Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.so mehr als Tyrol durch die Unfruchtbarkeit seines Bodens und seine Dem Tyrolerlande kann indeß nur durch zwei Dinge geholfen II
so mehr als Tyrol durch die Unfruchtbarkeit seines Bodens und seine Dem Tyrolerlande kann indeß nur durch zwei Dinge geholfen II
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0091" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181901"/> <p xml:id="ID_163" prev="#ID_162"> so mehr als Tyrol durch die Unfruchtbarkeit seines Bodens und seine<lb/> geographische Lage zwischen Italien und Deutschland von der Natur<lb/> auf den Handel, auf den Transitverkehr angewiesen ist. Die Berei¬<lb/> sung des Landes im Jahre 1842 durch den Erzherzog Stephan hat<lb/> in dieser Beziehung manches Gute angeregt, und namentlich legte<lb/> der Erzherzog am 3l). August des genannten Jahres den Grundstein<lb/> zu der Brücke über die schauerliche Schlucht des Nutzbaches am<lb/> Fuße des Schönbergcs, über welchen die neue Straße nach Malerei<lb/> gegen den Brenner zu geführt wird. Die hohe Bedeutung des Un¬<lb/> ternehmens geht schon aus dem Umstände hervor, daß dieser Stra¬<lb/> ßenzug die Verkehrsader des ganzen Landes ist, und der gesammte<lb/> Transit über den Brenner geht; auch muß bedacht werden, wie nur<lb/> durch die vollendetste Straßentechnik der geregelte Gang der indischen<lb/> Post von Trieft über Tyrol und den Rhein, welchen der englische Schiffs-<lb/> licutnant Waghorn unlängst mit Glück versucht hat, für die Zukunft<lb/> bei jeder Jahreszeit möglich gemacht werden kann. Wahrend nun<lb/> in den zwei Jahren 1843 und 1844 durch eine feste Herstellung von<lb/> kolossalen Widerlager gesorgt wurde, fand am 18. December d. I.<lb/> die solenne Schließung des die Brücke bildenden Bogens Statt, wel¬<lb/> cher eine Spannweite von 138H Fuß hat und kaum seines Gleichen<lb/> in ganz Deutschland haben dürfte. In Oesterreich mindestens wird<lb/> dieser Brückenbogen blos von dem bei dem Castell Vecchio in Verona<lb/> Übertrossen , welcher eine Spannweite von 143 Fuß hat. Zur Her¬<lb/> stellung der Nutzbacher Brücke wurden innerhalb der drei Baujahre<lb/> 80577 Kubikschuh Quadern verwendet, wovon manches Werkstück<lb/> von 7V Kubikschuh Stärke; sie bestehen aus Nagelfluhe und wurden<lb/> bei Jnnsbruk in der Nähe von Muskau gebrochen. Das Bauwerk<lb/> verdient die Aufmerksamkeit jedes verständigen Reisenden.</p><lb/> <p xml:id="ID_164"> Dem Tyrolerlande kann indeß nur durch zwei Dinge geholfen<lb/> werden, nemlich durch die Regulirung des Elschbettcs, dessen Fluten<lb/> die gräßlichsten Verwüstungen anrichten, und durch die Führung<lb/> einer Eisenstraße von Verona nach Bregen;. Beide Unternehmungen<lb/> sind ganz leicht auszuführen, wie Pafetti und Negrelli unwiderlegbar<lb/> bewiesen, und erfordern weiter Nichts als Geld. Bei der Wichtig¬<lb/> keit der Sache sollte es aber an den dazu nöthigen Summen nicht<lb/> mangeln, und kann der Staat auch nicht Alles, so vermag er doch<lb/> sehr viel, wenn es sich um den Wohlstand und die ganze Zukunft<lb/> einer treuen Provinz handelt. Ist die Verbindung Italiens durch<lb/> die Schweiz mit dem Bodensee einmal fertig, und nach Ncgrellis<lb/> Meinung der eben die Trave in Zürich aussteckte, ist diese Zeit nicht<lb/> mehr fern, so verliert Tyrol auf immer seinen wichtigen Transithan¬<lb/> del und muß ganzlich verarmen. Es ist eine Lebensfrage für das<lb/> Land Tyrol!*</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> II</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0091]
so mehr als Tyrol durch die Unfruchtbarkeit seines Bodens und seine
geographische Lage zwischen Italien und Deutschland von der Natur
auf den Handel, auf den Transitverkehr angewiesen ist. Die Berei¬
sung des Landes im Jahre 1842 durch den Erzherzog Stephan hat
in dieser Beziehung manches Gute angeregt, und namentlich legte
der Erzherzog am 3l). August des genannten Jahres den Grundstein
zu der Brücke über die schauerliche Schlucht des Nutzbaches am
Fuße des Schönbergcs, über welchen die neue Straße nach Malerei
gegen den Brenner zu geführt wird. Die hohe Bedeutung des Un¬
ternehmens geht schon aus dem Umstände hervor, daß dieser Stra¬
ßenzug die Verkehrsader des ganzen Landes ist, und der gesammte
Transit über den Brenner geht; auch muß bedacht werden, wie nur
durch die vollendetste Straßentechnik der geregelte Gang der indischen
Post von Trieft über Tyrol und den Rhein, welchen der englische Schiffs-
licutnant Waghorn unlängst mit Glück versucht hat, für die Zukunft
bei jeder Jahreszeit möglich gemacht werden kann. Wahrend nun
in den zwei Jahren 1843 und 1844 durch eine feste Herstellung von
kolossalen Widerlager gesorgt wurde, fand am 18. December d. I.
die solenne Schließung des die Brücke bildenden Bogens Statt, wel¬
cher eine Spannweite von 138H Fuß hat und kaum seines Gleichen
in ganz Deutschland haben dürfte. In Oesterreich mindestens wird
dieser Brückenbogen blos von dem bei dem Castell Vecchio in Verona
Übertrossen , welcher eine Spannweite von 143 Fuß hat. Zur Her¬
stellung der Nutzbacher Brücke wurden innerhalb der drei Baujahre
80577 Kubikschuh Quadern verwendet, wovon manches Werkstück
von 7V Kubikschuh Stärke; sie bestehen aus Nagelfluhe und wurden
bei Jnnsbruk in der Nähe von Muskau gebrochen. Das Bauwerk
verdient die Aufmerksamkeit jedes verständigen Reisenden.
Dem Tyrolerlande kann indeß nur durch zwei Dinge geholfen
werden, nemlich durch die Regulirung des Elschbettcs, dessen Fluten
die gräßlichsten Verwüstungen anrichten, und durch die Führung
einer Eisenstraße von Verona nach Bregen;. Beide Unternehmungen
sind ganz leicht auszuführen, wie Pafetti und Negrelli unwiderlegbar
bewiesen, und erfordern weiter Nichts als Geld. Bei der Wichtig¬
keit der Sache sollte es aber an den dazu nöthigen Summen nicht
mangeln, und kann der Staat auch nicht Alles, so vermag er doch
sehr viel, wenn es sich um den Wohlstand und die ganze Zukunft
einer treuen Provinz handelt. Ist die Verbindung Italiens durch
die Schweiz mit dem Bodensee einmal fertig, und nach Ncgrellis
Meinung der eben die Trave in Zürich aussteckte, ist diese Zeit nicht
mehr fern, so verliert Tyrol auf immer seinen wichtigen Transithan¬
del und muß ganzlich verarmen. Es ist eine Lebensfrage für das
Land Tyrol!*
II
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