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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.

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wäre. Als am Schlüsse des mehrstündigen Parade-Manövers S.
k. k. Hoheit die übliche Meldung abstattete, übermannte tiefe Rüh¬
rung den alten Generalissimus und helle Thränen der Freude rollten
über seine gefurchten Wangen.

Wahrend der älteste Sohn des Erzherzogs Karl als commandi-
render General von Niederösterreich sich auf den Posten eines Hof-
kriegsrarhs-Präsidenten vorbereitet, steht der Zwcitgeborne bereits an
der Spitze der österreichischen Heermacht, und der letzte Sprößling seines
Hauses dürste ohne Zweifel in der Zukunft einmal die Stelle eines
Artillerie-Direktors einnehmen, welche immer von einem Prinzen des
Kaiserhauses bekleidet zu werden pflegt. Somit wird einst die Leitung
des gestimmten Kriegswesens in seinen wichtigsten Zweigen den Nach¬
kommen des Feldherrn anvertraut sein, welcher allein unter so vielen
Gegnern dem französischen Schlachtenmeister die ungeheucheltste Ach¬
tung abgezwungen.

Eine für die innern Verhältnisse unsers Hofes bedeutungsvolle
Angelegenheit ist gleichfalls in diesen Tagen geeinet und zum Abschluß
gebracht worden. Wir meinen die Verlobung des Erbprinzen von
Cöln mit der Schwester des Herzogs von Bordeaux, der Prinzessin
Louise von Frankreich, die eine Mitgift von 14 Millionen Franken
erhalten soll. Nachdem die Bemühungen der Königin, welche die
Tante des Erbprinzen ist, denselben zum König von Spanien zu
machen, nicht den gewünschten Erfolg hatten, da das Gewicht von
Koburg in der neusten Ant, namentlich durch den Einfluß Englands,
zu stark auf die Wagschale der über die spanische Heirarhsfrage ge¬
pflogenen diplomatischen Unterhandlungen drückte, so ist die frühere
Idee einer Verbindung zwischen dem Neffen unserer Königin und der
Tochter der Herzogin von Berry wieder aufgenommen und jetzt, bei
der mehrtägigen Anwesenheit der Herzogin im Lustschlosse von Schön¬
brunn vollkommen entschieden worden.

Die nördliche Staatseisenbahn ist seit dem 1. Oktober auch dem
Gütertransport geöffnet worden, der bei dem lebhaften Handelsver¬
kehr unserer Monarchie mit Sachsen und Hamburg nicht anders als
höchst gewinnreich für diese Eisenstraße sein kann. Die Personenfre¬
quenz warf in den letzten Wochen täglich die Summe von
Gulden ab, obschon die Eröffnung in die Herbstzeit siel, wo die Per¬
sonenbewegung nicht mehr fo bedeutend ist. Den Verzögerungen in
dem Eintreffen der Trains, welche eben so lästig für die Passagiere
als störend für den Postengang sind, dürfte indeß schwerlich auf eine
andere Weise, als durch Legung eines zweiten Gleises wirksam zu
begegnen sein, da bei dem eigentlichen Geleise die von Wien
und Prag abgehenden Züge, sobald sie nicht rechtzeitig zusammentref¬
fen, was felten geschieht, auf gewissen Ausweicheplätzen einander ab¬
warten müssen, soll anders großes Unheil verhütet werden. Unter


wäre. Als am Schlüsse des mehrstündigen Parade-Manövers S.
k. k. Hoheit die übliche Meldung abstattete, übermannte tiefe Rüh¬
rung den alten Generalissimus und helle Thränen der Freude rollten
über seine gefurchten Wangen.

Wahrend der älteste Sohn des Erzherzogs Karl als commandi-
render General von Niederösterreich sich auf den Posten eines Hof-
kriegsrarhs-Präsidenten vorbereitet, steht der Zwcitgeborne bereits an
der Spitze der österreichischen Heermacht, und der letzte Sprößling seines
Hauses dürste ohne Zweifel in der Zukunft einmal die Stelle eines
Artillerie-Direktors einnehmen, welche immer von einem Prinzen des
Kaiserhauses bekleidet zu werden pflegt. Somit wird einst die Leitung
des gestimmten Kriegswesens in seinen wichtigsten Zweigen den Nach¬
kommen des Feldherrn anvertraut sein, welcher allein unter so vielen
Gegnern dem französischen Schlachtenmeister die ungeheucheltste Ach¬
tung abgezwungen.

Eine für die innern Verhältnisse unsers Hofes bedeutungsvolle
Angelegenheit ist gleichfalls in diesen Tagen geeinet und zum Abschluß
gebracht worden. Wir meinen die Verlobung des Erbprinzen von
Cöln mit der Schwester des Herzogs von Bordeaux, der Prinzessin
Louise von Frankreich, die eine Mitgift von 14 Millionen Franken
erhalten soll. Nachdem die Bemühungen der Königin, welche die
Tante des Erbprinzen ist, denselben zum König von Spanien zu
machen, nicht den gewünschten Erfolg hatten, da das Gewicht von
Koburg in der neusten Ant, namentlich durch den Einfluß Englands,
zu stark auf die Wagschale der über die spanische Heirarhsfrage ge¬
pflogenen diplomatischen Unterhandlungen drückte, so ist die frühere
Idee einer Verbindung zwischen dem Neffen unserer Königin und der
Tochter der Herzogin von Berry wieder aufgenommen und jetzt, bei
der mehrtägigen Anwesenheit der Herzogin im Lustschlosse von Schön¬
brunn vollkommen entschieden worden.

Die nördliche Staatseisenbahn ist seit dem 1. Oktober auch dem
Gütertransport geöffnet worden, der bei dem lebhaften Handelsver¬
kehr unserer Monarchie mit Sachsen und Hamburg nicht anders als
höchst gewinnreich für diese Eisenstraße sein kann. Die Personenfre¬
quenz warf in den letzten Wochen täglich die Summe von
Gulden ab, obschon die Eröffnung in die Herbstzeit siel, wo die Per¬
sonenbewegung nicht mehr fo bedeutend ist. Den Verzögerungen in
dem Eintreffen der Trains, welche eben so lästig für die Passagiere
als störend für den Postengang sind, dürfte indeß schwerlich auf eine
andere Weise, als durch Legung eines zweiten Gleises wirksam zu
begegnen sein, da bei dem eigentlichen Geleise die von Wien
und Prag abgehenden Züge, sobald sie nicht rechtzeitig zusammentref¬
fen, was felten geschieht, auf gewissen Ausweicheplätzen einander ab¬
warten müssen, soll anders großes Unheil verhütet werden. Unter


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/186>, abgerufen am 05.02.2025.