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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester.

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Händen das Wasser aus den Haaren lind Kleidern, zog sogar seine
Stiefel aus, um-auch diese von dem Wasser zu befreien, welches
darin gesammelt/-i-du auf der Flucht zu sehr gehindert h"bM würde,
und war eben mit allen Vorrichtungen fertig, als er die Hüfschläge
der herangaloppirenden Creolen vernahm. Daß es seine Verfolger
waren, wußte er, und es galt nun, das Aeußerste zu wagen, oder
gefangen zu werden. Mit gewaltigem Sprung setzte ,er/ gleich beim
Anlauf über einen dort liegenden Stamm hinweg lind rannte die
steile Uferbank hinauf.

Gottlieb, mit der Flinte in der Hand, hatte nun zwar aufgepaßt,
aber keineswegs auf dieser Seite den Verfolgten vermuthet und er-
schrack so über daS plötzliche Auftauchen deS Müchtigen, daß sein
Finger unwillkürlich den Drücker berührte und der. Schuß in die Luft
ging. In demselben Augenblick erreichte Banizet den Kamm des
niederen Dammes und sah sieben oder acht Reiter in gestreckter
Karriere, durch den Schuß zur wildesten Eile angespornt, kaum hun¬
dert Schritt von sich entfernt, heransprengen; aber nicht minder nahe
war ihm Gottlieb, der jetzt, seinen Fehler wieder gut zu machen, mit
gehobenem Büchsenkolben herbeieilte. Von beiden Seiten bedrängt,
blieb ihm keine Wahl, als die zehn Fuß hohe Ferne, welche den
Weg entlang lief, zu überklettern und ohne sich zu besinnen, durchmaß
er mit wenigen Sätzen den Fahrweg und klomm an den übereinan-
dergelegten Stangen katzenfchnell empor. Aber auch die Creolen
sprengten heran und Scipio mit seinem Säbel war kaum noch zwei
Schritte von ihm, als er sich auf den obersten Riegel schwang. Un¬
ter ihm brach das morsche Holz zusammen, doch stürzte er in das
Innere der Einfriedigung und floh im nächsten Augenblicke durch
eine etwa hundert Schritt breite Wiese, die am andere" Ende ein
eben solcher Zaun von den dahinter liegenden Feldern trennte. Zwar
wurden, als er den offenen Raum durchlief, mehrere Pistolen nach
ihm abgefeuert, glücklich erreichte er aber die zweite Ferne und hatte
auch diese schon erstiegen, als wieder ein Schuß fiel und der Flücht¬
ling einen wilden Schmerzensschrei ausstieß. Es war Nasser's Büchse
gewesen. Dieser, der eben auf dem Kampfplatz anlangte, als Banizet
über den eingefenzten Raum floh, hatte nicht eher zum Schuß kom¬
men können, bis jener sich, an der steilen Ferne emporkletternd, einen
Augenblick stille halten mußte. Seine Kugel saß. Der Verwundete!


Händen das Wasser aus den Haaren lind Kleidern, zog sogar seine
Stiefel aus, um-auch diese von dem Wasser zu befreien, welches
darin gesammelt/-i-du auf der Flucht zu sehr gehindert h«bM würde,
und war eben mit allen Vorrichtungen fertig, als er die Hüfschläge
der herangaloppirenden Creolen vernahm. Daß es seine Verfolger
waren, wußte er, und es galt nun, das Aeußerste zu wagen, oder
gefangen zu werden. Mit gewaltigem Sprung setzte ,er/ gleich beim
Anlauf über einen dort liegenden Stamm hinweg lind rannte die
steile Uferbank hinauf.

Gottlieb, mit der Flinte in der Hand, hatte nun zwar aufgepaßt,
aber keineswegs auf dieser Seite den Verfolgten vermuthet und er-
schrack so über daS plötzliche Auftauchen deS Müchtigen, daß sein
Finger unwillkürlich den Drücker berührte und der. Schuß in die Luft
ging. In demselben Augenblick erreichte Banizet den Kamm des
niederen Dammes und sah sieben oder acht Reiter in gestreckter
Karriere, durch den Schuß zur wildesten Eile angespornt, kaum hun¬
dert Schritt von sich entfernt, heransprengen; aber nicht minder nahe
war ihm Gottlieb, der jetzt, seinen Fehler wieder gut zu machen, mit
gehobenem Büchsenkolben herbeieilte. Von beiden Seiten bedrängt,
blieb ihm keine Wahl, als die zehn Fuß hohe Ferne, welche den
Weg entlang lief, zu überklettern und ohne sich zu besinnen, durchmaß
er mit wenigen Sätzen den Fahrweg und klomm an den übereinan-
dergelegten Stangen katzenfchnell empor. Aber auch die Creolen
sprengten heran und Scipio mit seinem Säbel war kaum noch zwei
Schritte von ihm, als er sich auf den obersten Riegel schwang. Un¬
ter ihm brach das morsche Holz zusammen, doch stürzte er in das
Innere der Einfriedigung und floh im nächsten Augenblicke durch
eine etwa hundert Schritt breite Wiese, die am andere» Ende ein
eben solcher Zaun von den dahinter liegenden Feldern trennte. Zwar
wurden, als er den offenen Raum durchlief, mehrere Pistolen nach
ihm abgefeuert, glücklich erreichte er aber die zweite Ferne und hatte
auch diese schon erstiegen, als wieder ein Schuß fiel und der Flücht¬
ling einen wilden Schmerzensschrei ausstieß. Es war Nasser's Büchse
gewesen. Dieser, der eben auf dem Kampfplatz anlangte, als Banizet
über den eingefenzten Raum floh, hatte nicht eher zum Schuß kom¬
men können, bis jener sich, an der steilen Ferne emporkletternd, einen
Augenblick stille halten mußte. Seine Kugel saß. Der Verwundete!


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[0552] Händen das Wasser aus den Haaren lind Kleidern, zog sogar seine Stiefel aus, um-auch diese von dem Wasser zu befreien, welches darin gesammelt/-i-du auf der Flucht zu sehr gehindert h«bM würde, und war eben mit allen Vorrichtungen fertig, als er die Hüfschläge der herangaloppirenden Creolen vernahm. Daß es seine Verfolger waren, wußte er, und es galt nun, das Aeußerste zu wagen, oder gefangen zu werden. Mit gewaltigem Sprung setzte ,er/ gleich beim Anlauf über einen dort liegenden Stamm hinweg lind rannte die steile Uferbank hinauf. Gottlieb, mit der Flinte in der Hand, hatte nun zwar aufgepaßt, aber keineswegs auf dieser Seite den Verfolgten vermuthet und er- schrack so über daS plötzliche Auftauchen deS Müchtigen, daß sein Finger unwillkürlich den Drücker berührte und der. Schuß in die Luft ging. In demselben Augenblick erreichte Banizet den Kamm des niederen Dammes und sah sieben oder acht Reiter in gestreckter Karriere, durch den Schuß zur wildesten Eile angespornt, kaum hun¬ dert Schritt von sich entfernt, heransprengen; aber nicht minder nahe war ihm Gottlieb, der jetzt, seinen Fehler wieder gut zu machen, mit gehobenem Büchsenkolben herbeieilte. Von beiden Seiten bedrängt, blieb ihm keine Wahl, als die zehn Fuß hohe Ferne, welche den Weg entlang lief, zu überklettern und ohne sich zu besinnen, durchmaß er mit wenigen Sätzen den Fahrweg und klomm an den übereinan- dergelegten Stangen katzenfchnell empor. Aber auch die Creolen sprengten heran und Scipio mit seinem Säbel war kaum noch zwei Schritte von ihm, als er sich auf den obersten Riegel schwang. Un¬ ter ihm brach das morsche Holz zusammen, doch stürzte er in das Innere der Einfriedigung und floh im nächsten Augenblicke durch eine etwa hundert Schritt breite Wiese, die am andere» Ende ein eben solcher Zaun von den dahinter liegenden Feldern trennte. Zwar wurden, als er den offenen Raum durchlief, mehrere Pistolen nach ihm abgefeuert, glücklich erreichte er aber die zweite Ferne und hatte auch diese schon erstiegen, als wieder ein Schuß fiel und der Flücht¬ ling einen wilden Schmerzensschrei ausstieß. Es war Nasser's Büchse gewesen. Dieser, der eben auf dem Kampfplatz anlangte, als Banizet über den eingefenzten Raum floh, hatte nicht eher zum Schuß kom¬ men können, bis jener sich, an der steilen Ferne emporkletternd, einen Augenblick stille halten mußte. Seine Kugel saß. Der Verwundete!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_269416/552>, abgerufen am 23.07.2024.