Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.höchst naturgemäß. Seine Oper liegt der Direction unsers Theaters G. Julius. IV. Aus Cöln am Rhein. Materieller Sinn und practischer Sinn. -- Der Borromeusverein. -- Poliri¬ scher Tact des Bürgers. -- Bildungsfortschritte. -- Vorlesungen. -- Dr. Thes- mar und Prof. Baucrband. -- Der Verlagsvercin. -- Das "Rheinische Jahr¬ buch". -- Turnangrlegenheiten. In manchen Charakterbeziehungen hat der Cölner Aehnlichkeit 48-i-
höchst naturgemäß. Seine Oper liegt der Direction unsers Theaters G. Julius. IV. Aus Cöln am Rhein. Materieller Sinn und practischer Sinn. — Der Borromeusverein. — Poliri¬ scher Tact des Bürgers. — Bildungsfortschritte. — Vorlesungen. — Dr. Thes- mar und Prof. Baucrband. — Der Verlagsvercin. — Das „Rheinische Jahr¬ buch". — Turnangrlegenheiten. In manchen Charakterbeziehungen hat der Cölner Aehnlichkeit 48-i-
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höchst naturgemäß. Seine Oper liegt der Direction unsers Theaters
zur Annahme vor: hoffentlich wird sie hier zur Aufführung kommen,
wir werden dann sehen, wie es ihm in der dramatischen Composition
gelingt. — Jedenfalls ist diesem Musiker mehr Beachtung von Sei¬
ten des mustkliebenden Publicums zu wünschen, als ihm, wenigstens
hier, wie mir scheint, bisher zu Theil geworden ist.
G. Julius.
IV.
Aus Cöln am Rhein.
Materieller Sinn und practischer Sinn. — Der Borromeusverein. — Poliri¬
scher Tact des Bürgers. — Bildungsfortschritte. — Vorlesungen. — Dr. Thes-
mar und Prof. Baucrband. — Der Verlagsvercin. — Das „Rheinische Jahr¬
buch". — Turnangrlegenheiten.
In manchen Charakterbeziehungen hat der Cölner Aehnlichkeit
mit dem Wiener. Lebensfroh, über dem Heute nicht selten, wie die¬
ser, Gestern und Morgen vergessend, ist der Cölner auch im Allge¬
meinen dem materiellen Genusse, der heitern Geselligkeit sehr ergeben.
Das Wirthshausleben blüht im gesammten preußischen Staate nir¬
gend so herrlich, so reizend, so lockend, wie eben in Cöln, wenn auch
leider! auf Kosten des eigentlichen Familienlebens. Diese Liebe zu
materiellem Genusse, diese practische Philosophie, welche jedem Ver¬
hältnisse des Lebens eine heitere Seite abzugewinnen weiß, mit einem
leichten Scherz, mit einem drastischen Witzworte alle Schroffheiten
des Daseins überhüpft, hat aber in den verschiedenen Standen der
Bürgerschaft der wahren, höhern Bildung bisher Abbruch gethan,
und tragt auch jetzt noch die Schuld, daß bei uns im Allgemeinen
nicht so viel Gewicht auf geistige Veredlung gelegt wird, als zu wün¬
schen wäre. Nur in den letzten Jahren, muß man einräumen, ist
der Sinn für Höheres, für Literatur und Kunst reger, und des Va¬
terlandes Gegenwart und Zukunft bei Vielen Gegenstand des Nach¬
denkens geworden: man hat der Tagespolitik Geschmack und zugleich
die practische Seite abgewonnen; wenn auch vielleicht mancher nord¬
deutsche nach „Geist", seinen Begriffen gemäß, vergebens bei uns
suchen wird. Bei dem geraden, offenen Verstände des Cölners, sei¬
nem einfachen Geschmacke und scharfen Urtheile, das jedem Dinge die
komische Seite abzugewinnen versteht, ist ihm alle schöngeistige Zerr¬
bildung ein wahrer Gräuel; aber in seiner Scheu vor dieser geht er
denn auch wohl so weit, sich um das nicht zu bemühen, was wirk¬
liches Erfordernis; einer soliden Bildung ist, und auch von den wich¬
tigen Erscheinungen der Literatur keine Notiz zu nehmen. Lesevereine,
wissenschaftliche Clubs, ästhetische Kränzchen — musikalische ausge¬
nommen — sind bei uns nicht nur nicht heimisch, sondern Gegen¬
stände der Verhöhnung. Wüßte man an diesen Dingen irgend el-
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