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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.

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stark im Innern, mächtig wirkend nach Außen, sieggckrönt und ruhen^
bedeckt, fand ein mächtiges Hinderniß seiner Vergrößerungssucht und
seines Einflusses im Osten um dem achäischen Bund. Flaminius
ränkevolle Politik erklärte die Griechen frei. -- Mit dankbarem
Jubel nahm diese verblendete Nation die Verkündigung ihrer Freiheit
auf, und sie jubelte schon als römischer Sklave auf dem Grabe ihrer
Freiheit. Rom riß die Leitung der Geschäfte unter schutzherrlichen,
vormundschaftlichen Titel an sich, machte die Patrioten verstummen,
oder schleppte sie nach Rom; da schrie Eato im Senate: Wie lange
werden wir uns noch berathschlagen, ob einige achäische Greise in
Italien oder in Griechenland sollen begraben werden? Und Griechen¬
land wurde eine römische Provinz mit dem höhnenden Titel: ?rn-
vme'in !u:>urj<u Solche Mißhandlungen erfuhr ein Volk, welches die
Freiheit in Europa gepflanzt, so vielen Königen getrotzt, die Huldi¬
gung vieler andern empfangen, und die Erde mit seinem Ruhme er¬
füllt hatte, durch die Hand eines gleichfalls freien und ruhmbegieri¬
gen Volkes! --

Was hätten nun die Czechen und mit ihnen alle West- und
Südslaven von dem Czarenthume zu erwarten, das mit Rom
nichts gemein hat, als die Sucht nach Größe und Einfluß. Blicket
hin, wie unter seiner Herrschaft Polen sich krümmt, wie das eigene
Land das Joch einer fremden Dynastie dacniederdrückt durch die
Schrecken seiner tyrannischen Macht. --

Sollen wir noch einmal die Geschichte wiederholen? Leiden
wir nicht an den Folgen einer ähnlichen Periode? Wollen wir von
fremdem Tische betteln, da wir den eigenen selbst bestellen können?
Leider hat die Nation noch keinen Schritt dafür gethan, noch durch
kein Wort der Regierung ihren festen Willen kund gegeben, wobei
sie gewiß nicht als Rebell erscheinen würde, wenn sie auf gesetzlichem
Wege ihr Ziel erreichen will; denn das Recht ist auf ihrer Seite.
Daher möchten wir dem Verfasser der genannten Berichtigung gera¬
then !haben, künftig die Worte: Bettler und Gläubiger scharfer zu
unterscheiden, und nicht beide in eine Kategorie zusammen zu wer¬
fen. Der Czeche kann und foll sich nicht zum Bettler erniedrigen, so
lange er Gläubiger ist. Liegt vielleicht in diefer Forderung Haß ge¬
gen Deutsche und Deutschland? Mit frohem Muthe begrüßt der
Czeche Deutschlands Fortschritt und die Entwicklung des demokrati¬
schen Elements, gleich wie den Fortschritt seiner slawischen Brüder
im Süden und Osten von seinem Vaterlande; zittert ergrimmt, wenn
hier und dort die Parthei des Rückschritts ihre blutigen Opfer schlach¬
tet. O möchte Deutschland erkennen, daß es nicht eher zur Einheit
gelangen kann und wird, bevor sich nicht die Süd- und Westslaven,
frei von aller Despotie, zu einem großen und mächtigen Bunde ver¬
eint haben! O möchte Deutschland erkennen, daß 36 Millionen


stark im Innern, mächtig wirkend nach Außen, sieggckrönt und ruhen^
bedeckt, fand ein mächtiges Hinderniß seiner Vergrößerungssucht und
seines Einflusses im Osten um dem achäischen Bund. Flaminius
ränkevolle Politik erklärte die Griechen frei. — Mit dankbarem
Jubel nahm diese verblendete Nation die Verkündigung ihrer Freiheit
auf, und sie jubelte schon als römischer Sklave auf dem Grabe ihrer
Freiheit. Rom riß die Leitung der Geschäfte unter schutzherrlichen,
vormundschaftlichen Titel an sich, machte die Patrioten verstummen,
oder schleppte sie nach Rom; da schrie Eato im Senate: Wie lange
werden wir uns noch berathschlagen, ob einige achäische Greise in
Italien oder in Griechenland sollen begraben werden? Und Griechen¬
land wurde eine römische Provinz mit dem höhnenden Titel: ?rn-
vme'in !u:>urj<u Solche Mißhandlungen erfuhr ein Volk, welches die
Freiheit in Europa gepflanzt, so vielen Königen getrotzt, die Huldi¬
gung vieler andern empfangen, und die Erde mit seinem Ruhme er¬
füllt hatte, durch die Hand eines gleichfalls freien und ruhmbegieri¬
gen Volkes! —

Was hätten nun die Czechen und mit ihnen alle West- und
Südslaven von dem Czarenthume zu erwarten, das mit Rom
nichts gemein hat, als die Sucht nach Größe und Einfluß. Blicket
hin, wie unter seiner Herrschaft Polen sich krümmt, wie das eigene
Land das Joch einer fremden Dynastie dacniederdrückt durch die
Schrecken seiner tyrannischen Macht. —

Sollen wir noch einmal die Geschichte wiederholen? Leiden
wir nicht an den Folgen einer ähnlichen Periode? Wollen wir von
fremdem Tische betteln, da wir den eigenen selbst bestellen können?
Leider hat die Nation noch keinen Schritt dafür gethan, noch durch
kein Wort der Regierung ihren festen Willen kund gegeben, wobei
sie gewiß nicht als Rebell erscheinen würde, wenn sie auf gesetzlichem
Wege ihr Ziel erreichen will; denn das Recht ist auf ihrer Seite.
Daher möchten wir dem Verfasser der genannten Berichtigung gera¬
then !haben, künftig die Worte: Bettler und Gläubiger scharfer zu
unterscheiden, und nicht beide in eine Kategorie zusammen zu wer¬
fen. Der Czeche kann und foll sich nicht zum Bettler erniedrigen, so
lange er Gläubiger ist. Liegt vielleicht in diefer Forderung Haß ge¬
gen Deutsche und Deutschland? Mit frohem Muthe begrüßt der
Czeche Deutschlands Fortschritt und die Entwicklung des demokrati¬
schen Elements, gleich wie den Fortschritt seiner slawischen Brüder
im Süden und Osten von seinem Vaterlande; zittert ergrimmt, wenn
hier und dort die Parthei des Rückschritts ihre blutigen Opfer schlach¬
tet. O möchte Deutschland erkennen, daß es nicht eher zur Einheit
gelangen kann und wird, bevor sich nicht die Süd- und Westslaven,
frei von aller Despotie, zu einem großen und mächtigen Bunde ver¬
eint haben! O möchte Deutschland erkennen, daß 36 Millionen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/611>, abgerufen am 05.02.2025.