Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.II Aus Wien. Hohe Heirathsangelegenheiten. -- Palast d-s Fürsten Lichtenstein. -- Anstal¬ ten für entlassene Sträflinge und für verwahrloste Kinder. -- Graf Barth. -- Eine Begnadigung. --' David und Berlioz. -- Musikfest in der Reit¬ schule. -- Antigone. -- or. Schmidt. -- Levensmittelpreisc. -- Tumult. -- Fremde. Der Kaiser von Rußland wird am 20. December hier erwartet. Bekanntlich läßt der Fürst Lichtenstein sein in der innern Stadt II Aus Wien. Hohe Heirathsangelegenheiten. — Palast d-s Fürsten Lichtenstein. — Anstal¬ ten für entlassene Sträflinge und für verwahrloste Kinder. — Graf Barth. — Eine Begnadigung. —' David und Berlioz. — Musikfest in der Reit¬ schule. — Antigone. — or. Schmidt. — Levensmittelpreisc. — Tumult. — Fremde. Der Kaiser von Rußland wird am 20. December hier erwartet. Bekanntlich läßt der Fürst Lichtenstein sein in der innern Stadt <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0368" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/271629"/> </div> <div n="2"> <head> II<lb/> Aus Wien.</head><lb/> <note type="argument"> Hohe Heirathsangelegenheiten. — Palast d-s Fürsten Lichtenstein. — Anstal¬<lb/> ten für entlassene Sträflinge und für verwahrloste Kinder. — Graf Barth.<lb/> — Eine Begnadigung. —' David und Berlioz. — Musikfest in der Reit¬<lb/> schule. — Antigone. — or. Schmidt. — Levensmittelpreisc. — Tumult. —<lb/> Fremde.</note><lb/> <p xml:id="ID_996"> Der Kaiser von Rußland wird am 20. December hier erwartet.<lb/> Es geht das Gerücht, als sei hinter dieser italienischen Reise noch<lb/> weit mehr verborgen, als man gleich Anfangs vermuthet hatte. Au¬<lb/> ßer einer persönlichen Besprechung mit dem heiligen Vater zur Schlich¬<lb/> tung der seit Jahren bestehenden Irrungen in Betreff der katholischen<lb/> Kirche im russischen Reiche sollen auch die religiösen Verhältnisse ge¬<lb/> ordnet werden zum Behufe einer Heirathsschließung der Großfürstin<lb/> Olga mit dem Erzherzoge Stephan, ein Lieblingsproject des russischen<lb/> Kaisers, das er noch keineswegs aufgegeben habe und dem er manche<lb/> Harte des Negierungssystems aufzuopfern bereit wäre. — Eine an¬<lb/> dere Hcirathsangclegenheit, welche dermalen die höhere Gesellschaft<lb/> beschäftigt und welche am 10. November auf dem Schlosse Frohsdorf<lb/> bei Wiener Neustadt geschlossen wurde, ist die Verbindung des Erb¬<lb/> prinzen von Lucca mit Mademoiselle de Rosily, Tochter der Herzogin<lb/> von Berry. Diese junge Dame wird als geistreich, aber auch als<lb/> Freundin der alten Hofetikette geschildert; sie ist älter als ihr Bräu¬<lb/> tigam und in vielen Kreisen will man in dieser Vermählung weniger<lb/> eine politische Bestrebung, als eine Nanglrung des durch mancherlei<lb/> Unfälle, namentlich durch die Veruntreuungen des Ritters von Ostini<lb/> zerrütteten herzoglichen Hausvermögens erblicken. Die Mitgift der<lb/> Braut, die das Gerücht hier auf 14 Millionen Franken angeschlagen,<lb/> wird von einem legitimistischen Blatte Frankreichs auf 7 Millionen<lb/> geschätzt. Uebrigens erscheint es als eine seltsame Begegnung des<lb/> Zufalls, daß das Schloß Frohsdorf seit einer Reihe von Jahren in<lb/> dem Besitze politischer Flüchtlinge ist, denn bald nach dem Zusam¬<lb/> mensturz des Napoleonischen Kaiserreiches wohnte in diesem Landschloß<lb/> die Gemahlin des erschossenen Königs Murat, die Schwester Napo¬<lb/> leons, und nach ihrem Tode ging die Besitzung mittelst Kauf in die<lb/> Hände des aus Nußland verbannten Generals Yermoloff über, der<lb/> es bis zu seinem Tode bewohnte, worauf es endlich von Herzog von<lb/> Blacas im Auftrage der ältern Linie des Hauses Bourbon erworben<lb/> wurde.</p><lb/> <p xml:id="ID_997" next="#ID_998"> Bekanntlich läßt der Fürst Lichtenstein sein in der innern Stadt<lb/> belegenes Palais seit einigen Jahren auf das prachtvollste herstellen<lb/> und durch geschmackvolle Zubauten ansehnlich vergrößern, so daß die¬<lb/> ser Palast nach seiner Vollendung leicht die glänzendste Behausung</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0368]
II
Aus Wien.
Hohe Heirathsangelegenheiten. — Palast d-s Fürsten Lichtenstein. — Anstal¬
ten für entlassene Sträflinge und für verwahrloste Kinder. — Graf Barth.
— Eine Begnadigung. —' David und Berlioz. — Musikfest in der Reit¬
schule. — Antigone. — or. Schmidt. — Levensmittelpreisc. — Tumult. —
Fremde.
Der Kaiser von Rußland wird am 20. December hier erwartet.
Es geht das Gerücht, als sei hinter dieser italienischen Reise noch
weit mehr verborgen, als man gleich Anfangs vermuthet hatte. Au¬
ßer einer persönlichen Besprechung mit dem heiligen Vater zur Schlich¬
tung der seit Jahren bestehenden Irrungen in Betreff der katholischen
Kirche im russischen Reiche sollen auch die religiösen Verhältnisse ge¬
ordnet werden zum Behufe einer Heirathsschließung der Großfürstin
Olga mit dem Erzherzoge Stephan, ein Lieblingsproject des russischen
Kaisers, das er noch keineswegs aufgegeben habe und dem er manche
Harte des Negierungssystems aufzuopfern bereit wäre. — Eine an¬
dere Hcirathsangclegenheit, welche dermalen die höhere Gesellschaft
beschäftigt und welche am 10. November auf dem Schlosse Frohsdorf
bei Wiener Neustadt geschlossen wurde, ist die Verbindung des Erb¬
prinzen von Lucca mit Mademoiselle de Rosily, Tochter der Herzogin
von Berry. Diese junge Dame wird als geistreich, aber auch als
Freundin der alten Hofetikette geschildert; sie ist älter als ihr Bräu¬
tigam und in vielen Kreisen will man in dieser Vermählung weniger
eine politische Bestrebung, als eine Nanglrung des durch mancherlei
Unfälle, namentlich durch die Veruntreuungen des Ritters von Ostini
zerrütteten herzoglichen Hausvermögens erblicken. Die Mitgift der
Braut, die das Gerücht hier auf 14 Millionen Franken angeschlagen,
wird von einem legitimistischen Blatte Frankreichs auf 7 Millionen
geschätzt. Uebrigens erscheint es als eine seltsame Begegnung des
Zufalls, daß das Schloß Frohsdorf seit einer Reihe von Jahren in
dem Besitze politischer Flüchtlinge ist, denn bald nach dem Zusam¬
mensturz des Napoleonischen Kaiserreiches wohnte in diesem Landschloß
die Gemahlin des erschossenen Königs Murat, die Schwester Napo¬
leons, und nach ihrem Tode ging die Besitzung mittelst Kauf in die
Hände des aus Nußland verbannten Generals Yermoloff über, der
es bis zu seinem Tode bewohnte, worauf es endlich von Herzog von
Blacas im Auftrage der ältern Linie des Hauses Bourbon erworben
wurde.
Bekanntlich läßt der Fürst Lichtenstein sein in der innern Stadt
belegenes Palais seit einigen Jahren auf das prachtvollste herstellen
und durch geschmackvolle Zubauten ansehnlich vergrößern, so daß die¬
ser Palast nach seiner Vollendung leicht die glänzendste Behausung
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