Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.,ab Schwert und säen keinen Zank und Streit unter die Menschen. Bei der Erinnerung an meine guten Eltern schwand ein Theil Die nächsten Tage vergingen in lauter geistlichen Betrachtungen. Grenzten I8in. IV. 26
,ab Schwert und säen keinen Zank und Streit unter die Menschen. Bei der Erinnerung an meine guten Eltern schwand ein Theil Die nächsten Tage vergingen in lauter geistlichen Betrachtungen. Grenzten I8in. IV. 26
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,ab Schwert und säen keinen Zank und Streit unter die Menschen.
Mein Sohn, den ich Ihnen gestern zur Unterhaltung sandte, hat sich
in seinem frommen Eifer nur etwas vergessen und zu harte Aus¬
drücke gewählt. Sie dagegen bringen aus Deutschland noch zu frei¬
sinnige Ideen mit sich. Da sind sich natürlich zwei Gegenpole un¬
freundlich genaht. Das legt sich Alles mit der Zeit. Werden Sie
nur fromm und beten Sie fleißig, daß der Herr Ihnen das wahre
Licht des Glaubens sende. Ich begreife Ihre Aufregung wohl, und
zürne Ihnen deshalb auch gar nicht. Sie haben ja noch keine ächt
christliche Erziehung genossen. So bald Sie nur kurze Zeit nach
unsern Hausregeln leben, werden Sie schon das Unnöthige und
Schädliche aller der Wissenschaften erkennen, die Sie jetzt ungern
vermissen. Und wenn Sie mir auch jetzt gleich entlaufen wollten,
so dürfte ich Sie nicht gehen lassen. Sie sind nur mit ausdrücklicher
Erlaubniß der Eltern und Vorgesetzten in unsere Mitte aufgenommen
worden, und dürfen nur mit ihrer Einwilligung wieder von uns
entlassen werden. Diese einzuholen, braucht es einige Wochen. Weil
Sie daher jedenfalls so lange ausharren müßten, so bleiben Sie
lieber freiwillig auf Probe. Machen Sie Ihren lieben Eltern keinen
unnöthiqen Kummer. Es ist ein verdienstliches Werk, und Sie wer¬
den bald einsehen, wie sehr ich nur Ihr zeitliches und ewiges Heil
will, mein liebes Kind!"
Bei der Erinnerung an meine guten Eltern schwand ein Theil
deS Grolls. Ihnen zu Lieb war ich zu einem Opfer bereit. Auch
stand ja für die nächste Zeit nun keine Wahl mehr in meiner Macht.
Mein Gepäck, mein Reisegeld lag^ in den Händen der Jesuiten. Die
Thüre des Collegs war fest verschlossen und bewacht. Wer sollte
sich unter solchen Auspicien nicht gern zu einer freiwilligen Probe
bequemen? Auch der Gefangene bleibt im Kerker, bis der Wächter
die Fesseln löst und sagt: „Jetzt ist's erlaubt zu gehen!"
Die nächsten Tage vergingen in lauter geistlichen Betrachtungen.
Ich sprach während derselben, der gegebenen Weisung gemäß, nicht
ein Wort, hörte viel predigen von Tod und Gericht, von ewigen
Freuden und ewigen Martern, vom Fegefeuer und von der Jung¬
frau Maria, vom heil. Ignatius und heil. Aloysius, von Neliauim
und von Wundern, vom heil. Carl Borromäus, der Abtödtung alles
Fleisches und noch tausend andern Abtödtungen, wobei mir's angst
Grenzten I8in. IV. 26
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