Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.Seit dieser Zeit ruhen' ick) mich, Dich zu kennen. Frejend. Bei Gott, wozu die Thränen, dies Entsetzen. Zegota (zu Thomas). Mit Hunger hat man Dich geplagt. -Frejend. Man gab 'nen Fraß, Haltse Dus gesehn, -- 's war ein merkwürb'gar Anblick; Zegora. Wie aßest Du? 'ne Woche aß ich nichts, Tho in a s. Versucht es dann, nun schwanden meine Kräfte; (mit erzwungener Heiterkeit). Frejend Glaubt mir, 's ist draußen in der Welt nur Täuschung; Doch die Gewöhnung, Bruder! Jacob. Darin liegt's. Frejend. Jacob. Hier sitz' ich nun, ich glaube seit acht Monden Frejend. Auch nicht mehr. Herr Thomas ist gewohnt, daß ihm gesunde Wohnung Doch wär' ich lieber in der Erde, hungernd, krank. Thomas. Und litte Schlag' und Schlimm'res -- Untersuchung, Seit dieser Zeit ruhen' ick) mich, Dich zu kennen. Frejend. Bei Gott, wozu die Thränen, dies Entsetzen. Zegota (zu Thomas). Mit Hunger hat man Dich geplagt. -Frejend. Man gab 'nen Fraß, Haltse Dus gesehn, — 's war ein merkwürb'gar Anblick; Zegora. Wie aßest Du? 'ne Woche aß ich nichts, Tho in a s. Versucht es dann, nun schwanden meine Kräfte; (mit erzwungener Heiterkeit). Frejend Glaubt mir, 's ist draußen in der Welt nur Täuschung; Doch die Gewöhnung, Bruder! Jacob. Darin liegt's. Frejend. Jacob. Hier sitz' ich nun, ich glaube seit acht Monden Frejend. Auch nicht mehr. Herr Thomas ist gewohnt, daß ihm gesunde Wohnung Doch wär' ich lieber in der Erde, hungernd, krank. Thomas. Und litte Schlag' und Schlimm'res — Untersuchung, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0254" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/183275"/> <p xml:id="ID_728" prev="#ID_727"> Seit dieser Zeit ruhen' ick) mich, Dich zu kennen.<lb/> Und denk im Tod', Du hast geweint mit Thomas.</p><lb/> <note type="speaker"> Frejend.</note><lb/> <p xml:id="ID_729"> Bei Gott, wozu die Thränen, dies Entsetzen.<lb/> Da Thomas frei war, trug er auf der Stirn<lb/> Mit großen Lettern eingeschrieben „Kerker",<lb/> Jetzt ist er hier zu Haus, in seinem Element.<lb/> Da draußen war's ein krvptogamcr Pilz,<lb/> WelK und vertrocknet an der Sonn'; in's Loch gesetzt,<lb/> Wo wir, die Sonnenblumen, bleichen, sterben,<lb/> Entfaltet er sich, blüht, wird mälig stark,<lb/> Doch braucht Herr Thomas eine Modccur,<lb/> Berühmt jetzt auf der Welt, die Hungercur.</p><lb/> <note type="speaker"> Zegota</note><lb/> <stage> (zu Thomas).</stage><lb/> <p xml:id="ID_730"> Mit Hunger hat man Dich geplagt.</p><lb/> <note type="speaker"> -Frejend.</note><lb/> <p xml:id="ID_731" next="#ID_732"> Man gab 'nen Fraß,<lb/> ''</p><lb/> <p xml:id="ID_732" prev="#ID_731"> Haltse Dus gesehn, — 's war ein merkwürb'gar Anblick;<lb/> Wenn Du das Zimmer nur damit geräuchert.<lb/> Genügt's, um Maus' und Heimchen zu vergiften.</p><lb/> <note type="speaker"> Zegora. </note><lb/> <p xml:id="ID_733"> Wie aßest Du?</p><lb/> <p xml:id="ID_734"> 'ne Woche aß ich nichts,<lb/> '</p><lb/> <note type="speaker"> Tho in a s. </note><lb/> <p xml:id="ID_735"> Versucht es dann, nun schwanden meine Kräfte;<lb/> Dann fühlt' ich Schmerzen, Stiche, wie nach Gift,<lb/> Und fühllos lag ich ein'ge Wochen dann.<lb/> Weiß nicht wie lang, noch was ich litt an Krankheit;<lb/> Es war kein Arzt da, der sie mir genannt.<lb/> Nun scheint's als wär' ich für den Fraß geboren.</p><lb/> <stage> (mit erzwungener Heiterkeit).</stage><lb/> <note type="speaker"> Frejend</note><lb/> <p xml:id="ID_736"> Glaubt mir, 's ist draußen in der Welt nur Täuschung;<lb/> Hier lernt man erst den Sinn von Knab' und Wohnung:<lb/> Gut oder schlecht, 's ist Folge der Gewohnheit.<lb/> Ein Litthauer fragt' einst, ich glaub' den Teufel,<lb/> Warum er säß im Koth? — „Weil ich's gewohnt bin."</p><lb/> <p xml:id="ID_737"> Doch die Gewöhnung, Bruder!</p><lb/> <note type="speaker"> Jacob. </note><lb/> <p xml:id="ID_738"> Darin liegt's.</p><lb/> <note type="speaker"> Frejend.</note><lb/> <note type="speaker"> Jacob.</note><lb/> <p xml:id="ID_739"> Hier sitz' ich nun, ich glaube seit acht Monden<lb/> Und sehne mich nicht minder —</p><lb/> <note type="speaker"> Frejend. </note><lb/> <p xml:id="ID_740" next="#ID_741"> Auch nicht mehr.</p><lb/> <p xml:id="ID_741" prev="#ID_740"> Herr Thomas ist gewohnt, daß ihm gesunde Wohnung<lb/> Die Brust beschwert, und gleich den Kopf verdreht.<lb/> Er athmet nicht mehr, geht nicht aus der Zelle —<lb/> Treibt man ihn fort, macht sich bezahlt sein Kerker:<lb/> Nicht einen Groschen gibt er mehr für Wein,<lb/> Lust schnappt' er, und gleich wird er lustig sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_742" next="#ID_743"> Doch wär' ich lieber in der Erde, hungernd, krank.</p><lb/> <note type="speaker"> Thomas.</note><lb/> <p xml:id="ID_743" prev="#ID_742" next="#ID_744"> Und litte Schlag' und Schlimm'res — Untersuchung,</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0254]
Seit dieser Zeit ruhen' ick) mich, Dich zu kennen.
Und denk im Tod', Du hast geweint mit Thomas.
Frejend.
Bei Gott, wozu die Thränen, dies Entsetzen.
Da Thomas frei war, trug er auf der Stirn
Mit großen Lettern eingeschrieben „Kerker",
Jetzt ist er hier zu Haus, in seinem Element.
Da draußen war's ein krvptogamcr Pilz,
WelK und vertrocknet an der Sonn'; in's Loch gesetzt,
Wo wir, die Sonnenblumen, bleichen, sterben,
Entfaltet er sich, blüht, wird mälig stark,
Doch braucht Herr Thomas eine Modccur,
Berühmt jetzt auf der Welt, die Hungercur.
Zegota
(zu Thomas).
Mit Hunger hat man Dich geplagt.
-Frejend.
Man gab 'nen Fraß,
''
Haltse Dus gesehn, — 's war ein merkwürb'gar Anblick;
Wenn Du das Zimmer nur damit geräuchert.
Genügt's, um Maus' und Heimchen zu vergiften.
Zegora.
Wie aßest Du?
'ne Woche aß ich nichts,
'
Tho in a s.
Versucht es dann, nun schwanden meine Kräfte;
Dann fühlt' ich Schmerzen, Stiche, wie nach Gift,
Und fühllos lag ich ein'ge Wochen dann.
Weiß nicht wie lang, noch was ich litt an Krankheit;
Es war kein Arzt da, der sie mir genannt.
Nun scheint's als wär' ich für den Fraß geboren.
(mit erzwungener Heiterkeit).
Frejend
Glaubt mir, 's ist draußen in der Welt nur Täuschung;
Hier lernt man erst den Sinn von Knab' und Wohnung:
Gut oder schlecht, 's ist Folge der Gewohnheit.
Ein Litthauer fragt' einst, ich glaub' den Teufel,
Warum er säß im Koth? — „Weil ich's gewohnt bin."
Doch die Gewöhnung, Bruder!
Jacob.
Darin liegt's.
Frejend.
Jacob.
Hier sitz' ich nun, ich glaube seit acht Monden
Und sehne mich nicht minder —
Frejend.
Auch nicht mehr.
Herr Thomas ist gewohnt, daß ihm gesunde Wohnung
Die Brust beschwert, und gleich den Kopf verdreht.
Er athmet nicht mehr, geht nicht aus der Zelle —
Treibt man ihn fort, macht sich bezahlt sein Kerker:
Nicht einen Groschen gibt er mehr für Wein,
Lust schnappt' er, und gleich wird er lustig sein.
Doch wär' ich lieber in der Erde, hungernd, krank.
Thomas.
Und litte Schlag' und Schlimm'res — Untersuchung,
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