Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.denen Tönen des Instruments. Ich hielt mich mäuschenstille, und denen Tönen des Instruments. Ich hielt mich mäuschenstille, und <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0156" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/183177"/> <p xml:id="ID_422" prev="#ID_421" next="#ID_423"> denen Tönen des Instruments. Ich hielt mich mäuschenstille, und<lb/> wagte kaum zu athmen, denn ich wäre ja beschämt gewesen, hätte<lb/> man mich auf dem spioniren ertappt. Da flatterte plötzlich an der<lb/> Felswand ein Strauß nieder und fiel zu meinem Entsetzen kaum ein<lb/> Paar Schritte vor mir in'S Wasser, ja die Wellen, welche das heran¬<lb/> nahende Boot verursachte, trieben die schwimmenden Blumen noch nä¬<lb/> her. Schon gefaßt, entdeckt zu werden, entging ich nur mit Noth<lb/> manchen Unannehmlichkeiten, denn der HornvirtuoS hatte mit einem<lb/> geschickten Ruderschlag den schwimmenden Strauß an sich gebracht,<lb/> und nachdem er seinen Hut damit geschmückt, fuhr er eilig wieder zu¬<lb/> rück. Nach einer Weile suchte auch ich die Breite des Sees zu er¬<lb/> reichen, und bestrebte mich so viel als möglich, dem nächtlichen Aben¬<lb/> teurer nahe zu kommen. Als wir nun Beide ziemlich gleichzeitig das<lb/> südliche Ende des Sees erreichten, trieb ich mein Boot rasch an'S<lb/> Land und eilte dem romantischen Schiffsmanne nach, der einen bu¬<lb/> schigen Fußweg hinaufstieg: sein Horn glänzte im Mondenschein und<lb/> der Rosenstrauch beschattete den breitkrämpigen Hut: mir war, als<lb/> rege sich so etwas, wie Neid, in mir. Was mir jedoch an ihm mi߬<lb/> fiel, war, daß er sich ein Liedchen pfiff, wenigstens begriff ich nicht,<lb/> wo er den Athem dazu hernahm, denn er kam ja vom Liebchen, sie<lb/> hatte den Klängen seines Hornes gelauscht, und er trug ihre Blumen<lb/> am Hute! Auch siel mir sein schwerer, plumper Tritt auf; doch<lb/> konnte Beides ihn nicht in meiner Meinung herabsetzen, denn ein<lb/> Mann, der so zart zu lieben versteht, und dieser Liebe so viel Poeti¬<lb/> sches abzugewinnen weiß, der darf mit Recht auf einen Platz in mei¬<lb/> nem Herzen Anspruch machen! Als wir beiden Nachtwandler jetzt<lb/> einen Hügel erstiegen hatten, lag rechts ein einsam stehendes Bauern-<lb/> Haus und ein Kettenhund verkündete sogleich unser Herannahen. Des¬<lb/> sen ungeachtet sprang jener räthselhafte Abenteurer über den niedrigen<lb/> Gartenzaun und war sogleich für mich verschwunden. Das Hunde¬<lb/> gebell dauerte indessen fort, nur vernahm ich bisweilen eine tiefe, männ¬<lb/> liche Stimme, die bald drohend, bald schmeichelnd das unruhige Thier<lb/> zu beschwichtigen suchte. Als ich lange gewartet, ob mein romanti¬<lb/> scher Seeheld wieder herauskommen würde, mußte ich endlich auf den<lb/> Schluß verfallen, er bewohne jenes bescheidene Häuschen. Daher be¬<lb/> gab ich mich auch gleich, nachdem ich mir die Lage der einsamen Hütte<lb/> genau gemerkt hatte, wieder nach meinem Kahne zurück. Der See war<lb/> ganz still, ein klarer Wasserspiegel und drinnen das Bild der sanft<lb/> strahlenden Mondennacht, droben aber in Eichen flimmerte ein</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0156]
denen Tönen des Instruments. Ich hielt mich mäuschenstille, und
wagte kaum zu athmen, denn ich wäre ja beschämt gewesen, hätte
man mich auf dem spioniren ertappt. Da flatterte plötzlich an der
Felswand ein Strauß nieder und fiel zu meinem Entsetzen kaum ein
Paar Schritte vor mir in'S Wasser, ja die Wellen, welche das heran¬
nahende Boot verursachte, trieben die schwimmenden Blumen noch nä¬
her. Schon gefaßt, entdeckt zu werden, entging ich nur mit Noth
manchen Unannehmlichkeiten, denn der HornvirtuoS hatte mit einem
geschickten Ruderschlag den schwimmenden Strauß an sich gebracht,
und nachdem er seinen Hut damit geschmückt, fuhr er eilig wieder zu¬
rück. Nach einer Weile suchte auch ich die Breite des Sees zu er¬
reichen, und bestrebte mich so viel als möglich, dem nächtlichen Aben¬
teurer nahe zu kommen. Als wir nun Beide ziemlich gleichzeitig das
südliche Ende des Sees erreichten, trieb ich mein Boot rasch an'S
Land und eilte dem romantischen Schiffsmanne nach, der einen bu¬
schigen Fußweg hinaufstieg: sein Horn glänzte im Mondenschein und
der Rosenstrauch beschattete den breitkrämpigen Hut: mir war, als
rege sich so etwas, wie Neid, in mir. Was mir jedoch an ihm mi߬
fiel, war, daß er sich ein Liedchen pfiff, wenigstens begriff ich nicht,
wo er den Athem dazu hernahm, denn er kam ja vom Liebchen, sie
hatte den Klängen seines Hornes gelauscht, und er trug ihre Blumen
am Hute! Auch siel mir sein schwerer, plumper Tritt auf; doch
konnte Beides ihn nicht in meiner Meinung herabsetzen, denn ein
Mann, der so zart zu lieben versteht, und dieser Liebe so viel Poeti¬
sches abzugewinnen weiß, der darf mit Recht auf einen Platz in mei¬
nem Herzen Anspruch machen! Als wir beiden Nachtwandler jetzt
einen Hügel erstiegen hatten, lag rechts ein einsam stehendes Bauern-
Haus und ein Kettenhund verkündete sogleich unser Herannahen. Des¬
sen ungeachtet sprang jener räthselhafte Abenteurer über den niedrigen
Gartenzaun und war sogleich für mich verschwunden. Das Hunde¬
gebell dauerte indessen fort, nur vernahm ich bisweilen eine tiefe, männ¬
liche Stimme, die bald drohend, bald schmeichelnd das unruhige Thier
zu beschwichtigen suchte. Als ich lange gewartet, ob mein romanti¬
scher Seeheld wieder herauskommen würde, mußte ich endlich auf den
Schluß verfallen, er bewohne jenes bescheidene Häuschen. Daher be¬
gab ich mich auch gleich, nachdem ich mir die Lage der einsamen Hütte
genau gemerkt hatte, wieder nach meinem Kahne zurück. Der See war
ganz still, ein klarer Wasserspiegel und drinnen das Bild der sanft
strahlenden Mondennacht, droben aber in Eichen flimmerte ein
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