Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.gegenwärtigen Volkszustände im Allgemeinen von unveraltelem In¬ Die Gegner der gewerblichen Oeffentlichkeit, denn eine so frische gegenwärtigen Volkszustände im Allgemeinen von unveraltelem In¬ Die Gegner der gewerblichen Oeffentlichkeit, denn eine so frische <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0557" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/271818"/> <p xml:id="ID_1470" prev="#ID_1469"> gegenwärtigen Volkszustände im Allgemeinen von unveraltelem In¬<lb/> teresse und von Wichtigkeit ist. Zudem ist es meine Absicht, bei der<lb/> Federzeichnung unseres in die Oeffenttichkeitssphäre getretenen Kunst-<lb/> fleißes immer nur den Kern der Erscheinung im Auge zu behalten.<lb/> Es entspricht ganz und gar dem Gange der modernen Regierungspo¬<lb/> litik, welche den Neformdrang des unruhigen Zeitgeistes von den ho¬<lb/> hem Fragen abzulenken verstand und in das Thal der materiellen In¬<lb/> teressen einzudämmen wußte, daß die meisten Siege des liberalen Prin¬<lb/> cips just im industriellen Gebiete erfochten werden, indem die ganze<lb/> Macht der Aeitströmung hier thätig ist und ihr darum die auf andern<lb/> Feldern hartnäckig verweigerten Concessionen willig zugestanden werden<lb/> müssen. Mag es Manchen, der die geschlossenen Thüren der Gerichts¬<lb/> säle geöffnet und durch Freigebung der geknebelten Presse eine breite<lb/> Basis zu einem öffentlichen Volksleben geboten wünschte, auch nicht<lb/> im Geringsten trösten, wenn er sich auf dem industriellen Gebiet das¬<lb/> selbe Princip mit Erfolg durchkämpfen sieht, immerhin sollte der Fort¬<lb/> schritt, sei er auch noch so partiell und den niedern Regionen des Na-<lb/> tionallebens zugehörig, ihn mit Freude erfüllen und die auf allen<lb/> übrigen Punkten geschlagene Hoffnung aufzurichten im Stande sein;<lb/> besonders wenn er bedenkt, wie es gerade die schlaue Führung der<lb/> Machthaber ist, welche durch das beabsichtigte Einfangen des Reform¬<lb/> geistes in den kohlenschwarzen Mauern der Nationalindustrie den er¬<lb/> sten Anlaß gegeben zu der Anregung der höchst wichtigen Frage von<lb/> der Organisation der Arbeit, die im Verlauf ihrer Lösung jede andere<lb/> Reformfrage an umfassender Bedeutung und socialer Wichtigkeit weit<lb/> zu übertreffen scheint. Ohne die industrielle Richtung, welche als Ab-<lb/> leiter dienen sollte, wäre sicher dieses sociale Problem hundert Jahre<lb/> spater zur Sprache gekommen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1471" next="#ID_1472"> Die Gegner der gewerblichen Oeffentlichkeit, denn eine so frische<lb/> Sache muß solche haben, wollen ihre Entbehrlichkeit dadurch beweisen,<lb/> daß sie auf das industriemächtige England hindeuten, wo bis jetzt<lb/> noch gar keine Ausstellung gewerblicher Hervorbringungen Statt ge«<lb/> funden und gleichwohl der kühnste Aufschwung und die vollste Blüte<lb/> aller Zweige des Kunstfleißes zu finden sei. Ist dieser Einwurf jetzt<lb/> auch nur noch zur Hälfte wahr, indem in dem verflossenen Sommer<lb/> die sogenannte League, welche gegen die Aristokratie des Grundbesitzes<lb/> gerichtet ist und deshalb die Fabrication unter ihre Fittige nimmt,<lb/> gleichfalls eine Exposition von Gewerbsproducten veranstaltete, wie sie<lb/> in den Staaten des Kontinent seit einigen Decennien im Schwunge<lb/> sind, so wollen wir doch die Nichtigkeit der Thatsache vollständig an¬<lb/> erkennen. Nichtsdestoweniger zeugt dieselbe nicht im Geringsten ge¬<lb/> gen die Vortrefflichkeit der Maßregel, denn die britischen Verhältnisse<lb/> sind so durchaus abweichend von denen aller übrigen Staaten Euro¬<lb/> pas, daß da« Einzelne des englischen Lebens niemals als Vorbild für</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0557]
gegenwärtigen Volkszustände im Allgemeinen von unveraltelem In¬
teresse und von Wichtigkeit ist. Zudem ist es meine Absicht, bei der
Federzeichnung unseres in die Oeffenttichkeitssphäre getretenen Kunst-
fleißes immer nur den Kern der Erscheinung im Auge zu behalten.
Es entspricht ganz und gar dem Gange der modernen Regierungspo¬
litik, welche den Neformdrang des unruhigen Zeitgeistes von den ho¬
hem Fragen abzulenken verstand und in das Thal der materiellen In¬
teressen einzudämmen wußte, daß die meisten Siege des liberalen Prin¬
cips just im industriellen Gebiete erfochten werden, indem die ganze
Macht der Aeitströmung hier thätig ist und ihr darum die auf andern
Feldern hartnäckig verweigerten Concessionen willig zugestanden werden
müssen. Mag es Manchen, der die geschlossenen Thüren der Gerichts¬
säle geöffnet und durch Freigebung der geknebelten Presse eine breite
Basis zu einem öffentlichen Volksleben geboten wünschte, auch nicht
im Geringsten trösten, wenn er sich auf dem industriellen Gebiet das¬
selbe Princip mit Erfolg durchkämpfen sieht, immerhin sollte der Fort¬
schritt, sei er auch noch so partiell und den niedern Regionen des Na-
tionallebens zugehörig, ihn mit Freude erfüllen und die auf allen
übrigen Punkten geschlagene Hoffnung aufzurichten im Stande sein;
besonders wenn er bedenkt, wie es gerade die schlaue Führung der
Machthaber ist, welche durch das beabsichtigte Einfangen des Reform¬
geistes in den kohlenschwarzen Mauern der Nationalindustrie den er¬
sten Anlaß gegeben zu der Anregung der höchst wichtigen Frage von
der Organisation der Arbeit, die im Verlauf ihrer Lösung jede andere
Reformfrage an umfassender Bedeutung und socialer Wichtigkeit weit
zu übertreffen scheint. Ohne die industrielle Richtung, welche als Ab-
leiter dienen sollte, wäre sicher dieses sociale Problem hundert Jahre
spater zur Sprache gekommen.
Die Gegner der gewerblichen Oeffentlichkeit, denn eine so frische
Sache muß solche haben, wollen ihre Entbehrlichkeit dadurch beweisen,
daß sie auf das industriemächtige England hindeuten, wo bis jetzt
noch gar keine Ausstellung gewerblicher Hervorbringungen Statt ge«
funden und gleichwohl der kühnste Aufschwung und die vollste Blüte
aller Zweige des Kunstfleißes zu finden sei. Ist dieser Einwurf jetzt
auch nur noch zur Hälfte wahr, indem in dem verflossenen Sommer
die sogenannte League, welche gegen die Aristokratie des Grundbesitzes
gerichtet ist und deshalb die Fabrication unter ihre Fittige nimmt,
gleichfalls eine Exposition von Gewerbsproducten veranstaltete, wie sie
in den Staaten des Kontinent seit einigen Decennien im Schwunge
sind, so wollen wir doch die Nichtigkeit der Thatsache vollständig an¬
erkennen. Nichtsdestoweniger zeugt dieselbe nicht im Geringsten ge¬
gen die Vortrefflichkeit der Maßregel, denn die britischen Verhältnisse
sind so durchaus abweichend von denen aller übrigen Staaten Euro¬
pas, daß da« Einzelne des englischen Lebens niemals als Vorbild für
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