Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.unterstehen können, mit einem solchen Passe eine so weite Reise, Hier endet die Geschichte und mein Epos, in welchem ich einen unterstehen können, mit einem solchen Passe eine so weite Reise, Hier endet die Geschichte und mein Epos, in welchem ich einen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0410" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/182220"/> <p xml:id="ID_927" prev="#ID_926"> unterstehen können, mit einem solchen Passe eine so weite Reise,<lb/> eine Reise ins Ausland zu machen?! — Insofern ich keinen andern<lb/> hatte, ist das leicht erklärlich, antwortete ich. — Und wenn ich recht<lb/> schließe, so waren Sie sogar in der Schweiz! — Herr Commissär, ich<lb/> muß Ihnen das Compliment machen, daß Sie ganz logisch und<lb/> sehr geographisch schließen. — Aber wie ist das möglich, daß selbst<lb/> k. k. Behörden einen solchen Paß visirten, rief er ganz versenkt<lb/> in Verwunderung und den Paß anstarrend. — Glauben Sie nicht<lb/> an Wunder, Herr Commissär? —Nun aber hatte der Dialog ein Ende<lb/> denn er nahm allein das Wort und ließ einen Strom von Vorwürfen,<lb/> Verweisen und Grobheiten auf mich niederregnen, bis ich ihn end¬<lb/> lich unterbrach: Wozu der Lärm? Sie und das Vaterland haben<lb/> mich wieder, und Sie können sich beide beruhigen. — Lassen Sie sich<lb/> eine solche Reise nicht zum zweiten Male einfallen, antwortete er<lb/> mir, es könnte ein zweites Mal traurigere Folgen für Sie Haben-<lb/> Geld- oder andere Strafen. — Indessen war ich, wie gesagt, dem<lb/> Naterlande wiedergegeben, und man ließ mich ziehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_928"> Hier endet die Geschichte und mein Epos, in welchem ich einen<lb/> Beitrag zur praktischen Polizei liefern wollte, zugleich den Beweis,<lb/> wie unumstöslich nothwendig es sei, tausend ehrliche Menschen eines<lb/> einzigen Spitzbuben wegen, tausend loyale eines einzigen Verschwö¬<lb/> rers wegen zu belästigen. Ich aber kann meine Leser und die Po¬<lb/> lizei versichern, doch nein, diese nicht, denn die weiß es gewiß besser<lb/> als ich, also, ich kann meine Leser versichern, daß ich weder auf<lb/> jener ganzen Reise einen einzigen silbernen Löffel eingesteckt, noch<lb/> seitdem gestohlen, gemordet, betrogen, Feuer angelegt oder Conspi-<lb/> rationen gemacht habe. Im Gegentheile kann ich mich rühmen,<lb/> ein ebenso ehrlicher, vortrefflicher Mensch, als ruhiger Bürger und<lb/> Unterthan zu sein. Aber du hast belogen und betrogen, höre ich<lb/> mir von einem moralischen Leser erwiedern. ^Darauf entgegen rede<lb/> ich: Das hat mein großer Ahnherr Odysseus auf seiner Ferienreise<lb/> auch gethan, und war damals längst kein Student mehr, und end¬<lb/> lich, warum hat es eine löbliche Polizei dahin gebracht, daß man<lb/> sich ordentlich ein Vergnügen daraus macht, ihr eine kleine Nase<lb/><note type="byline"> G—g—</note> zu drehen? </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0410]
unterstehen können, mit einem solchen Passe eine so weite Reise,
eine Reise ins Ausland zu machen?! — Insofern ich keinen andern
hatte, ist das leicht erklärlich, antwortete ich. — Und wenn ich recht
schließe, so waren Sie sogar in der Schweiz! — Herr Commissär, ich
muß Ihnen das Compliment machen, daß Sie ganz logisch und
sehr geographisch schließen. — Aber wie ist das möglich, daß selbst
k. k. Behörden einen solchen Paß visirten, rief er ganz versenkt
in Verwunderung und den Paß anstarrend. — Glauben Sie nicht
an Wunder, Herr Commissär? —Nun aber hatte der Dialog ein Ende
denn er nahm allein das Wort und ließ einen Strom von Vorwürfen,
Verweisen und Grobheiten auf mich niederregnen, bis ich ihn end¬
lich unterbrach: Wozu der Lärm? Sie und das Vaterland haben
mich wieder, und Sie können sich beide beruhigen. — Lassen Sie sich
eine solche Reise nicht zum zweiten Male einfallen, antwortete er
mir, es könnte ein zweites Mal traurigere Folgen für Sie Haben-
Geld- oder andere Strafen. — Indessen war ich, wie gesagt, dem
Naterlande wiedergegeben, und man ließ mich ziehen.
Hier endet die Geschichte und mein Epos, in welchem ich einen
Beitrag zur praktischen Polizei liefern wollte, zugleich den Beweis,
wie unumstöslich nothwendig es sei, tausend ehrliche Menschen eines
einzigen Spitzbuben wegen, tausend loyale eines einzigen Verschwö¬
rers wegen zu belästigen. Ich aber kann meine Leser und die Po¬
lizei versichern, doch nein, diese nicht, denn die weiß es gewiß besser
als ich, also, ich kann meine Leser versichern, daß ich weder auf
jener ganzen Reise einen einzigen silbernen Löffel eingesteckt, noch
seitdem gestohlen, gemordet, betrogen, Feuer angelegt oder Conspi-
rationen gemacht habe. Im Gegentheile kann ich mich rühmen,
ein ebenso ehrlicher, vortrefflicher Mensch, als ruhiger Bürger und
Unterthan zu sein. Aber du hast belogen und betrogen, höre ich
mir von einem moralischen Leser erwiedern. ^Darauf entgegen rede
ich: Das hat mein großer Ahnherr Odysseus auf seiner Ferienreise
auch gethan, und war damals längst kein Student mehr, und end¬
lich, warum hat es eine löbliche Polizei dahin gebracht, daß man
sich ordentlich ein Vergnügen daraus macht, ihr eine kleine Nase
G—g— zu drehen?
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |