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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.

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zenden Spaziergang gewährt, so glaubt man allgemein, daß diese ledig-
lich auf das Vergnügen des Rcsidenzpublikums berechnete Zweigbahn
eine vortreffliche Spekulation sei, die hohe Zinsen abwerfen müsse.

Dem Redacteur der Humoristen Herrn Saphir scheintnun doch eine
längst gehoffte Anerkennung von Seite des Staates zu Theil zu werden,
denn in den letzten Tagen wurde ihm durch ein Schreiben seiner
Majestät eine jährliche Pension von Mit) Gulden, vorläufig aus drei
Jahre, bewilligt. Wie man sagt, soll Herr Saphir nicht gesonnen
sein, diese Gnade in der gebotenen Form anzunehmen, sondern die
Bitte stellen, ihm damit auch ein Amt oder mindestens einen Titel
zu verleihen, damit es nicht den Anschein gewinne, als stehe er in
geheimen Diensten, wie dies von mehren hiesigen Schriftstellern mit
Bestimmtheit behauptet wird. Bekanntlich bewirbt sich Saphir seit
längerer Zeit um die Stelle eines Dramaturgen bei'in Hofburgtheater,
und es hängt ganz und gar von der Ansicht des Grafen Dietrichstein
ab, ob ihm sein auf Holbeins Rath mehrfach abgeschlagenes Gesuch
nunmehr gewährt werden wird, zumal Saphirs Kritik im Humori¬
sten in der jüngsten Zeit eine Annäherung an die Principe des Insti¬
tuts erkennen läßt, die nicht ohne Absicht sein dürfte. Die Anwe¬
senheit Gutzkow's, dessen Schilderungen Wiens viele Leser finden,
hängt mit dieser Angelegenheit sehr innig zusammen, und soll viel¬
leicht ein andermal erörtert werden, genug, seit Gutzkow's Abreise hat
Saphir neue Hoffnungen geschöpft, die leicht in Erfüllung gehen könn¬
ten, da er von einigen Gliedern des Hofes beschützt wird. Man muß
gestehen, daß die Wohlthätigkeitsbestrebungen Saphir's einen ganz an¬
dern Maaßstab verdienen, wie die des Herrn Bauerle, denn wenn die¬
ser blos die Sammelbüchse machte, in welche jeder Menschenfreund
sein Scherflein hineinwarf, so wußte dagegen Saphir durch den Klang
seines Namens und das Metall seines Geistes Geld zu münzen für
die Armuth, das Unglück und die Verlassenheit der Siechen. Die
von Bauerle der Regierungsbehörde ziffermäßig ausgewiesene Summe
von I,200Mi) Gulden, die er im Laufe seiner Redaction zu mild¬
thätigen Zwecken sammelte und abführte, reicht lange nicht an den
zwar kleineren Betrag, welchen Saphir zu Gunsten ähnlicher Institute
zusammenbrachte, weil dieser ein Produkt seiner eigenen Persönlichkeit,
eine Frucht seiner geistigen Selbstthätigkeit darstellt, was gewiß nicht
einerlei ist.

Ein junger Pharmaceut, Namens Reisser, der unter Meißner's
Leitung Chemie studirte, hat eine wichtige Erfindung gemacht, indem
es ihm gelang, eine chemische Farbe zu bereiten und ein Papier her¬
zustellen, die mit dem besten Erfolge zur Erzeugung der Banknoten
verwendet werden können, ohne der Gefahr der Nachahmung in dem
Grade ausgefetzt zu sein, wie dies bisher der Fall gewesen. Reisser's
Erfindung besteht namentlich in der Farbe, deren Geheimniß er allein


Gi-Iizl'öden. Isis. IV. 6

zenden Spaziergang gewährt, so glaubt man allgemein, daß diese ledig-
lich auf das Vergnügen des Rcsidenzpublikums berechnete Zweigbahn
eine vortreffliche Spekulation sei, die hohe Zinsen abwerfen müsse.

Dem Redacteur der Humoristen Herrn Saphir scheintnun doch eine
längst gehoffte Anerkennung von Seite des Staates zu Theil zu werden,
denn in den letzten Tagen wurde ihm durch ein Schreiben seiner
Majestät eine jährliche Pension von Mit) Gulden, vorläufig aus drei
Jahre, bewilligt. Wie man sagt, soll Herr Saphir nicht gesonnen
sein, diese Gnade in der gebotenen Form anzunehmen, sondern die
Bitte stellen, ihm damit auch ein Amt oder mindestens einen Titel
zu verleihen, damit es nicht den Anschein gewinne, als stehe er in
geheimen Diensten, wie dies von mehren hiesigen Schriftstellern mit
Bestimmtheit behauptet wird. Bekanntlich bewirbt sich Saphir seit
längerer Zeit um die Stelle eines Dramaturgen bei'in Hofburgtheater,
und es hängt ganz und gar von der Ansicht des Grafen Dietrichstein
ab, ob ihm sein auf Holbeins Rath mehrfach abgeschlagenes Gesuch
nunmehr gewährt werden wird, zumal Saphirs Kritik im Humori¬
sten in der jüngsten Zeit eine Annäherung an die Principe des Insti¬
tuts erkennen läßt, die nicht ohne Absicht sein dürfte. Die Anwe¬
senheit Gutzkow's, dessen Schilderungen Wiens viele Leser finden,
hängt mit dieser Angelegenheit sehr innig zusammen, und soll viel¬
leicht ein andermal erörtert werden, genug, seit Gutzkow's Abreise hat
Saphir neue Hoffnungen geschöpft, die leicht in Erfüllung gehen könn¬
ten, da er von einigen Gliedern des Hofes beschützt wird. Man muß
gestehen, daß die Wohlthätigkeitsbestrebungen Saphir's einen ganz an¬
dern Maaßstab verdienen, wie die des Herrn Bauerle, denn wenn die¬
ser blos die Sammelbüchse machte, in welche jeder Menschenfreund
sein Scherflein hineinwarf, so wußte dagegen Saphir durch den Klang
seines Namens und das Metall seines Geistes Geld zu münzen für
die Armuth, das Unglück und die Verlassenheit der Siechen. Die
von Bauerle der Regierungsbehörde ziffermäßig ausgewiesene Summe
von I,200Mi) Gulden, die er im Laufe seiner Redaction zu mild¬
thätigen Zwecken sammelte und abführte, reicht lange nicht an den
zwar kleineren Betrag, welchen Saphir zu Gunsten ähnlicher Institute
zusammenbrachte, weil dieser ein Produkt seiner eigenen Persönlichkeit,
eine Frucht seiner geistigen Selbstthätigkeit darstellt, was gewiß nicht
einerlei ist.

Ein junger Pharmaceut, Namens Reisser, der unter Meißner's
Leitung Chemie studirte, hat eine wichtige Erfindung gemacht, indem
es ihm gelang, eine chemische Farbe zu bereiten und ein Papier her¬
zustellen, die mit dem besten Erfolge zur Erzeugung der Banknoten
verwendet werden können, ohne der Gefahr der Nachahmung in dem
Grade ausgefetzt zu sein, wie dies bisher der Fall gewesen. Reisser's
Erfindung besteht namentlich in der Farbe, deren Geheimniß er allein


Gi-Iizl'öden. Isis. IV. 6
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/49>, abgerufen am 05.02.2025.