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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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anzukommen, in wieweit ein handelndes Publicum in der Freiheit sei¬
nes Geschäftsverkehrs beengt werden dürfe, ja wir wollen selbst in den
Gesichtspunkt eingehen, als seien Kaufleute und Geschäftsmänner wie
Kinder und Minorenne zu beHandel", die zu ihrem eigenen Besten der
steten Bevormundung bedürfen. Wir mögen noch um einen Schritt
weiter gehen, und uns um Belege für jene Ansicht umsehen, wie wir
sie denn auch in Preußen finden, wo vor mehreren Jahren ein ähnli¬
ches Verbot hinsichtlich des Verkehrs er spanischen Fonds erging, was
nun aber freilich den Standpunkt des Rechtes in der Sache um
nichts verrückt. Auch kann es allerdings nur als ein Glück für den
Wiener Platz anerkannt werden, das mittelst weiterer Verbote derselbe
von der Epidemie der sich namentlich aus Italien herüber verbreiten¬
den Eisenbahnunteriiehmungen befreit blieb, oder doch wenigstens mit
einem blauen Auge davou kam.

Allein, wenn wir uns auch geneigt finden, zur Beseitigung einer
gefährlich erscheinenden Geldabsorption, die Erschwerung im Verkehre
neu zu introducirender Handelspapiere zulässig zu finden, so würde
sich unsere Connivenz doch nimmer auf diejenigen erstrecken, welche auf
obgedachre Weise bereits eingebürgert erscheinen, und von Capita-
listen und Rentiers in succuin et siMAiünein aufgenommen worden
sind. Somit konnte sich auch nicht die Absicht erreicht finden, ein tie¬
feres Eingehen darin zu verhindern, denn es läßt sich nicht voraus¬
setzen, daß der größere Theil der bereits geleisteten Einzahlungen preis¬
gegeben werden sollte, um des noch zu leistenden geringeren enthoben
zu werden.

So weit uns aber Näheres über die Livorno-Florenz-Eisenbahn¬
unternehmung bekannt ist, findet sich auch zu einer solchen Annahme
durchaus kein Anhaltpunkt) vielmehr wird dieselbe sowohl in Italien
als in Deutschland als eine der solidesten und die größte Rentabilität
in Aussicht stellenden betrachtet. Ja es verlautet sogar, daß ein An¬
erbieten, das Unternehmen für eine Reihe von Jahren mit einem rei¬
nen Jahreserträgnisse von sechs Procent in Pacht zu nehmen, mit ent¬
schiedener Einstimmigkeit abgelehnt worden sei, indem man ein bedeu¬
tend größeres Erträgnis, gewärtigt.

Unter diesen Umständen läßt sich der plötzliche Eintritt jener Per-
horrescirung um so weniger, begreifen, als gedachte Unternehmung
sich von einer Regierung beschützt und begünstigt sieht, welche mit der
österreichischen durch politische und Famtlienbcmde auf das innigste ver-


Vrcnzbvttn. III. 184". HZ

anzukommen, in wieweit ein handelndes Publicum in der Freiheit sei¬
nes Geschäftsverkehrs beengt werden dürfe, ja wir wollen selbst in den
Gesichtspunkt eingehen, als seien Kaufleute und Geschäftsmänner wie
Kinder und Minorenne zu beHandel», die zu ihrem eigenen Besten der
steten Bevormundung bedürfen. Wir mögen noch um einen Schritt
weiter gehen, und uns um Belege für jene Ansicht umsehen, wie wir
sie denn auch in Preußen finden, wo vor mehreren Jahren ein ähnli¬
ches Verbot hinsichtlich des Verkehrs er spanischen Fonds erging, was
nun aber freilich den Standpunkt des Rechtes in der Sache um
nichts verrückt. Auch kann es allerdings nur als ein Glück für den
Wiener Platz anerkannt werden, das mittelst weiterer Verbote derselbe
von der Epidemie der sich namentlich aus Italien herüber verbreiten¬
den Eisenbahnunteriiehmungen befreit blieb, oder doch wenigstens mit
einem blauen Auge davou kam.

Allein, wenn wir uns auch geneigt finden, zur Beseitigung einer
gefährlich erscheinenden Geldabsorption, die Erschwerung im Verkehre
neu zu introducirender Handelspapiere zulässig zu finden, so würde
sich unsere Connivenz doch nimmer auf diejenigen erstrecken, welche auf
obgedachre Weise bereits eingebürgert erscheinen, und von Capita-
listen und Rentiers in succuin et siMAiünein aufgenommen worden
sind. Somit konnte sich auch nicht die Absicht erreicht finden, ein tie¬
feres Eingehen darin zu verhindern, denn es läßt sich nicht voraus¬
setzen, daß der größere Theil der bereits geleisteten Einzahlungen preis¬
gegeben werden sollte, um des noch zu leistenden geringeren enthoben
zu werden.

So weit uns aber Näheres über die Livorno-Florenz-Eisenbahn¬
unternehmung bekannt ist, findet sich auch zu einer solchen Annahme
durchaus kein Anhaltpunkt) vielmehr wird dieselbe sowohl in Italien
als in Deutschland als eine der solidesten und die größte Rentabilität
in Aussicht stellenden betrachtet. Ja es verlautet sogar, daß ein An¬
erbieten, das Unternehmen für eine Reihe von Jahren mit einem rei¬
nen Jahreserträgnisse von sechs Procent in Pacht zu nehmen, mit ent¬
schiedener Einstimmigkeit abgelehnt worden sei, indem man ein bedeu¬
tend größeres Erträgnis, gewärtigt.

Unter diesen Umständen läßt sich der plötzliche Eintritt jener Per-
horrescirung um so weniger, begreifen, als gedachte Unternehmung
sich von einer Regierung beschützt und begünstigt sieht, welche mit der
österreichischen durch politische und Famtlienbcmde auf das innigste ver-


Vrcnzbvttn. III. 184«. HZ
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/391>, abgerufen am 24.07.2024.