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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

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anas an ein öffentliches Institut mit entschiedener Stimme geltend
gemacht zu haben. Nur die bornirte Logik und die gesinnungs¬
lose Flachheit des Janhagels können von einem Journalisten verlan¬
gen, die Interessen der Kunst und des Publicums der persönlichen
Dankbarkeit zu opfern, und sogar der gewöhnlichste Verstand wird die
Doppelseitigkeit anerkennen müssen, mit welcher man irgend Jemand
sehr hochschätzen kann als Mensch und Charakter und ihn doch wieder
laut tadeln muß als Talent und Mann eines Berufs, dem er nicht
genügen will. Gerade in diesen Tagen vielfacher Anfeindung hat
Herr Saphir von Sr. Maj. dem Kaiser die goldene Schriftstellerme¬
daille und von der regierenden Kaiserin eine kostbare Busennadel zum
Geschenk erhalten.

Ebenso abstoßend als lächerlich finden wir dagegen das cynische
Treiben des Herrn Bosco, der, nachdem sein Eharlatanismus an der
Uebersättigung des Publicums abgeprallt ist, welches nachgerade dieser
Gaukeleien überdrüssig geworden, kein Mittel verschmäht, sich Zuschauer
zu verschaffen, und in mehreren hiesigen Blättern, die sich für gutes
Geld dazu borgen, auf eine unverschämte Weise um Mitleid fleht, indem
er sich in Folge seines Unfalls, den Viele für einen schlauen Theater¬
betrug halten, als einen der öffentlichen Barmherzigkeit würdigen
Menschen hinstellen möchte und in rührenden Worten an das gute
Herz der Wiener appellirt. Das fehlte noch, daß jeder Gaukler, der
sein ohnedem mit leichter Mühe erworbenes Vermögen verschleudert
hat, oder des Geldes nicht genug bekommt, am Ende den Hilflosen
pickt und auf die Thränendrüsen der Weichherzigen speculirt, um den
ohnedem schon so vielfältig geschändeten Wohlthätigkcitssinn der hiesi¬
gen Bevölkerung vollends zur Earricatur zu stempeln!

Aus mancherlei Anregungen erhellt, daß höhern Orts die Absicht
besteht, das Institut der Vereine gegen Thierquälerei bei uns jetzt in
Aufnahme zu bringen, weßhalb denn auch Castelli und Saphir einen
darauf hinzielenden Aufruf in den hiesigen Blättern erlassen haben.
Man kann nicht leugnen, daß die Rohheit, welche man häusig hier¬
orts in der Behandlung der Thiere wahrnimmt, dazu auffordert, auf
Erweckung eines humaneren Sinnes hinzuarbeiten. So stach erst un¬
längst ein Wirth einem Schafe, das sich verlaufen hatte, aus Bosheit
öffentlich mit seinem Taschenmesser die Augen aus und das arme Geschöpf
hätte die kurze Spanne Zeit, die es noch zu athmen hatte, unter unsägli¬
chen Schmerzen hinbringen müssen, wenn nicht ein Anderer die humane
List gebraucht hätte, das verstümmelte Thier heimlich abzuschlachten
und dem grausamen Besitzer zurückzustellen. Besonders verdient auch
die Bespannungsart in vielen Gegenden die Berücksichtigung aller
Gegner der Thierquälerei, indem unter dieser Form die größte Pein
gegen das Zugvieh ausgeübt zu werden pflegt, ohne daß die Peiniger
oft selbst die geringste Ahnung davon haben. In sehr vielen Gegen-


anas an ein öffentliches Institut mit entschiedener Stimme geltend
gemacht zu haben. Nur die bornirte Logik und die gesinnungs¬
lose Flachheit des Janhagels können von einem Journalisten verlan¬
gen, die Interessen der Kunst und des Publicums der persönlichen
Dankbarkeit zu opfern, und sogar der gewöhnlichste Verstand wird die
Doppelseitigkeit anerkennen müssen, mit welcher man irgend Jemand
sehr hochschätzen kann als Mensch und Charakter und ihn doch wieder
laut tadeln muß als Talent und Mann eines Berufs, dem er nicht
genügen will. Gerade in diesen Tagen vielfacher Anfeindung hat
Herr Saphir von Sr. Maj. dem Kaiser die goldene Schriftstellerme¬
daille und von der regierenden Kaiserin eine kostbare Busennadel zum
Geschenk erhalten.

Ebenso abstoßend als lächerlich finden wir dagegen das cynische
Treiben des Herrn Bosco, der, nachdem sein Eharlatanismus an der
Uebersättigung des Publicums abgeprallt ist, welches nachgerade dieser
Gaukeleien überdrüssig geworden, kein Mittel verschmäht, sich Zuschauer
zu verschaffen, und in mehreren hiesigen Blättern, die sich für gutes
Geld dazu borgen, auf eine unverschämte Weise um Mitleid fleht, indem
er sich in Folge seines Unfalls, den Viele für einen schlauen Theater¬
betrug halten, als einen der öffentlichen Barmherzigkeit würdigen
Menschen hinstellen möchte und in rührenden Worten an das gute
Herz der Wiener appellirt. Das fehlte noch, daß jeder Gaukler, der
sein ohnedem mit leichter Mühe erworbenes Vermögen verschleudert
hat, oder des Geldes nicht genug bekommt, am Ende den Hilflosen
pickt und auf die Thränendrüsen der Weichherzigen speculirt, um den
ohnedem schon so vielfältig geschändeten Wohlthätigkcitssinn der hiesi¬
gen Bevölkerung vollends zur Earricatur zu stempeln!

Aus mancherlei Anregungen erhellt, daß höhern Orts die Absicht
besteht, das Institut der Vereine gegen Thierquälerei bei uns jetzt in
Aufnahme zu bringen, weßhalb denn auch Castelli und Saphir einen
darauf hinzielenden Aufruf in den hiesigen Blättern erlassen haben.
Man kann nicht leugnen, daß die Rohheit, welche man häusig hier¬
orts in der Behandlung der Thiere wahrnimmt, dazu auffordert, auf
Erweckung eines humaneren Sinnes hinzuarbeiten. So stach erst un¬
längst ein Wirth einem Schafe, das sich verlaufen hatte, aus Bosheit
öffentlich mit seinem Taschenmesser die Augen aus und das arme Geschöpf
hätte die kurze Spanne Zeit, die es noch zu athmen hatte, unter unsägli¬
chen Schmerzen hinbringen müssen, wenn nicht ein Anderer die humane
List gebraucht hätte, das verstümmelte Thier heimlich abzuschlachten
und dem grausamen Besitzer zurückzustellen. Besonders verdient auch
die Bespannungsart in vielen Gegenden die Berücksichtigung aller
Gegner der Thierquälerei, indem unter dieser Form die größte Pein
gegen das Zugvieh ausgeübt zu werden pflegt, ohne daß die Peiniger
oft selbst die geringste Ahnung davon haben. In sehr vielen Gegen-


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[0374] anas an ein öffentliches Institut mit entschiedener Stimme geltend gemacht zu haben. Nur die bornirte Logik und die gesinnungs¬ lose Flachheit des Janhagels können von einem Journalisten verlan¬ gen, die Interessen der Kunst und des Publicums der persönlichen Dankbarkeit zu opfern, und sogar der gewöhnlichste Verstand wird die Doppelseitigkeit anerkennen müssen, mit welcher man irgend Jemand sehr hochschätzen kann als Mensch und Charakter und ihn doch wieder laut tadeln muß als Talent und Mann eines Berufs, dem er nicht genügen will. Gerade in diesen Tagen vielfacher Anfeindung hat Herr Saphir von Sr. Maj. dem Kaiser die goldene Schriftstellerme¬ daille und von der regierenden Kaiserin eine kostbare Busennadel zum Geschenk erhalten. Ebenso abstoßend als lächerlich finden wir dagegen das cynische Treiben des Herrn Bosco, der, nachdem sein Eharlatanismus an der Uebersättigung des Publicums abgeprallt ist, welches nachgerade dieser Gaukeleien überdrüssig geworden, kein Mittel verschmäht, sich Zuschauer zu verschaffen, und in mehreren hiesigen Blättern, die sich für gutes Geld dazu borgen, auf eine unverschämte Weise um Mitleid fleht, indem er sich in Folge seines Unfalls, den Viele für einen schlauen Theater¬ betrug halten, als einen der öffentlichen Barmherzigkeit würdigen Menschen hinstellen möchte und in rührenden Worten an das gute Herz der Wiener appellirt. Das fehlte noch, daß jeder Gaukler, der sein ohnedem mit leichter Mühe erworbenes Vermögen verschleudert hat, oder des Geldes nicht genug bekommt, am Ende den Hilflosen pickt und auf die Thränendrüsen der Weichherzigen speculirt, um den ohnedem schon so vielfältig geschändeten Wohlthätigkcitssinn der hiesi¬ gen Bevölkerung vollends zur Earricatur zu stempeln! Aus mancherlei Anregungen erhellt, daß höhern Orts die Absicht besteht, das Institut der Vereine gegen Thierquälerei bei uns jetzt in Aufnahme zu bringen, weßhalb denn auch Castelli und Saphir einen darauf hinzielenden Aufruf in den hiesigen Blättern erlassen haben. Man kann nicht leugnen, daß die Rohheit, welche man häusig hier¬ orts in der Behandlung der Thiere wahrnimmt, dazu auffordert, auf Erweckung eines humaneren Sinnes hinzuarbeiten. So stach erst un¬ längst ein Wirth einem Schafe, das sich verlaufen hatte, aus Bosheit öffentlich mit seinem Taschenmesser die Augen aus und das arme Geschöpf hätte die kurze Spanne Zeit, die es noch zu athmen hatte, unter unsägli¬ chen Schmerzen hinbringen müssen, wenn nicht ein Anderer die humane List gebraucht hätte, das verstümmelte Thier heimlich abzuschlachten und dem grausamen Besitzer zurückzustellen. Besonders verdient auch die Bespannungsart in vielen Gegenden die Berücksichtigung aller Gegner der Thierquälerei, indem unter dieser Form die größte Pein gegen das Zugvieh ausgeübt zu werden pflegt, ohne daß die Peiniger oft selbst die geringste Ahnung davon haben. In sehr vielen Gegen-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/374>, abgerufen am 01.09.2024.