Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.zöstschen Kammer über die Ereignisse in Galicien haben Oesterreich in Der Dichter Castelli hat bekanntlich in der letzten Zeit die Grün¬ ') Auch die prcusiische A'llgnmine enthielt diese Berichtigung. 75 *
zöstschen Kammer über die Ereignisse in Galicien haben Oesterreich in Der Dichter Castelli hat bekanntlich in der letzten Zeit die Grün¬ ') Auch die prcusiische A'llgnmine enthielt diese Berichtigung. 75 *
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0599" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/182409"/> <p xml:id="ID_1419" prev="#ID_1418"> zöstschen Kammer über die Ereignisse in Galicien haben Oesterreich in<lb/> der öffentlichen Meinung Europas eine viel tiefere Wunde geschlagen,<lb/> als alle nachträglichen Berichtigungen je heilen können; und im<lb/> Grunde wer verbürgt die Berichtigung? — Die preuß. Staatszeitung<lb/> das officielle Organ Preußens, hat zuerst die Nachricht gegeben, daß<lb/> ein Preis auf den Kopf eines jeden aufrührerischen Evelmanns gesetzt<lb/> ward. Nun kömmt die Augsburgerin und behauptet, die Nachricht<lb/> sei falsch!") Hier steht also ein Journal dem andern gegenüber;<lb/> warum soll man dem einen mehr moralische Gewalt zutrauen als dem<lb/> andern? Wir hier in Oestreich wissen, daß die Berichtigung der Augs¬<lb/> burger Allgemeinen Zeitung officiell ist, aber was versteht man in<lb/> Frankreich, in England von den Verhältnissen deutscher Journalistik?<lb/> Und dann — gesetzt, die Berichtigung bedürfe wieder einer Berichti¬<lb/> gung und es zeigte sich, daß an der falschen Nachricht doch etwas<lb/> Wahres gewesen, dann ist es eben nur eine Journalerklarung, die<lb/> Lügen gestraft wird, nicht die Erklärung einer Regierung; und weil<lb/> es eben nur eine Journalerklärung ist, kann sich jedes andere Blatt<lb/> das Vergnügen machen, ihr zu widersprechen. In Frankreich würde<lb/> eine solche Berichtigung der Moniteur bringen; da wir aber keinen<lb/> Moniteur haben, so hatte die Regierung durch einen ihrer höheren<lb/> Beamten die Widerlegung unterzeichnen lassen sollen; denn wahrlich<lb/> es stand dafür; um fo mehr als der Gouverneur von Galicien<lb/> seiner Seits einen Preis von IWl) Gulden auf die Habhaftwerdung<lb/> der zwei polnischen Hauptemissäre gesetzt hat, wodurch das Gerücht<lb/> von jener ersten Preisaussetzung weniger unwahrscheinlich erscheint.<lb/> Unsere hiesige Journalistik muß natürlich bei all diesen Ereignissen<lb/> das Maul halten, sie darf nichts beleuchten, sie darf nichts erklären;<lb/> sie darf nichts bezweifeln, sie darf nichts widerlegen; das Schweigen<lb/> ist der Gott der Glücklichen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1420" next="#ID_1421"> Der Dichter Castelli hat bekanntlich in der letzten Zeit die Grün¬<lb/> dung eines Vereines gegen Thierquälerei in Anregung gebracht und<lb/> soll damit einem hohen Orts ausgesprochenen Wunsche entgegenge¬<lb/> kommen sein. Wie unpraktisch indeß diese Sache von vornherein<lb/> angefaßt wurde, geht aus dem Ausruf hervor, den er unlängst in<lb/> den hiesigen Blättern erließ und worin zur Vorbereitung des Vereins<lb/> und zur Ausarbeitung der Statuten ein Comite in Antrag gebracht<lb/> wird, das aus einem Geistlichen, einem hohen Adeligen, einem<lb/> Staatsmann, einem Thierarzt und einem Juristen bestehen soll. Man<lb/> darf den guten Willen und die ehrliche Behutsamkeit, die nirgends<lb/> verstoßen und so vielseitig als möglich sein will, nicht verkennen, al¬<lb/> lein ist dies ein Comite zur Berathung von Statuten eines Vereins<lb/> gegen Thierquälerei? Was' soll der hohe Adelige für ein Element</p><lb/> <note xml:id="FID_34" place="foot"> ') Auch die prcusiische A'llgnmine enthielt diese Berichtigung.</note><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 75 *</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0599]
zöstschen Kammer über die Ereignisse in Galicien haben Oesterreich in
der öffentlichen Meinung Europas eine viel tiefere Wunde geschlagen,
als alle nachträglichen Berichtigungen je heilen können; und im
Grunde wer verbürgt die Berichtigung? — Die preuß. Staatszeitung
das officielle Organ Preußens, hat zuerst die Nachricht gegeben, daß
ein Preis auf den Kopf eines jeden aufrührerischen Evelmanns gesetzt
ward. Nun kömmt die Augsburgerin und behauptet, die Nachricht
sei falsch!") Hier steht also ein Journal dem andern gegenüber;
warum soll man dem einen mehr moralische Gewalt zutrauen als dem
andern? Wir hier in Oestreich wissen, daß die Berichtigung der Augs¬
burger Allgemeinen Zeitung officiell ist, aber was versteht man in
Frankreich, in England von den Verhältnissen deutscher Journalistik?
Und dann — gesetzt, die Berichtigung bedürfe wieder einer Berichti¬
gung und es zeigte sich, daß an der falschen Nachricht doch etwas
Wahres gewesen, dann ist es eben nur eine Journalerklarung, die
Lügen gestraft wird, nicht die Erklärung einer Regierung; und weil
es eben nur eine Journalerklärung ist, kann sich jedes andere Blatt
das Vergnügen machen, ihr zu widersprechen. In Frankreich würde
eine solche Berichtigung der Moniteur bringen; da wir aber keinen
Moniteur haben, so hatte die Regierung durch einen ihrer höheren
Beamten die Widerlegung unterzeichnen lassen sollen; denn wahrlich
es stand dafür; um fo mehr als der Gouverneur von Galicien
seiner Seits einen Preis von IWl) Gulden auf die Habhaftwerdung
der zwei polnischen Hauptemissäre gesetzt hat, wodurch das Gerücht
von jener ersten Preisaussetzung weniger unwahrscheinlich erscheint.
Unsere hiesige Journalistik muß natürlich bei all diesen Ereignissen
das Maul halten, sie darf nichts beleuchten, sie darf nichts erklären;
sie darf nichts bezweifeln, sie darf nichts widerlegen; das Schweigen
ist der Gott der Glücklichen.
Der Dichter Castelli hat bekanntlich in der letzten Zeit die Grün¬
dung eines Vereines gegen Thierquälerei in Anregung gebracht und
soll damit einem hohen Orts ausgesprochenen Wunsche entgegenge¬
kommen sein. Wie unpraktisch indeß diese Sache von vornherein
angefaßt wurde, geht aus dem Ausruf hervor, den er unlängst in
den hiesigen Blättern erließ und worin zur Vorbereitung des Vereins
und zur Ausarbeitung der Statuten ein Comite in Antrag gebracht
wird, das aus einem Geistlichen, einem hohen Adeligen, einem
Staatsmann, einem Thierarzt und einem Juristen bestehen soll. Man
darf den guten Willen und die ehrliche Behutsamkeit, die nirgends
verstoßen und so vielseitig als möglich sein will, nicht verkennen, al¬
lein ist dies ein Comite zur Berathung von Statuten eines Vereins
gegen Thierquälerei? Was' soll der hohe Adelige für ein Element
') Auch die prcusiische A'llgnmine enthielt diese Berichtigung.
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