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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.

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zum Vorschein. Dies nur wollte man und die Einkerkerungen be¬
gannen. Ein fürchterliches Blutgericht wurde in Prag niedergesetzt,
bei welchem Fürst Karl von Lichtenstein den Vorsitz hatte; dieses
führte den Bluttag herbei, von welchem die Auszüge des alten, von
einem Zeitgenossen und Jeugen geschriebenen Büchleins, die wir hier
mittheilen, einen Begriff geben mögen." Darauf folgen diese Aus¬
züge, auf 79 Seiten, welche zuerst die Ergreifung und Jnquirirung
der Häupter der protestantisch-böhmischen Partei bis zum Todesur¬
theil schildern, ^worauf "folget, was am Montage, oder den 21.
Juni, als am Tage der Execution, mit denen Verurtheilten sich be¬
geben." -- Das Original der Schrift, von M. Rosacius, welchem
diese Auszüge entnommen sind, soll sich auf einer der Prager Klo¬
sterbibliotheken, als uinemn befinden, und natürlich lag es keines¬
wegs im katholischen Interesse, wohl auch kaum in dem Oesterreichs,
daß deren Inhalt veröffentlicht werde. --

Das "Buch für Winterabende," von M. Honeck, welches mit
1846 seinen fünften Jahrgang erlebt und aus seinem frühern Verlage
in den von Kius in Hannover überging, gestaltet sich vublicistisch
immer bedeutsamer. Bereits haben so viele Tagesblätter Auszüge
daraus gegeben, daß es wohl kaum mehr nöthig ist, seinen Charakter
und seine Haltung hier noch besonders darzustellen. Doch muß vor¬
zugsweise auf einige Artikel hingewiesen werden. Diese sind: K. An¬
dres "Einige Worte über die deutschen Auswanderungen"; M. Ho¬
neck "die preußische Werfassungsfrage und der rheinische Landtag," so
wie "die französischen Sparkassen und die hannoverschen Sparkas¬
sen," Oppenheim, "der Sundzoll"; "die Zukunft der deutschen Lei¬
nenindustrie."

-- Gleichzeitig mit Fallmeraners "Fragmenten aus dem Orient" auf¬
tretend, hat die "Reise in den Orient" von Constantin Tischendorf,
wenn auch ganz andere Landstriche als jene berührend, einen schwie¬
rigen Stand. Sie macht jedoch auch weit weniger Ansprüche auf
literarische Bedeutsamkeit als jene. Der Versasser sagt selbst, es sei
ihm nur darum zu thun gewesen, die äußern Anschauungen, welche
er im Orient gewonnen, in eine bestimmte Form zu bleibender Er¬
innerung zu kleiden. Wir dürfen daher wohl mancherlei Natur-,
Sitten- und Menschenschilderungen erwarten, jedoch kaum auf eine
tiefer eingreifende Auffassung der begegnenden Zustände und Verhält¬
nisse rechnen, müssen aber das Buch immerhin als ein schönes Zei¬
chen unserer Zeit begrüßen, in welcher selbst der strenge Gelehrte des
nicht facultatwissenschaftlichen Interesses genug findet, um daraus ein
dem größern Publicum und der leichtern Lectüre gewidmetes Werk
in eleganter und gewandter Form zusammenzustellen. Aus dem In-


zum Vorschein. Dies nur wollte man und die Einkerkerungen be¬
gannen. Ein fürchterliches Blutgericht wurde in Prag niedergesetzt,
bei welchem Fürst Karl von Lichtenstein den Vorsitz hatte; dieses
führte den Bluttag herbei, von welchem die Auszüge des alten, von
einem Zeitgenossen und Jeugen geschriebenen Büchleins, die wir hier
mittheilen, einen Begriff geben mögen." Darauf folgen diese Aus¬
züge, auf 79 Seiten, welche zuerst die Ergreifung und Jnquirirung
der Häupter der protestantisch-böhmischen Partei bis zum Todesur¬
theil schildern, ^worauf „folget, was am Montage, oder den 21.
Juni, als am Tage der Execution, mit denen Verurtheilten sich be¬
geben." — Das Original der Schrift, von M. Rosacius, welchem
diese Auszüge entnommen sind, soll sich auf einer der Prager Klo¬
sterbibliotheken, als uinemn befinden, und natürlich lag es keines¬
wegs im katholischen Interesse, wohl auch kaum in dem Oesterreichs,
daß deren Inhalt veröffentlicht werde. —

Das „Buch für Winterabende," von M. Honeck, welches mit
1846 seinen fünften Jahrgang erlebt und aus seinem frühern Verlage
in den von Kius in Hannover überging, gestaltet sich vublicistisch
immer bedeutsamer. Bereits haben so viele Tagesblätter Auszüge
daraus gegeben, daß es wohl kaum mehr nöthig ist, seinen Charakter
und seine Haltung hier noch besonders darzustellen. Doch muß vor¬
zugsweise auf einige Artikel hingewiesen werden. Diese sind: K. An¬
dres „Einige Worte über die deutschen Auswanderungen"; M. Ho¬
neck „die preußische Werfassungsfrage und der rheinische Landtag," so
wie „die französischen Sparkassen und die hannoverschen Sparkas¬
sen," Oppenheim, „der Sundzoll"; „die Zukunft der deutschen Lei¬
nenindustrie."

— Gleichzeitig mit Fallmeraners „Fragmenten aus dem Orient" auf¬
tretend, hat die „Reise in den Orient" von Constantin Tischendorf,
wenn auch ganz andere Landstriche als jene berührend, einen schwie¬
rigen Stand. Sie macht jedoch auch weit weniger Ansprüche auf
literarische Bedeutsamkeit als jene. Der Versasser sagt selbst, es sei
ihm nur darum zu thun gewesen, die äußern Anschauungen, welche
er im Orient gewonnen, in eine bestimmte Form zu bleibender Er¬
innerung zu kleiden. Wir dürfen daher wohl mancherlei Natur-,
Sitten- und Menschenschilderungen erwarten, jedoch kaum auf eine
tiefer eingreifende Auffassung der begegnenden Zustände und Verhält¬
nisse rechnen, müssen aber das Buch immerhin als ein schönes Zei¬
chen unserer Zeit begrüßen, in welcher selbst der strenge Gelehrte des
nicht facultatwissenschaftlichen Interesses genug findet, um daraus ein
dem größern Publicum und der leichtern Lectüre gewidmetes Werk
in eleganter und gewandter Form zusammenzustellen. Aus dem In-


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[0335] zum Vorschein. Dies nur wollte man und die Einkerkerungen be¬ gannen. Ein fürchterliches Blutgericht wurde in Prag niedergesetzt, bei welchem Fürst Karl von Lichtenstein den Vorsitz hatte; dieses führte den Bluttag herbei, von welchem die Auszüge des alten, von einem Zeitgenossen und Jeugen geschriebenen Büchleins, die wir hier mittheilen, einen Begriff geben mögen." Darauf folgen diese Aus¬ züge, auf 79 Seiten, welche zuerst die Ergreifung und Jnquirirung der Häupter der protestantisch-böhmischen Partei bis zum Todesur¬ theil schildern, ^worauf „folget, was am Montage, oder den 21. Juni, als am Tage der Execution, mit denen Verurtheilten sich be¬ geben." — Das Original der Schrift, von M. Rosacius, welchem diese Auszüge entnommen sind, soll sich auf einer der Prager Klo¬ sterbibliotheken, als uinemn befinden, und natürlich lag es keines¬ wegs im katholischen Interesse, wohl auch kaum in dem Oesterreichs, daß deren Inhalt veröffentlicht werde. — Das „Buch für Winterabende," von M. Honeck, welches mit 1846 seinen fünften Jahrgang erlebt und aus seinem frühern Verlage in den von Kius in Hannover überging, gestaltet sich vublicistisch immer bedeutsamer. Bereits haben so viele Tagesblätter Auszüge daraus gegeben, daß es wohl kaum mehr nöthig ist, seinen Charakter und seine Haltung hier noch besonders darzustellen. Doch muß vor¬ zugsweise auf einige Artikel hingewiesen werden. Diese sind: K. An¬ dres „Einige Worte über die deutschen Auswanderungen"; M. Ho¬ neck „die preußische Werfassungsfrage und der rheinische Landtag," so wie „die französischen Sparkassen und die hannoverschen Sparkas¬ sen," Oppenheim, „der Sundzoll"; „die Zukunft der deutschen Lei¬ nenindustrie." — Gleichzeitig mit Fallmeraners „Fragmenten aus dem Orient" auf¬ tretend, hat die „Reise in den Orient" von Constantin Tischendorf, wenn auch ganz andere Landstriche als jene berührend, einen schwie¬ rigen Stand. Sie macht jedoch auch weit weniger Ansprüche auf literarische Bedeutsamkeit als jene. Der Versasser sagt selbst, es sei ihm nur darum zu thun gewesen, die äußern Anschauungen, welche er im Orient gewonnen, in eine bestimmte Form zu bleibender Er¬ innerung zu kleiden. Wir dürfen daher wohl mancherlei Natur-, Sitten- und Menschenschilderungen erwarten, jedoch kaum auf eine tiefer eingreifende Auffassung der begegnenden Zustände und Verhält¬ nisse rechnen, müssen aber das Buch immerhin als ein schönes Zei¬ chen unserer Zeit begrüßen, in welcher selbst der strenge Gelehrte des nicht facultatwissenschaftlichen Interesses genug findet, um daraus ein dem größern Publicum und der leichtern Lectüre gewidmetes Werk in eleganter und gewandter Form zusammenzustellen. Aus dem In-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/335>, abgerufen am 05.02.2025.