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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.

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Sylvester Jordan.



ir.

Als der Churfürst Wilhelm I. am 21. November 1813 in seine
Residenz zurückgekehrt war, ließ er es sich fürs Erste angelegen sein,
die in seinem Lande während der Fremdherrschaft getroffenen Ein¬
richtungen wieder aufzuheben, nämlich in so weit, als durch dieselben
der Allerhöchsten Machtvollkommenheit Eintrag geschah. Standes-
vorrechte mancher Art, Alterthümer, deren Abschaffung freilich auch
das Werk der Napoleonischen Zeit gewesen, durch deren Wiederher¬
stellung aber nur Beschränkungen der obersten Gewalt wieder herge¬
stellt worden wären, solche ließ man abgeschafft. Dies machte bö-
ses Blut, die Abschaffung der liberalen Institutionen bei den Mittel-
Klassen des Volks und die NichtWiederherstellung der Standesvor¬
rechte bei den Aristokraten.

Auf den ersten März 1815, berief der Churfürst in altherkömm¬
licher Weise die Stände des Landes ein. Er versprach ihnen am
10. Juni eine "der Vernunft und den Erfahrungen der Zeit ent¬
sprechende Landesverfassung", ja er versprach ihnen, daß für Hessen
die liberalste Constitution festgesetzt werden sollte. Indessen da die
Stände nicht nur auf Wiederherstellung der alten Standesrechte,
sondern auch noch auf Trennung des churfürstlichen Hausschafes und
der Chatulle von dem Staatsgute bestanden, so konnte sich die Re¬
gierung mit ihnen nicht vereinigen und vertagte sie am 2. Juli, in
der Hoffnung, sie später gefügiger zu finden. Diese Hoffnung wurde
getäuscht. Die Stände, die am 15,. Februar 1816 wieder zusam¬
mentraten, beharrten auf ihren Ansprüchen und da sie außerdem mit


Sylvester Jordan.



ir.

Als der Churfürst Wilhelm I. am 21. November 1813 in seine
Residenz zurückgekehrt war, ließ er es sich fürs Erste angelegen sein,
die in seinem Lande während der Fremdherrschaft getroffenen Ein¬
richtungen wieder aufzuheben, nämlich in so weit, als durch dieselben
der Allerhöchsten Machtvollkommenheit Eintrag geschah. Standes-
vorrechte mancher Art, Alterthümer, deren Abschaffung freilich auch
das Werk der Napoleonischen Zeit gewesen, durch deren Wiederher¬
stellung aber nur Beschränkungen der obersten Gewalt wieder herge¬
stellt worden wären, solche ließ man abgeschafft. Dies machte bö-
ses Blut, die Abschaffung der liberalen Institutionen bei den Mittel-
Klassen des Volks und die NichtWiederherstellung der Standesvor¬
rechte bei den Aristokraten.

Auf den ersten März 1815, berief der Churfürst in altherkömm¬
licher Weise die Stände des Landes ein. Er versprach ihnen am
10. Juni eine „der Vernunft und den Erfahrungen der Zeit ent¬
sprechende Landesverfassung", ja er versprach ihnen, daß für Hessen
die liberalste Constitution festgesetzt werden sollte. Indessen da die
Stände nicht nur auf Wiederherstellung der alten Standesrechte,
sondern auch noch auf Trennung des churfürstlichen Hausschafes und
der Chatulle von dem Staatsgute bestanden, so konnte sich die Re¬
gierung mit ihnen nicht vereinigen und vertagte sie am 2. Juli, in
der Hoffnung, sie später gefügiger zu finden. Diese Hoffnung wurde
getäuscht. Die Stände, die am 15,. Februar 1816 wieder zusam¬
mentraten, beharrten auf ihren Ansprüchen und da sie außerdem mit


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[0395] Sylvester Jordan. ir. Als der Churfürst Wilhelm I. am 21. November 1813 in seine Residenz zurückgekehrt war, ließ er es sich fürs Erste angelegen sein, die in seinem Lande während der Fremdherrschaft getroffenen Ein¬ richtungen wieder aufzuheben, nämlich in so weit, als durch dieselben der Allerhöchsten Machtvollkommenheit Eintrag geschah. Standes- vorrechte mancher Art, Alterthümer, deren Abschaffung freilich auch das Werk der Napoleonischen Zeit gewesen, durch deren Wiederher¬ stellung aber nur Beschränkungen der obersten Gewalt wieder herge¬ stellt worden wären, solche ließ man abgeschafft. Dies machte bö- ses Blut, die Abschaffung der liberalen Institutionen bei den Mittel- Klassen des Volks und die NichtWiederherstellung der Standesvor¬ rechte bei den Aristokraten. Auf den ersten März 1815, berief der Churfürst in altherkömm¬ licher Weise die Stände des Landes ein. Er versprach ihnen am 10. Juni eine „der Vernunft und den Erfahrungen der Zeit ent¬ sprechende Landesverfassung", ja er versprach ihnen, daß für Hessen die liberalste Constitution festgesetzt werden sollte. Indessen da die Stände nicht nur auf Wiederherstellung der alten Standesrechte, sondern auch noch auf Trennung des churfürstlichen Hausschafes und der Chatulle von dem Staatsgute bestanden, so konnte sich die Re¬ gierung mit ihnen nicht vereinigen und vertagte sie am 2. Juli, in der Hoffnung, sie später gefügiger zu finden. Diese Hoffnung wurde getäuscht. Die Stände, die am 15,. Februar 1816 wieder zusam¬ mentraten, beharrten auf ihren Ansprüchen und da sie außerdem mit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/395>, abgerufen am 05.02.2025.