Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.Fabrikanlagen, allein zu großer Aufwand und vielleicht auch unglück¬ Da ich schon einmal von Falschmünzern rede, so sei es mir er¬ Fabrikanlagen, allein zu großer Aufwand und vielleicht auch unglück¬ Da ich schon einmal von Falschmünzern rede, so sei es mir er¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0190" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/271451"/> <p xml:id="ID_492" prev="#ID_491"> Fabrikanlagen, allein zu großer Aufwand und vielleicht auch unglück¬<lb/> liche Spekulationen rissen ihn in Schulden, so daß seine Besitzungen<lb/> unter gerichtlichen Sequester gestellt werden mußten. In dieser Lage<lb/> scheint er sich durch ein kühnes Wagstück haben retten zu wollen, und<lb/> er wie mehrere Andere sind um das Verfälschen öffentlicher Credits¬<lb/> papiere eingezogen worden. Unter den Mitschuldigen nennt man auch<lb/> den Kassirer eines Bankhauses, der die falschen Banknoten recht ge¬<lb/> schickt unter die echten in der von ihm verwalteten Kasse zu mischen<lb/> verstand, wie denn überhaupt der Betrug aus sehr feine und beson¬<lb/> nene Weise betrieben wurde, und man den Fabrikaten durch einen<lb/> besonders bereiteten Schaum ein künstliches altes und abgenutztes<lb/> Aussehen zu verschaffen wußte, das sie gegen nähere Beaugenscheinigung<lb/> sicher stellte. Wie man erzählt, hat die Gattin des verhafteten Ritter v.B.<lb/> den Versuch gemacht, sich das Leben zu nehmen; jedenfalls ist die<lb/> Chronique fcandaleuse um einen Stoff reicher geworden, den sie nicht<lb/> so bald wird fahren lassen wollen.</p><lb/> <p xml:id="ID_493" next="#ID_494"> Da ich schon einmal von Falschmünzern rede, so sei es mir er¬<lb/> laubt, zwei andere Fälle zu erzählen, die sich im verflossenen Winter<lb/> zutrugen und damals Aufsehen erregten. Der erste betrifft einen<lb/> jungen Beamten der stebenbürgischen Hofkanzlei, 'der sich durch seine<lb/> luxuriöse Lebensweise verdächtig machte und Abends im Bolksgarten<lb/> unter einer Menge Menschen verhaftet wurde, als er eben bei einer<lb/> Tasse Eis saß und den Musi'Mängen von Straußens Orchester lauschte.<lb/> Der andere ist weit verwickelter und paßt ganz für ein Lustspiel. Ein<lb/> Gauner aus Berlin ging ins Burgtheater und nahm seinen Platz im<lb/> Parterre, wo ihn eine reiche Beute erwartete. Nach wenig Minuten<lb/> hatte er auch schon durch seine meisterhafte Fingerfertigkeit sich in<lb/> den Besitz einer wohlgefüllten Brieftasche gesetzt, mit der er sich schnell<lb/> aus dem Staube machte und das Ende des Stückes nicht abwarten<lb/> mochte. Er begab sich ganz wohlgemut!) in das sehr nahe gelegene<lb/> Dann'sche Kaffeehaus auf dem Kohlmarkte und bezahlte dort be¬<lb/> reits mit dem Inhalte der gestohlenen Brieftasche; doch wer beschreibt<lb/> den Schreck des Spitzbuben, als ihn auf die Anzeige des Kaffecwir-<lb/> thes sogleich ein anwesender Polizeikommissar arretirt. Anfangs glaubt<lb/> er natürlich, man habe seinen Diebstahl entdeckt, doch seine Beäng¬<lb/> stigung steigt, als er erfährt, er werde als Falscher von Bankpapie¬<lb/> ren verhaftet; da er weiß, daß die Bestrafung eines solchen Falschers<lb/> ungleich strenger ist, als die eines Taschendiebs, so macht er kein<lb/> Hehl daraus, daß die incriminirten Banknoten von ihm entwendet<lb/> seien. Auf jene wiederholte Aussage wird er nun von dem Com-<lb/> missär wieder ins Parterre geführt, da das Stück noch nicht zu Ende<lb/> gespielt und das Publikum vollkommen versammelt war, um mit<lb/> Hilfe des Diebes auch den Urheber der falschen Banknoten zu erha-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0190]
Fabrikanlagen, allein zu großer Aufwand und vielleicht auch unglück¬
liche Spekulationen rissen ihn in Schulden, so daß seine Besitzungen
unter gerichtlichen Sequester gestellt werden mußten. In dieser Lage
scheint er sich durch ein kühnes Wagstück haben retten zu wollen, und
er wie mehrere Andere sind um das Verfälschen öffentlicher Credits¬
papiere eingezogen worden. Unter den Mitschuldigen nennt man auch
den Kassirer eines Bankhauses, der die falschen Banknoten recht ge¬
schickt unter die echten in der von ihm verwalteten Kasse zu mischen
verstand, wie denn überhaupt der Betrug aus sehr feine und beson¬
nene Weise betrieben wurde, und man den Fabrikaten durch einen
besonders bereiteten Schaum ein künstliches altes und abgenutztes
Aussehen zu verschaffen wußte, das sie gegen nähere Beaugenscheinigung
sicher stellte. Wie man erzählt, hat die Gattin des verhafteten Ritter v.B.
den Versuch gemacht, sich das Leben zu nehmen; jedenfalls ist die
Chronique fcandaleuse um einen Stoff reicher geworden, den sie nicht
so bald wird fahren lassen wollen.
Da ich schon einmal von Falschmünzern rede, so sei es mir er¬
laubt, zwei andere Fälle zu erzählen, die sich im verflossenen Winter
zutrugen und damals Aufsehen erregten. Der erste betrifft einen
jungen Beamten der stebenbürgischen Hofkanzlei, 'der sich durch seine
luxuriöse Lebensweise verdächtig machte und Abends im Bolksgarten
unter einer Menge Menschen verhaftet wurde, als er eben bei einer
Tasse Eis saß und den Musi'Mängen von Straußens Orchester lauschte.
Der andere ist weit verwickelter und paßt ganz für ein Lustspiel. Ein
Gauner aus Berlin ging ins Burgtheater und nahm seinen Platz im
Parterre, wo ihn eine reiche Beute erwartete. Nach wenig Minuten
hatte er auch schon durch seine meisterhafte Fingerfertigkeit sich in
den Besitz einer wohlgefüllten Brieftasche gesetzt, mit der er sich schnell
aus dem Staube machte und das Ende des Stückes nicht abwarten
mochte. Er begab sich ganz wohlgemut!) in das sehr nahe gelegene
Dann'sche Kaffeehaus auf dem Kohlmarkte und bezahlte dort be¬
reits mit dem Inhalte der gestohlenen Brieftasche; doch wer beschreibt
den Schreck des Spitzbuben, als ihn auf die Anzeige des Kaffecwir-
thes sogleich ein anwesender Polizeikommissar arretirt. Anfangs glaubt
er natürlich, man habe seinen Diebstahl entdeckt, doch seine Beäng¬
stigung steigt, als er erfährt, er werde als Falscher von Bankpapie¬
ren verhaftet; da er weiß, daß die Bestrafung eines solchen Falschers
ungleich strenger ist, als die eines Taschendiebs, so macht er kein
Hehl daraus, daß die incriminirten Banknoten von ihm entwendet
seien. Auf jene wiederholte Aussage wird er nun von dem Com-
missär wieder ins Parterre geführt, da das Stück noch nicht zu Ende
gespielt und das Publikum vollkommen versammelt war, um mit
Hilfe des Diebes auch den Urheber der falschen Banknoten zu erha-
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