Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.solle, verschollen. Wir hatten Gelegenheit, einen prächtigen, königlich solle, verschollen. Wir hatten Gelegenheit, einen prächtigen, königlich <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0018" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/183039"/> <p xml:id="ID_18" prev="#ID_17" next="#ID_19"> solle, verschollen. Wir hatten Gelegenheit, einen prächtigen, königlich<lb/> gebauten und darein blickenden jungen Fischer auf eine vorlaute Frage,<lb/> ob denn ihr Pfarrer noch für den Strand bitte, folgende Antwort er¬<lb/> theilen zu hören: „Wir würden keinen Pfarrer haben mögen, der ein<lb/> Gebet hielte, welches anderer Menschen Unglück Herbeiries' Die Nord¬<lb/> see soll Gott segnen, daß wir mit reichem Fischfange aus ihr zurück¬<lb/> kehren und dafür bittet auch unser Pfarrer." Der einzige Lebensgenuß<lb/> dieser sonneverbrannten, gefahrerprobten, heldenhaft kühnen Männer<lb/> (denn ihre Pflichten bestimmt festgesetzte Reihenfolge, ja das Loos, und<lb/> da ist eS Standeögeist, so Vielen gegenüber, auch vor den» Aeußersten<lb/> niemals zu zittern), ist ein glückliches Familienleben; und die helgo¬<lb/> lander Frauenwelt verdient ihren poetisch verbreiteten Ruf, so' schön<lb/> als brav zu sein. Die Cultur freilich, „die alle Welt beleckt," hat<lb/> einen Theil ihres Bodensatzes, der bekanntlich auch bei dem besten Weine<lb/> nie Wein, sondern Koch ist, selbst diesem fernen Jnselchen anzuspritzen<lb/> nicht versäumt; die zur Zeit der Continentalsperre mit halsbrecherischer<lb/> Verwegenheit hier betriebene ausgedehnte Schmuggelei (trank doch<lb/> Napoleon selber eingcschwärzten Kaffee!), die jetzt in die Mode gekom¬<lb/> mene Heilkraft der helgolandischen Seebäder, haben das Ihre gethan,<lb/> einen Theil des Duftes, der auf dem Unschuldleben einer so verbor¬<lb/> genen Menschheit wie der Morgenthau auf einem rothbäckigen Pfirsich<lb/> liegt, in aller Stille abzustreifen: allein tief eingedrungen kann man<lb/> tue Verführung noch lange nicht nennen; sie beschränkt sich auf eine<lb/> im Grunde harmlose Koketterie im Aeußeren, und hoffentlich hält kerr- -<lb/> fest ursprünglicher Sinn und der vol theilhafte Umstand, daß hier die<lb/> Badesaison jeder Zeit nur kurz dauern kann, indem man keineswegs<lb/> zu jeder Jahreszeit der Insel zu nahen vermag, ja den größern Theil<lb/> des Jahres durch dieselbe von den Elementen hermetisch verschlossen<lb/> gehalten wird, „der Qualm der Städte" diesem eigenthümlichen Völk¬<lb/> chen auf immer fern. Was nämlich besagte Koketterie betrifft, so<lb/> haben die hübschen und besonders die jugendlichen Helgolanderinnen<lb/> theilweise ihre ureinheimische Landestracht, welche aus einem schwarz¬<lb/> wollenen Leibchen, einer dergleichen Schürze, einer ebenfalls schwarzen,<lb/> sehr zweckmäßig und malerisch kleidenden Wetterhaube, welche nach<lb/> vorn das Gesicht kleidsam einfaßt, den Nacken aber mit einem her¬<lb/> abfallenden breiten Tuche deckt und endlich einem lichtrothen, mit grü¬<lb/> nem Saume besetzten Tuchrocke, eine Abänderung dahin gegeben, daß<lb/> sie nach vorn im eleganten Modecostüme der seiner» Damenwelt, ja<lb/> selbst mit zierlichen Stroh- oder Putzmacherhüten erscheinen, dagegen,</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0018]
solle, verschollen. Wir hatten Gelegenheit, einen prächtigen, königlich
gebauten und darein blickenden jungen Fischer auf eine vorlaute Frage,
ob denn ihr Pfarrer noch für den Strand bitte, folgende Antwort er¬
theilen zu hören: „Wir würden keinen Pfarrer haben mögen, der ein
Gebet hielte, welches anderer Menschen Unglück Herbeiries' Die Nord¬
see soll Gott segnen, daß wir mit reichem Fischfange aus ihr zurück¬
kehren und dafür bittet auch unser Pfarrer." Der einzige Lebensgenuß
dieser sonneverbrannten, gefahrerprobten, heldenhaft kühnen Männer
(denn ihre Pflichten bestimmt festgesetzte Reihenfolge, ja das Loos, und
da ist eS Standeögeist, so Vielen gegenüber, auch vor den» Aeußersten
niemals zu zittern), ist ein glückliches Familienleben; und die helgo¬
lander Frauenwelt verdient ihren poetisch verbreiteten Ruf, so' schön
als brav zu sein. Die Cultur freilich, „die alle Welt beleckt," hat
einen Theil ihres Bodensatzes, der bekanntlich auch bei dem besten Weine
nie Wein, sondern Koch ist, selbst diesem fernen Jnselchen anzuspritzen
nicht versäumt; die zur Zeit der Continentalsperre mit halsbrecherischer
Verwegenheit hier betriebene ausgedehnte Schmuggelei (trank doch
Napoleon selber eingcschwärzten Kaffee!), die jetzt in die Mode gekom¬
mene Heilkraft der helgolandischen Seebäder, haben das Ihre gethan,
einen Theil des Duftes, der auf dem Unschuldleben einer so verbor¬
genen Menschheit wie der Morgenthau auf einem rothbäckigen Pfirsich
liegt, in aller Stille abzustreifen: allein tief eingedrungen kann man
tue Verführung noch lange nicht nennen; sie beschränkt sich auf eine
im Grunde harmlose Koketterie im Aeußeren, und hoffentlich hält kerr- -
fest ursprünglicher Sinn und der vol theilhafte Umstand, daß hier die
Badesaison jeder Zeit nur kurz dauern kann, indem man keineswegs
zu jeder Jahreszeit der Insel zu nahen vermag, ja den größern Theil
des Jahres durch dieselbe von den Elementen hermetisch verschlossen
gehalten wird, „der Qualm der Städte" diesem eigenthümlichen Völk¬
chen auf immer fern. Was nämlich besagte Koketterie betrifft, so
haben die hübschen und besonders die jugendlichen Helgolanderinnen
theilweise ihre ureinheimische Landestracht, welche aus einem schwarz¬
wollenen Leibchen, einer dergleichen Schürze, einer ebenfalls schwarzen,
sehr zweckmäßig und malerisch kleidenden Wetterhaube, welche nach
vorn das Gesicht kleidsam einfaßt, den Nacken aber mit einem her¬
abfallenden breiten Tuche deckt und endlich einem lichtrothen, mit grü¬
nem Saume besetzten Tuchrocke, eine Abänderung dahin gegeben, daß
sie nach vorn im eleganten Modecostüme der seiner» Damenwelt, ja
selbst mit zierlichen Stroh- oder Putzmacherhüten erscheinen, dagegen,
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