Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.ringert und der Laib Commißbrod der Soldaten, welches vordem um Bedeutendes Aufsehen macht ein Schreiben, welches der Hofkam- ringert und der Laib Commißbrod der Soldaten, welches vordem um Bedeutendes Aufsehen macht ein Schreiben, welches der Hofkam- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0281" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/271542"/> <p xml:id="ID_802" prev="#ID_801"> ringert und der Laib Commißbrod der Soldaten, welches vordem um<lb/> einen Groschen W. W. hintangegeben ward, wird jetzt von den Ar¬<lb/> beitern mit 2V Kreuzer W. W. bezahlt und die Kasernhöfe wimmeln<lb/> an den Tagen, wo das Militär sein Brod erhalt, von Weibern und<lb/> Kindern, welche insgesammt froh sind, um diesen Preis das Com¬<lb/> mißbrod zu bekommen. Unter diesen Umstanden hört man, daß der<lb/> Bäckerinnung in Berücksichtigung der schlimmen Zeitverhältnisse ein<lb/> Geldvorschuß von 100,00V Gulden C. M. zu Theil werden solle, da<lb/> sie auf das Beispiel der Fleischerzunft hinwies, die einer ähnlichen Be¬<lb/> günstigung seit Langem würdig befunden worden ist. Hatte man<lb/> demnach auf den Versuch, auf Herabdrückung der Preise mittelst Auf¬<lb/> hebung des den Metzgern und Bäckern ertheilten Monopols hinzuwir¬<lb/> ken, verzichtet? Die zweckmäßigste Art augenblicklich das Mehl wohl¬<lb/> feiler zu machen, möchte die zeitweilige Aufhebung der auf diesem Ar¬<lb/> tikel lastenden Accise sein und die Außerkraftsetzung des zwischen den<lb/> deutschen Erbländern und dem Königreiche Ungarn bestehenden Ein¬<lb/> fuhrzolles; doch mag man mit Recht Bedenken tragen, ein Beispiel<lb/> dieser Möglichkeit zu geben und die öffentliche Aufmerksamkeit auf<lb/> diese wunde Seite hinzulenken. — Daß die Besorgnisse für den her¬<lb/> einbrechenden Winter keine übertriebenen sind, beweist wohl die Vor¬<lb/> sorge der Regierung, welche auch zugleich an die Organisirung der<lb/> Widerstandsmittel denkt, wodurch ein Aufbrausen der Volksnoth im<lb/> dringendsten Falle durch bewaffnete Macht unschädlich gemacht werden<lb/> soll. Die Artilleriemannschaften haben zu diesem Zweck je 100 Mann<lb/> 75 Feuergewehre erhalten, um mit denselben die Wachen beziehen und<lb/> den Patrouillendienst versehen zu helfen.</p><lb/> <p xml:id="ID_803" next="#ID_804"> Bedeutendes Aufsehen macht ein Schreiben, welches der Hofkam-<lb/> merprasident Baron Kübeck an die Börse gerichtet hat, welcher für<lb/> die Zukunft mit strenger Untersuchung und scharfer Ahndung gegen<lb/> die gewissenlosen und gelbsüchtigen Verbreiter unwahrer Nachrichten<lb/> gedroht wird. Kaum war nemlich der Geldklemme, die gegenwartig<lb/> in ganz Europa herrscht, auf Anrathen des Hofkammerpräsidenten<lb/> durch einen Vorschuß von ein paar Millionen begegnet worden, so<lb/> verfiel die auf Baisse speculirende Clique auch schon aus ein anderes<lb/> Mittel, um neuerdings einen Sturm heraufzuführen, der es ihr mög.<lb/> lich gemacht hatte, im Trüben zu fischen, indem sie die Kunde vom<lb/> Tode des Königs der Franzosen aussprengte. Auf dieses Manöver<lb/> erfolgte das erwähnte Amtsschreiber des Finanzministers, das die be¬<lb/> absichtigte Wirkung that und von welchem man nur hoffen möchte,<lb/> daß es auch in Zukunft beitrage, das ehrlose Gesindel, welches un¬<lb/> sere Börse belästigt, zu zügeln. Die Schwindelgeschäste unserer Börse<lb/> sind so ekelerregend und der moralische Austand der hiesigen Spekulan¬<lb/> ten so versunken, daß man manchmal an dem Gedanken Gefallen finden<lb/> könnte, den Zutritt zur Börse, wie vor dem Einrücken der Franzosen im</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0281]
ringert und der Laib Commißbrod der Soldaten, welches vordem um
einen Groschen W. W. hintangegeben ward, wird jetzt von den Ar¬
beitern mit 2V Kreuzer W. W. bezahlt und die Kasernhöfe wimmeln
an den Tagen, wo das Militär sein Brod erhalt, von Weibern und
Kindern, welche insgesammt froh sind, um diesen Preis das Com¬
mißbrod zu bekommen. Unter diesen Umstanden hört man, daß der
Bäckerinnung in Berücksichtigung der schlimmen Zeitverhältnisse ein
Geldvorschuß von 100,00V Gulden C. M. zu Theil werden solle, da
sie auf das Beispiel der Fleischerzunft hinwies, die einer ähnlichen Be¬
günstigung seit Langem würdig befunden worden ist. Hatte man
demnach auf den Versuch, auf Herabdrückung der Preise mittelst Auf¬
hebung des den Metzgern und Bäckern ertheilten Monopols hinzuwir¬
ken, verzichtet? Die zweckmäßigste Art augenblicklich das Mehl wohl¬
feiler zu machen, möchte die zeitweilige Aufhebung der auf diesem Ar¬
tikel lastenden Accise sein und die Außerkraftsetzung des zwischen den
deutschen Erbländern und dem Königreiche Ungarn bestehenden Ein¬
fuhrzolles; doch mag man mit Recht Bedenken tragen, ein Beispiel
dieser Möglichkeit zu geben und die öffentliche Aufmerksamkeit auf
diese wunde Seite hinzulenken. — Daß die Besorgnisse für den her¬
einbrechenden Winter keine übertriebenen sind, beweist wohl die Vor¬
sorge der Regierung, welche auch zugleich an die Organisirung der
Widerstandsmittel denkt, wodurch ein Aufbrausen der Volksnoth im
dringendsten Falle durch bewaffnete Macht unschädlich gemacht werden
soll. Die Artilleriemannschaften haben zu diesem Zweck je 100 Mann
75 Feuergewehre erhalten, um mit denselben die Wachen beziehen und
den Patrouillendienst versehen zu helfen.
Bedeutendes Aufsehen macht ein Schreiben, welches der Hofkam-
merprasident Baron Kübeck an die Börse gerichtet hat, welcher für
die Zukunft mit strenger Untersuchung und scharfer Ahndung gegen
die gewissenlosen und gelbsüchtigen Verbreiter unwahrer Nachrichten
gedroht wird. Kaum war nemlich der Geldklemme, die gegenwartig
in ganz Europa herrscht, auf Anrathen des Hofkammerpräsidenten
durch einen Vorschuß von ein paar Millionen begegnet worden, so
verfiel die auf Baisse speculirende Clique auch schon aus ein anderes
Mittel, um neuerdings einen Sturm heraufzuführen, der es ihr mög.
lich gemacht hatte, im Trüben zu fischen, indem sie die Kunde vom
Tode des Königs der Franzosen aussprengte. Auf dieses Manöver
erfolgte das erwähnte Amtsschreiber des Finanzministers, das die be¬
absichtigte Wirkung that und von welchem man nur hoffen möchte,
daß es auch in Zukunft beitrage, das ehrlose Gesindel, welches un¬
sere Börse belästigt, zu zügeln. Die Schwindelgeschäste unserer Börse
sind so ekelerregend und der moralische Austand der hiesigen Spekulan¬
ten so versunken, daß man manchmal an dem Gedanken Gefallen finden
könnte, den Zutritt zur Börse, wie vor dem Einrücken der Franzosen im
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |