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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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Herr Schönemann, der Eigenthümer der Weserzeitung, ist heute
hier angelangt, um Schritte zur Wiederaufnahme der Weserzeitung zu
thun. Beim Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten wußte man
am ersten Tage gar nicht, daß das Blatt mit Interdict belegt ist. Ver¬
boten sind, wie man nachträglich hört, die beiden bremer Blatter nicht, son¬
dern nur der Postdebit ist ihnen untersagt, was bei einem politischen Blatte
allerdings die Lebensfrage ist, zumal für die Weserzeitung, die 2000
Exemplare nach Preußen sandte. Aber auch in Bezug auf das Post¬
debit hört man widersprechende Nachrichten, er>um rheinische Blätter mel¬
deten, daß sie nach wie vor ihre Exemplare beziehen. Es sind d Räth¬
er
0--0 sel gar viele in dieser Angelegenheit!


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Bülow - Cummerow über das Bankwesen.

Die Fluch der Schriften zur preußischen Bankfrage schwillt immer
mehr an. So eben ist wieder von Hrn. Bülow - Cummerow eine neue
Brochüre erschienen: "Das Bankwesen in Preußen mit Bezug aus die
Eabinetsordre vom I j. April 1846/' Der Verfasser gibt darin die Ge¬
schichte seiner bei der preußischen Regierung seit Ende des Jahres 1844
gestellten Antrage und legt anhangsweise die von ihm eingereichten Denk¬
schriften zum ersten Male dem Publicum vollständig vor. Diese Schrift
ist in dem Bankstreit ein gar merkwürdiges Actenstück. Es ist dem
Herrn v. B.-C. nicht zu verdenken, daß er seine eigenen nunmehr ge¬
scheiterten Pläne noch vor dem Publicum auf's Beste herauszustreichen
sucht, aber entweder er fehlt und weiß, in was für Widersprüche er sich
dabei verwickelt, wie viel er vertuscht und bei Seite schiebt, auf wie viel
falsche Voraussetzungen er seine Behauptungen baut, oder er fühlt und
weiß das Alles nicht; im letzteren Falle wollen wir dem alten Manne,
der Zeit seines Lebens Projekte gemacht und sich selbst in dem Netze sei¬
ner eigenen Pläne zu sehr verstrickt hat, um die einzelnen Fäden noch
entwirren zu können, es verzeihen, daß er uns mit Faseleien belästigt,
die, wenn man jene Rücksicht nicht nimmt, ärgerlich und zum Theil em¬
pörend erscheinen müssen; im ersteren Falle ist es kaum zu glauben, auf
welche Beschränktheit oder welches Maß von Autoritätsglauben Herr v,
B.-C. bei seinem Leserkreise gerechnet haben muß, um es wagen zu kön¬
nen, denselben so grob, als er es gethan hat, zu hintergehen. Jedenfalls
unverzeihlich ist aber, daß fast Alles, was Herr von B.-C. über die
Handlungen Anderer, über den Zusammenhang der Vorgänge und über
die objective Lage der Sache beibringt, unerhört entstellt, verschoben und
verfälscht ist: "Ich beklage es/' sagt Herr von B.-C. an einer Stelle,
"daß man von so verschiedenen Seiten her nicht begreifen kann, wie
man ohne Eigennutz sich einer guten Sache widmen könne, noch mehr
beklage ich es, daß man Diejenigen, die mit voller Ueberzeugung eine
Sache vertheidigen, persönlich anfeindet." Daß Herr v. B.-C. mit vol¬
ler Ueberzeugung seine Sache für gut hält, haben wir keinen Grund ihm
zu bestreiten; sie braucht darum noch nicht gut zu sein. Aber wenn sie


Herr Schönemann, der Eigenthümer der Weserzeitung, ist heute
hier angelangt, um Schritte zur Wiederaufnahme der Weserzeitung zu
thun. Beim Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten wußte man
am ersten Tage gar nicht, daß das Blatt mit Interdict belegt ist. Ver¬
boten sind, wie man nachträglich hört, die beiden bremer Blatter nicht, son¬
dern nur der Postdebit ist ihnen untersagt, was bei einem politischen Blatte
allerdings die Lebensfrage ist, zumal für die Weserzeitung, die 2000
Exemplare nach Preußen sandte. Aber auch in Bezug auf das Post¬
debit hört man widersprechende Nachrichten, er>um rheinische Blätter mel¬
deten, daß sie nach wie vor ihre Exemplare beziehen. Es sind d Räth¬
er
0—0 sel gar viele in dieser Angelegenheit!


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Bülow - Cummerow über das Bankwesen.

Die Fluch der Schriften zur preußischen Bankfrage schwillt immer
mehr an. So eben ist wieder von Hrn. Bülow - Cummerow eine neue
Brochüre erschienen: „Das Bankwesen in Preußen mit Bezug aus die
Eabinetsordre vom I j. April 1846/' Der Verfasser gibt darin die Ge¬
schichte seiner bei der preußischen Regierung seit Ende des Jahres 1844
gestellten Antrage und legt anhangsweise die von ihm eingereichten Denk¬
schriften zum ersten Male dem Publicum vollständig vor. Diese Schrift
ist in dem Bankstreit ein gar merkwürdiges Actenstück. Es ist dem
Herrn v. B.-C. nicht zu verdenken, daß er seine eigenen nunmehr ge¬
scheiterten Pläne noch vor dem Publicum auf's Beste herauszustreichen
sucht, aber entweder er fehlt und weiß, in was für Widersprüche er sich
dabei verwickelt, wie viel er vertuscht und bei Seite schiebt, auf wie viel
falsche Voraussetzungen er seine Behauptungen baut, oder er fühlt und
weiß das Alles nicht; im letzteren Falle wollen wir dem alten Manne,
der Zeit seines Lebens Projekte gemacht und sich selbst in dem Netze sei¬
ner eigenen Pläne zu sehr verstrickt hat, um die einzelnen Fäden noch
entwirren zu können, es verzeihen, daß er uns mit Faseleien belästigt,
die, wenn man jene Rücksicht nicht nimmt, ärgerlich und zum Theil em¬
pörend erscheinen müssen; im ersteren Falle ist es kaum zu glauben, auf
welche Beschränktheit oder welches Maß von Autoritätsglauben Herr v,
B.-C. bei seinem Leserkreise gerechnet haben muß, um es wagen zu kön¬
nen, denselben so grob, als er es gethan hat, zu hintergehen. Jedenfalls
unverzeihlich ist aber, daß fast Alles, was Herr von B.-C. über die
Handlungen Anderer, über den Zusammenhang der Vorgänge und über
die objective Lage der Sache beibringt, unerhört entstellt, verschoben und
verfälscht ist: „Ich beklage es/' sagt Herr von B.-C. an einer Stelle,
„daß man von so verschiedenen Seiten her nicht begreifen kann, wie
man ohne Eigennutz sich einer guten Sache widmen könne, noch mehr
beklage ich es, daß man Diejenigen, die mit voller Ueberzeugung eine
Sache vertheidigen, persönlich anfeindet." Daß Herr v. B.-C. mit vol¬
ler Ueberzeugung seine Sache für gut hält, haben wir keinen Grund ihm
zu bestreiten; sie braucht darum noch nicht gut zu sein. Aber wenn sie


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/48>, abgerufen am 24.07.2024.