Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.T a g e b u eh. i. Aus Frankfurt am Main. Frankfurter Phlegma. -- Lichtfreunde und Pietisten. -- Streit des Magi¬ strats mit den katholischen Gemeinden. -- Die Sache des Kaplan Roos. -- Katholischer Leseverein. -- Jenny Lind. -- Die Königin von England und andere gekrönte Häupter. -- Dannecker'e Ariadne. -- Fetialen David. -- Ueber die Oden-Symphonie. Ein hervorstechender Charakterzug des Frankfurters ist die be¬ T a g e b u eh. i. Aus Frankfurt am Main. Frankfurter Phlegma. — Lichtfreunde und Pietisten. — Streit des Magi¬ strats mit den katholischen Gemeinden. — Die Sache des Kaplan Roos. — Katholischer Leseverein. — Jenny Lind. — Die Königin von England und andere gekrönte Häupter. — Dannecker'e Ariadne. — Fetialen David. — Ueber die Oden-Symphonie. Ein hervorstechender Charakterzug des Frankfurters ist die be¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0176" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/271437"/> </div> </div> <div n="1"> <head> T a g e b u eh.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> i.<lb/> Aus Frankfurt am Main.</head><lb/> <note type="argument"> Frankfurter Phlegma. — Lichtfreunde und Pietisten. — Streit des Magi¬<lb/> strats mit den katholischen Gemeinden. — Die Sache des Kaplan Roos. —<lb/> Katholischer Leseverein. — Jenny Lind. — Die Königin von England und<lb/> andere gekrönte Häupter. — Dannecker'e Ariadne. — Fetialen David. — Ueber<lb/> die Oden-Symphonie.</note><lb/> <p xml:id="ID_447"> Ein hervorstechender Charakterzug des Frankfurters ist die be¬<lb/> hagliche Zufriedenheit, mit der er Alles, was ihm gehört, im Ver¬<lb/> hältniß zu Andern betrachtet; man könnte es den Haus- oder Stadt¬<lb/> optimismus nennen. Nicht, daß man deswegen mit Allem unbedingt<lb/> zufrieden sei, man räsonnirt auch hier, und zwar ungenirt; wollte<lb/> aber Jemand eine Vergleichung mit andern Staaten zum Nachtheile<lb/> Frankfurts unternehmen, so würde er einstimmig zur Ruhe verwie¬<lb/> sen werden; man würde ihm beweisen, daß unter den obwalten¬<lb/> den Umständen Alles tadellos sei. Aehnliche Gesinnungen finden<lb/> sich denn auch in Beziehung auf die Richtung der Lichtfreunde.<lb/> Obschon die Pietisten hier nicht ohne Anhang, ja nicht ohne Einfluß<lb/> sind, — so ist doch bei Weitem die Mehrzahl der Bürger nicht nur<lb/> dem pietistischer Treiben abhold, sondern auch der starren lutherischen<lb/> Dogmatik entgegen. Nichtsdestoweniger finden die protestantischen<lb/> Freunde nur geringen Anhang; der Frankfurter läßt sich nicht gerne<lb/> aus der Bequemlichkeit rütteln, und sind auch die Kirchen, vornehm¬<lb/> lich von Männern, schlecht besucht, spricht man sich auch offen gegen<lb/> die symbolischen Bücher und Diejenigen, die ihnen streng anhangen,<lb/> aus, — sobald es sich darum handelt, mit sich selbst anzufangen,<lb/> und im eigenen Kreise auf eine Aenderung hinzuwirken, so meint<lb/> man, es sei doch noch ganz leidlich, es sei immer so gewesen und<lb/> könnte noch länger so bleiben. Aus diesem „Sich gehen lassen" der<lb/> Hellerdenkenden folgt dann, wie leicht einzusehen, die Macht der<lb/> Pietisten, die eifrig für ihre Sache arbeiten.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0176]
T a g e b u eh.
i.
Aus Frankfurt am Main.
Frankfurter Phlegma. — Lichtfreunde und Pietisten. — Streit des Magi¬
strats mit den katholischen Gemeinden. — Die Sache des Kaplan Roos. —
Katholischer Leseverein. — Jenny Lind. — Die Königin von England und
andere gekrönte Häupter. — Dannecker'e Ariadne. — Fetialen David. — Ueber
die Oden-Symphonie.
Ein hervorstechender Charakterzug des Frankfurters ist die be¬
hagliche Zufriedenheit, mit der er Alles, was ihm gehört, im Ver¬
hältniß zu Andern betrachtet; man könnte es den Haus- oder Stadt¬
optimismus nennen. Nicht, daß man deswegen mit Allem unbedingt
zufrieden sei, man räsonnirt auch hier, und zwar ungenirt; wollte
aber Jemand eine Vergleichung mit andern Staaten zum Nachtheile
Frankfurts unternehmen, so würde er einstimmig zur Ruhe verwie¬
sen werden; man würde ihm beweisen, daß unter den obwalten¬
den Umständen Alles tadellos sei. Aehnliche Gesinnungen finden
sich denn auch in Beziehung auf die Richtung der Lichtfreunde.
Obschon die Pietisten hier nicht ohne Anhang, ja nicht ohne Einfluß
sind, — so ist doch bei Weitem die Mehrzahl der Bürger nicht nur
dem pietistischer Treiben abhold, sondern auch der starren lutherischen
Dogmatik entgegen. Nichtsdestoweniger finden die protestantischen
Freunde nur geringen Anhang; der Frankfurter läßt sich nicht gerne
aus der Bequemlichkeit rütteln, und sind auch die Kirchen, vornehm¬
lich von Männern, schlecht besucht, spricht man sich auch offen gegen
die symbolischen Bücher und Diejenigen, die ihnen streng anhangen,
aus, — sobald es sich darum handelt, mit sich selbst anzufangen,
und im eigenen Kreise auf eine Aenderung hinzuwirken, so meint
man, es sei doch noch ganz leidlich, es sei immer so gewesen und
könnte noch länger so bleiben. Aus diesem „Sich gehen lassen" der
Hellerdenkenden folgt dann, wie leicht einzusehen, die Macht der
Pietisten, die eifrig für ihre Sache arbeiten.
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