-
pflege und um Einschränkung der den Wohlstand und die Moralität
der unteren Volksklassen untergrabenden Zahlenlotterie, die Verhand¬
lungen über die Straßenbausysteme, über eine Schulordnung, der Be¬
schluß wegen Errichtung einer Ackerbauschule, die namhaften Spenden
zur Unterstützung der dnrch die Ueberschwemmung Verunglückten, die
Kosten zur Verschönerung Prags mit Schonung des Nusticales und
den Ankauf eines Hauses für das Landemnseum. -- Um ein richti¬
ges Bild der ständischen Leistungen zu entwerfen, könnte nach meinem
Erachten die ständische Versammlung vom Mai dieses Jahres hinläng¬
liche Skizzen liefern, aus welcher ich einige Beschlüsse, soweit sie mir
bekannt, und auf die Landesangelegenheiten von Einfluß sind, erwäh¬
nen will. Auf Antrag des Landesguberniumö wurde Se. Majestät
gebeten, unter andern wohlthätigen Verfügungen zu Aufhebung und
Linderung des beklagenswerten Zustandes der Bewohner des Riesen-
gebirgs durch Prämien für die beste Flachserzeugung die Linnenindu¬
strie, als die einstigen, so ausgiebigen Nahrungsquellen zu heben. Nach¬
dem die Negierung erklärte: Es sei nicht Sache des Staates, zur Em-
porbringung einzelner Gewerbszweige Prämien auszusetzen und diese
Angelegenheit an Priv a de o rp or all oren, wie allenfalls die Stände,
zu weisen; bewilligten, ungeachtet dieses wenig schmeichelhaften Ver¬
gleiches, ohne vorausgegangene Motivirung, die Stände mit eminen¬
ter Majorität: daß Se. kaiserl. Hoheit dem im Lande innigst gelieb¬
ten Erzherzog Stephan ein Betrag von 20,000 Fi. C.-M. zur gnädig¬
sten Verfügung für die unglücklichen Gebirgsbewohner gestellt und ein
jährlicher Beitrag von 600 Ducaten durch 5 Jahre zu Prämien für die
beste Flachscultur ausgesetzt werde. -- Dem ständischen Historiogra-
phen, unserem gepriesenen Herrn Palacky, wurde, behufs einer im In¬
teresse der vaterländischen Geschichte zu unternehmenden Reise, statt des
angesuchten Betrags von 300 Fi. der Betrag von 500 Fi. bewilligt,
diesem zugleich ein Adjunct mit der jährlichen Besoldung von 600 Fs.


vergrößert sich von Tag zu Tag die Theilnahme der Stande an An¬
gelegenheiten und Bedürfnissen des Landes, und ist so der Grund vie¬
ler gemeinnützigen Verfügungen. Belege hierfür bieten uns in hinläng¬
licher Anzahl die letzten ständischen Versammlungein

Ich führe hier nnr an, was bereits im Grenzboten No. 9. d. I.
zur Kenntniß der Öffentlichkeit gebracht worden ist. Die Projecte
zur Errichtung einer Hypothekenbank, Vorschläge zu einer neuen Wald¬
ordnung, zur Vereinfachung und Verbesserung des Grundbuchswesens,
die Bemühungen um eine Reform der mangelhaften Criminalgcrichts-
pflege und um Einschränkung der den Wohlstand und die Moralität
der unteren Volksklassen untergrabenden Zahlenlotterie, die Verhand¬
lungen über die Straßenbausysteme, über eine Schulordnung, der Be¬
schluß wegen Errichtung einer Ackerbauschule, die namhaften Spenden
zur Unterstützung der dnrch die Ueberschwemmung Verunglückten, die
Kosten zur Verschönerung Prags mit Schonung des Nusticales und
den Ankauf eines Hauses für das Landemnseum. — Um ein richti¬
ges Bild der ständischen Leistungen zu entwerfen, könnte nach meinem
Erachten die ständische Versammlung vom Mai dieses Jahres hinläng¬
liche Skizzen liefern, aus welcher ich einige Beschlüsse, soweit sie mir
bekannt, und auf die Landesangelegenheiten von Einfluß sind, erwäh¬
nen will. Auf Antrag des Landesguberniumö wurde Se. Majestät
gebeten, unter andern wohlthätigen Verfügungen zu Aufhebung und
Linderung des beklagenswerten Zustandes der Bewohner des Riesen-
gebirgs durch Prämien für die beste Flachserzeugung die Linnenindu¬
strie, als die einstigen, so ausgiebigen Nahrungsquellen zu heben. Nach¬
dem die Negierung erklärte: Es sei nicht Sache des Staates, zur Em-
porbringung einzelner Gewerbszweige Prämien auszusetzen und diese
Angelegenheit an Priv a de o rp or all oren, wie allenfalls die Stände,
zu weisen; bewilligten, ungeachtet dieses wenig schmeichelhaften Ver¬
gleiches, ohne vorausgegangene Motivirung, die Stände mit eminen¬
ter Majorität: daß Se. kaiserl. Hoheit dem im Lande innigst gelieb¬
ten Erzherzog Stephan ein Betrag von 20,000 Fi. C.-M. zur gnädig¬
sten Verfügung für die unglücklichen Gebirgsbewohner gestellt und ein
jährlicher Beitrag von 600 Ducaten durch 5 Jahre zu Prämien für die
beste Flachscultur ausgesetzt werde. — Dem ständischen Historiogra-
phen, unserem gepriesenen Herrn Palacky, wurde, behufs einer im In¬
teresse der vaterländischen Geschichte zu unternehmenden Reise, statt des
angesuchten Betrags von 300 Fi. der Betrag von 500 Fi. bewilligt,
diesem zugleich ein Adjunct mit der jährlichen Besoldung von 600 Fs.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/82>, abgerufen am 24.07.2024.