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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.

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Es war die weltberühmte turuf lui-c-" deö Nero, zu deren
Erbauung er die ganze Provinz Achaia geplündert.

"Und die drei Bogen nach einander?" fing ich wieder an.

"Alles Denkmale der Heidenzeit," lautete die Antwort.

Ich hatte auf die bekannte" Triumphbogen des Titus, Severus
und Constantin M. gezeigt.

"Aber diese dreifach gewölbte Mauer und dort die sechs Säu¬
len vor uns?" begann ich nochmals.

"Nur Ueberbleibsel der alten Heiden," wiederholte mein Be¬
gleiter.

Es war der sogenannte 1?vin>"i<> äellil ^ane und der Jupiter¬
tempel.

Daß die Zöglinge weder Archäologie noch Philologie trieben,
ungeachtet sie bei jedem Schritte über das Material stolpern, das
wußte ich leider nun zu gut. Auch sah ich jetzt schon wohl ein,
wie wenig die geistige Richtung meiner Umgebung geeignet sei, einem
solchen irdischen Tand noch einiges Interesse abzugewinnen. Die
zerfallenen Gemäuer, Bogen, Säulen und Tempelruinen rings herum
glotzten mich in dieser Gesellschaft an wie gebeugte Tyrannen, und
lispelten düster und leise in der säuselnden Abendluft: "Wehe dir,
wenn du lüstern herüberschaust auf uns stummen Kolosse der alten
Heidenzeit! Unser Anblick ist verführerisch. Auch wir herrschten
einst allgewaltig, und sind dennoch gestürzt."

Mit mir selbst entzweit, wankte ich an der Seite meiner neuen
Brüder über das Forum hin, auf dein einst das Schicksal der Na¬
tionen sich entschied, und jetzt -- der römische Biehmarkt gehalten
wird!

Beim Eintritt in'ö Colleg that jeder Zögling, wie der Pförtner,
der mir zuerst dessen Thüre geöffnet. Nun ging's hinauf in die
Hauskapelle zum Gebet. Ich war als Gast davon dispensirt, und
der Pater Rector führte mich freundlich auf mein Zimmer, indem
er sich sorgfältig nach Allem erkundigte, was ich in 8. 8-et>a ge¬
macht, gesehen und empfunden.


III.

Das Abendessen, zu dem mir zwei neue Ankömmlinge, ein
Nhetnpreuße und ein Hannoveraner, nebst einem ältern, bereits zum


Es war die weltberühmte turuf lui-c-» deö Nero, zu deren
Erbauung er die ganze Provinz Achaia geplündert.

„Und die drei Bogen nach einander?" fing ich wieder an.

„Alles Denkmale der Heidenzeit," lautete die Antwort.

Ich hatte auf die bekannte» Triumphbogen des Titus, Severus
und Constantin M. gezeigt.

„Aber diese dreifach gewölbte Mauer und dort die sechs Säu¬
len vor uns?" begann ich nochmals.

„Nur Ueberbleibsel der alten Heiden," wiederholte mein Be¬
gleiter.

Es war der sogenannte 1?vin>»i<> äellil ^ane und der Jupiter¬
tempel.

Daß die Zöglinge weder Archäologie noch Philologie trieben,
ungeachtet sie bei jedem Schritte über das Material stolpern, das
wußte ich leider nun zu gut. Auch sah ich jetzt schon wohl ein,
wie wenig die geistige Richtung meiner Umgebung geeignet sei, einem
solchen irdischen Tand noch einiges Interesse abzugewinnen. Die
zerfallenen Gemäuer, Bogen, Säulen und Tempelruinen rings herum
glotzten mich in dieser Gesellschaft an wie gebeugte Tyrannen, und
lispelten düster und leise in der säuselnden Abendluft: „Wehe dir,
wenn du lüstern herüberschaust auf uns stummen Kolosse der alten
Heidenzeit! Unser Anblick ist verführerisch. Auch wir herrschten
einst allgewaltig, und sind dennoch gestürzt."

Mit mir selbst entzweit, wankte ich an der Seite meiner neuen
Brüder über das Forum hin, auf dein einst das Schicksal der Na¬
tionen sich entschied, und jetzt — der römische Biehmarkt gehalten
wird!

Beim Eintritt in'ö Colleg that jeder Zögling, wie der Pförtner,
der mir zuerst dessen Thüre geöffnet. Nun ging's hinauf in die
Hauskapelle zum Gebet. Ich war als Gast davon dispensirt, und
der Pater Rector führte mich freundlich auf mein Zimmer, indem
er sich sorgfältig nach Allem erkundigte, was ich in 8. 8-et>a ge¬
macht, gesehen und empfunden.


III.

Das Abendessen, zu dem mir zwei neue Ankömmlinge, ein
Nhetnpreuße und ein Hannoveraner, nebst einem ältern, bereits zum


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[0198] Es war die weltberühmte turuf lui-c-» deö Nero, zu deren Erbauung er die ganze Provinz Achaia geplündert. „Und die drei Bogen nach einander?" fing ich wieder an. „Alles Denkmale der Heidenzeit," lautete die Antwort. Ich hatte auf die bekannte» Triumphbogen des Titus, Severus und Constantin M. gezeigt. „Aber diese dreifach gewölbte Mauer und dort die sechs Säu¬ len vor uns?" begann ich nochmals. „Nur Ueberbleibsel der alten Heiden," wiederholte mein Be¬ gleiter. Es war der sogenannte 1?vin>»i<> äellil ^ane und der Jupiter¬ tempel. Daß die Zöglinge weder Archäologie noch Philologie trieben, ungeachtet sie bei jedem Schritte über das Material stolpern, das wußte ich leider nun zu gut. Auch sah ich jetzt schon wohl ein, wie wenig die geistige Richtung meiner Umgebung geeignet sei, einem solchen irdischen Tand noch einiges Interesse abzugewinnen. Die zerfallenen Gemäuer, Bogen, Säulen und Tempelruinen rings herum glotzten mich in dieser Gesellschaft an wie gebeugte Tyrannen, und lispelten düster und leise in der säuselnden Abendluft: „Wehe dir, wenn du lüstern herüberschaust auf uns stummen Kolosse der alten Heidenzeit! Unser Anblick ist verführerisch. Auch wir herrschten einst allgewaltig, und sind dennoch gestürzt." Mit mir selbst entzweit, wankte ich an der Seite meiner neuen Brüder über das Forum hin, auf dein einst das Schicksal der Na¬ tionen sich entschied, und jetzt — der römische Biehmarkt gehalten wird! Beim Eintritt in'ö Colleg that jeder Zögling, wie der Pförtner, der mir zuerst dessen Thüre geöffnet. Nun ging's hinauf in die Hauskapelle zum Gebet. Ich war als Gast davon dispensirt, und der Pater Rector führte mich freundlich auf mein Zimmer, indem er sich sorgfältig nach Allem erkundigte, was ich in 8. 8-et>a ge¬ macht, gesehen und empfunden. III. Das Abendessen, zu dem mir zwei neue Ankömmlinge, ein Nhetnpreuße und ein Hannoveraner, nebst einem ältern, bereits zum

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/198>, abgerufen am 05.02.2025.