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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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Schleswig der Zeit hätte mit Dänemark verbunden werden sollen, da
der HuldigungSeid bisher nur dein Könige als Herzog gegolten. Bis
ans den heutigen Tag ist den Veamten Schleswig-Holsteins der Ho-
magialeid auch nicht anders als dem Landesherrn und den "recht-
mäßigen Erbsuecessoren" geleistet worden, während man in den Lauen-
burgschen Beamteneid freilich gehest hat "den Nachfolgern am Däni¬
schen Throne." Was nun die Garantie-Aale betrifft, so hat dieselbe
auch eine'ganz andere Bedeutung, als ihr in dem offnen Briefe ist
untergelegt worden. Als der König-Herzog den Herzogs. Gottorfscheit
Antheil acquirirt hatte, ließ er sich den Besitz desselben von England
und Frankreich garantiren. Sie garantirten ihm denselben aber nicht
als König von Dänemark, sondern als Herzog von Schleswig-Hol¬
stein, der die eine Hälfte Schleswigs immer besessen und nun die an¬
dere dazu erworben halte. Freilich hat der damalige Herzog und
Großfürst auf diesen fraglichen Theil Schleswigs nicht zu Gunsten
des Königs von Dänemark Verzicht geleistet, sondern zu Gunsten deS
bisher in Dänemark und Schleswig-Holstein zugleich herrschenden
MannesstammeS. Er konnte auch ja nicht zu Gunsten des ganzen
königlichen Hauses verzichten, konnte ja nicht die Rechte des jun¬
gem MannesstammeS vom königlichen Hause vergeben, so wenig
als er mit dem Könige von Dänemark das Erbrecht des Lan¬
des verändern konnte. Nun scheint es allerdings höchst wahrschein¬
lich und ist wohl als gewiß anzunehmen, daß die diplomatischen Ver¬
handlungen mit Nußland, Frankreich und England während der bei¬
den letzten Jahre dahin geführt habe", daß Nußland die Erklärung ab¬
gegeben, es sei von dein Stammvater des Kaiserhauses zu Gunsten
des ganzen königl. dänischen Hauses der Cognalen wie der Agnaten
verzichtet worden und Rußland wolle das Seinige dazu thun, daß
Schleswig bei Dänemark bleibe, denn das kleine Dänemark wird auch
durch Schleswig "och "icht mächtig, wohl aber dadurch an einer
scandinavischen Bereinigung vechindert. An einer Schwächung Deutsch¬
lands liegt aber sowohl Rußland als England und Frankreich. Diese
beiden letztern Mächte haben nun gleichfalls wohl erklärt, daß sie die
Garantie-Acte so verständen, als sei dein Könige von Dänemark als
solchem der Besitz Schleswigs garantirt worden, und wollten auch sie
das Ihrige dazu thun, dem Könige von Dänemark de" Besitz Schles¬
wigs zu erhalten; aber sie möchten schon andern Sinnes werden,
wenn sie von deutscher Seite darauf aufmerksam gemacht würden,
daß Inhalt und Bedeutung der Garantie-Acte ganz anders seie" als


Schleswig der Zeit hätte mit Dänemark verbunden werden sollen, da
der HuldigungSeid bisher nur dein Könige als Herzog gegolten. Bis
ans den heutigen Tag ist den Veamten Schleswig-Holsteins der Ho-
magialeid auch nicht anders als dem Landesherrn und den „recht-
mäßigen Erbsuecessoren" geleistet worden, während man in den Lauen-
burgschen Beamteneid freilich gehest hat „den Nachfolgern am Däni¬
schen Throne." Was nun die Garantie-Aale betrifft, so hat dieselbe
auch eine'ganz andere Bedeutung, als ihr in dem offnen Briefe ist
untergelegt worden. Als der König-Herzog den Herzogs. Gottorfscheit
Antheil acquirirt hatte, ließ er sich den Besitz desselben von England
und Frankreich garantiren. Sie garantirten ihm denselben aber nicht
als König von Dänemark, sondern als Herzog von Schleswig-Hol¬
stein, der die eine Hälfte Schleswigs immer besessen und nun die an¬
dere dazu erworben halte. Freilich hat der damalige Herzog und
Großfürst auf diesen fraglichen Theil Schleswigs nicht zu Gunsten
des Königs von Dänemark Verzicht geleistet, sondern zu Gunsten deS
bisher in Dänemark und Schleswig-Holstein zugleich herrschenden
MannesstammeS. Er konnte auch ja nicht zu Gunsten des ganzen
königlichen Hauses verzichten, konnte ja nicht die Rechte des jun¬
gem MannesstammeS vom königlichen Hause vergeben, so wenig
als er mit dem Könige von Dänemark das Erbrecht des Lan¬
des verändern konnte. Nun scheint es allerdings höchst wahrschein¬
lich und ist wohl als gewiß anzunehmen, daß die diplomatischen Ver¬
handlungen mit Nußland, Frankreich und England während der bei¬
den letzten Jahre dahin geführt habe», daß Nußland die Erklärung ab¬
gegeben, es sei von dein Stammvater des Kaiserhauses zu Gunsten
des ganzen königl. dänischen Hauses der Cognalen wie der Agnaten
verzichtet worden und Rußland wolle das Seinige dazu thun, daß
Schleswig bei Dänemark bleibe, denn das kleine Dänemark wird auch
durch Schleswig »och »icht mächtig, wohl aber dadurch an einer
scandinavischen Bereinigung vechindert. An einer Schwächung Deutsch¬
lands liegt aber sowohl Rußland als England und Frankreich. Diese
beiden letztern Mächte haben nun gleichfalls wohl erklärt, daß sie die
Garantie-Acte so verständen, als sei dein Könige von Dänemark als
solchem der Besitz Schleswigs garantirt worden, und wollten auch sie
das Ihrige dazu thun, dem Könige von Dänemark de» Besitz Schles¬
wigs zu erhalten; aber sie möchten schon andern Sinnes werden,
wenn sie von deutscher Seite darauf aufmerksam gemacht würden,
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[0215] Schleswig der Zeit hätte mit Dänemark verbunden werden sollen, da der HuldigungSeid bisher nur dein Könige als Herzog gegolten. Bis ans den heutigen Tag ist den Veamten Schleswig-Holsteins der Ho- magialeid auch nicht anders als dem Landesherrn und den „recht- mäßigen Erbsuecessoren" geleistet worden, während man in den Lauen- burgschen Beamteneid freilich gehest hat „den Nachfolgern am Däni¬ schen Throne." Was nun die Garantie-Aale betrifft, so hat dieselbe auch eine'ganz andere Bedeutung, als ihr in dem offnen Briefe ist untergelegt worden. Als der König-Herzog den Herzogs. Gottorfscheit Antheil acquirirt hatte, ließ er sich den Besitz desselben von England und Frankreich garantiren. Sie garantirten ihm denselben aber nicht als König von Dänemark, sondern als Herzog von Schleswig-Hol¬ stein, der die eine Hälfte Schleswigs immer besessen und nun die an¬ dere dazu erworben halte. Freilich hat der damalige Herzog und Großfürst auf diesen fraglichen Theil Schleswigs nicht zu Gunsten des Königs von Dänemark Verzicht geleistet, sondern zu Gunsten deS bisher in Dänemark und Schleswig-Holstein zugleich herrschenden MannesstammeS. Er konnte auch ja nicht zu Gunsten des ganzen königlichen Hauses verzichten, konnte ja nicht die Rechte des jun¬ gem MannesstammeS vom königlichen Hause vergeben, so wenig als er mit dem Könige von Dänemark das Erbrecht des Lan¬ des verändern konnte. Nun scheint es allerdings höchst wahrschein¬ lich und ist wohl als gewiß anzunehmen, daß die diplomatischen Ver¬ handlungen mit Nußland, Frankreich und England während der bei¬ den letzten Jahre dahin geführt habe», daß Nußland die Erklärung ab¬ gegeben, es sei von dein Stammvater des Kaiserhauses zu Gunsten des ganzen königl. dänischen Hauses der Cognalen wie der Agnaten verzichtet worden und Rußland wolle das Seinige dazu thun, daß Schleswig bei Dänemark bleibe, denn das kleine Dänemark wird auch durch Schleswig »och »icht mächtig, wohl aber dadurch an einer scandinavischen Bereinigung vechindert. An einer Schwächung Deutsch¬ lands liegt aber sowohl Rußland als England und Frankreich. Diese beiden letztern Mächte haben nun gleichfalls wohl erklärt, daß sie die Garantie-Acte so verständen, als sei dein Könige von Dänemark als solchem der Besitz Schleswigs garantirt worden, und wollten auch sie das Ihrige dazu thun, dem Könige von Dänemark de» Besitz Schles¬ wigs zu erhalten; aber sie möchten schon andern Sinnes werden, wenn sie von deutscher Seite darauf aufmerksam gemacht würden, daß Inhalt und Bedeutung der Garantie-Acte ganz anders seie» als

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/215>, abgerufen am 24.07.2024.