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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.

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der ehrwürdigen Väter in den Grundsätzen deS allein wahren Glau¬
bens erzogen, und dann als Weltpriester zurückgeschickt werden soll¬
ten in die Heimat, um die Treuen zu stärken, und die Abtrünnigen
wieder zurück zu führen zum Heil. Papst Julius III. und die Car¬
dinäle unterstützten das gottgefällige Werk durch hohe Privilegien
und reiche Geldgeschenke. Kaiser Ferdinand und der Baierherzog
Albert wurden bald thätige Gönner des Collegs. Gregors XIII.
Munificenz erhob es zu einer Höhe, die in den Diözesen Mainz,
Trier, in Baiern und Oesterreich die schönsten Früchte trug. Viele
Zöglinge stiegen in hohe Aemter empor, sowohl aus der Zahl der
deutschen Alumnen, als aus den beigesellten Convicturen, welche die
Söhne reicher und adeliger Familien aus allen Theilen Europa's
bildeten. Einer davon wurde Papst, nämlich Gregor XV., 22 wur¬
den Cardinäle, 6 Erzkanzler des römischen Reiches, 21 Erzbischöfe
und Primates, 135 Bischöfe, 124 Suffraganbischöfe, 84 sind als
gelehrte Verfechter unserer heiligen Religion in der Geschichte be¬
kannt, und 24 starben in ihrem Apostelberuf als Märtyrer. Nach
den Zeiten Gregors sank auch die Bedeutung und Wirkung der An¬
stalt allmählig, und bestand seit 1773 bis 1814 kaum dem Namen
nach. Während dieser Zeit war nämlich die Stütze des Katholicis¬
mus, der Jesuitenorden, durch eine unselige Bulle des Papstes Cle¬
mens XIV. aufgehoben. Sobald im Jahre 1814 Seine Heiligkeit,
der selige Papst Plus VII. durch die berühmte Bulle Solllcitullo
omniiim iniinmrmn die ehrwürdigen Väter wieder in ihre Rechte
erhoben, warfen diese auch alsobald wieder ihren väterlichen Blick auf
das verwaisete Deutschland, das ihrem christlichen Sinne am Herzen lag.
Aber das Werk war jetzt schwer. Theils fehlte es an Einkünften,
die im Lauf der Zeiten verloren gegangen, theils ist auch Deutsch¬
land jetzt schwieriger als je geworden. Doch Gott ist mit uns,
wie ehemals. Das Vermögen der Anstalt mehrt sich täglich wieder;
und haben wir auch noch nicht die alten Reichthümer und den alten
Einfluß, so besitzen wir doch den alten Geist, die alte Mission und
die Regeln des heil. Ignatius. Jeder von uns trachtet nach seinen
Kräften, einen Stein zum neuen Bau zu schaffen. Noch ist die Zeit
zu kurz, um schon reife Früchte zu sehen. Aber die Anfänge ermu-
thigen. Jakob Fontana aus Lausanne, der erste Zögling des neu
hergestellten Collegs, erhob als Coadjutor der Pfarre in Bern bereits


Grciizbotcn, I8is. IV. 2A

der ehrwürdigen Väter in den Grundsätzen deS allein wahren Glau¬
bens erzogen, und dann als Weltpriester zurückgeschickt werden soll¬
ten in die Heimat, um die Treuen zu stärken, und die Abtrünnigen
wieder zurück zu führen zum Heil. Papst Julius III. und die Car¬
dinäle unterstützten das gottgefällige Werk durch hohe Privilegien
und reiche Geldgeschenke. Kaiser Ferdinand und der Baierherzog
Albert wurden bald thätige Gönner des Collegs. Gregors XIII.
Munificenz erhob es zu einer Höhe, die in den Diözesen Mainz,
Trier, in Baiern und Oesterreich die schönsten Früchte trug. Viele
Zöglinge stiegen in hohe Aemter empor, sowohl aus der Zahl der
deutschen Alumnen, als aus den beigesellten Convicturen, welche die
Söhne reicher und adeliger Familien aus allen Theilen Europa's
bildeten. Einer davon wurde Papst, nämlich Gregor XV., 22 wur¬
den Cardinäle, 6 Erzkanzler des römischen Reiches, 21 Erzbischöfe
und Primates, 135 Bischöfe, 124 Suffraganbischöfe, 84 sind als
gelehrte Verfechter unserer heiligen Religion in der Geschichte be¬
kannt, und 24 starben in ihrem Apostelberuf als Märtyrer. Nach
den Zeiten Gregors sank auch die Bedeutung und Wirkung der An¬
stalt allmählig, und bestand seit 1773 bis 1814 kaum dem Namen
nach. Während dieser Zeit war nämlich die Stütze des Katholicis¬
mus, der Jesuitenorden, durch eine unselige Bulle des Papstes Cle¬
mens XIV. aufgehoben. Sobald im Jahre 1814 Seine Heiligkeit,
der selige Papst Plus VII. durch die berühmte Bulle Solllcitullo
omniiim iniinmrmn die ehrwürdigen Väter wieder in ihre Rechte
erhoben, warfen diese auch alsobald wieder ihren väterlichen Blick auf
das verwaisete Deutschland, das ihrem christlichen Sinne am Herzen lag.
Aber das Werk war jetzt schwer. Theils fehlte es an Einkünften,
die im Lauf der Zeiten verloren gegangen, theils ist auch Deutsch¬
land jetzt schwieriger als je geworden. Doch Gott ist mit uns,
wie ehemals. Das Vermögen der Anstalt mehrt sich täglich wieder;
und haben wir auch noch nicht die alten Reichthümer und den alten
Einfluß, so besitzen wir doch den alten Geist, die alte Mission und
die Regeln des heil. Ignatius. Jeder von uns trachtet nach seinen
Kräften, einen Stein zum neuen Bau zu schaffen. Noch ist die Zeit
zu kurz, um schon reife Früchte zu sehen. Aber die Anfänge ermu-
thigen. Jakob Fontana aus Lausanne, der erste Zögling des neu
hergestellten Collegs, erhob als Coadjutor der Pfarre in Bern bereits


Grciizbotcn, I8is. IV. 2A
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[0201] der ehrwürdigen Väter in den Grundsätzen deS allein wahren Glau¬ bens erzogen, und dann als Weltpriester zurückgeschickt werden soll¬ ten in die Heimat, um die Treuen zu stärken, und die Abtrünnigen wieder zurück zu führen zum Heil. Papst Julius III. und die Car¬ dinäle unterstützten das gottgefällige Werk durch hohe Privilegien und reiche Geldgeschenke. Kaiser Ferdinand und der Baierherzog Albert wurden bald thätige Gönner des Collegs. Gregors XIII. Munificenz erhob es zu einer Höhe, die in den Diözesen Mainz, Trier, in Baiern und Oesterreich die schönsten Früchte trug. Viele Zöglinge stiegen in hohe Aemter empor, sowohl aus der Zahl der deutschen Alumnen, als aus den beigesellten Convicturen, welche die Söhne reicher und adeliger Familien aus allen Theilen Europa's bildeten. Einer davon wurde Papst, nämlich Gregor XV., 22 wur¬ den Cardinäle, 6 Erzkanzler des römischen Reiches, 21 Erzbischöfe und Primates, 135 Bischöfe, 124 Suffraganbischöfe, 84 sind als gelehrte Verfechter unserer heiligen Religion in der Geschichte be¬ kannt, und 24 starben in ihrem Apostelberuf als Märtyrer. Nach den Zeiten Gregors sank auch die Bedeutung und Wirkung der An¬ stalt allmählig, und bestand seit 1773 bis 1814 kaum dem Namen nach. Während dieser Zeit war nämlich die Stütze des Katholicis¬ mus, der Jesuitenorden, durch eine unselige Bulle des Papstes Cle¬ mens XIV. aufgehoben. Sobald im Jahre 1814 Seine Heiligkeit, der selige Papst Plus VII. durch die berühmte Bulle Solllcitullo omniiim iniinmrmn die ehrwürdigen Väter wieder in ihre Rechte erhoben, warfen diese auch alsobald wieder ihren väterlichen Blick auf das verwaisete Deutschland, das ihrem christlichen Sinne am Herzen lag. Aber das Werk war jetzt schwer. Theils fehlte es an Einkünften, die im Lauf der Zeiten verloren gegangen, theils ist auch Deutsch¬ land jetzt schwieriger als je geworden. Doch Gott ist mit uns, wie ehemals. Das Vermögen der Anstalt mehrt sich täglich wieder; und haben wir auch noch nicht die alten Reichthümer und den alten Einfluß, so besitzen wir doch den alten Geist, die alte Mission und die Regeln des heil. Ignatius. Jeder von uns trachtet nach seinen Kräften, einen Stein zum neuen Bau zu schaffen. Noch ist die Zeit zu kurz, um schon reife Früchte zu sehen. Aber die Anfänge ermu- thigen. Jakob Fontana aus Lausanne, der erste Zögling des neu hergestellten Collegs, erhob als Coadjutor der Pfarre in Bern bereits Grciizbotcn, I8is. IV. 2A

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/201>, abgerufen am 05.02.2025.