Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester.aufmunternd und erhebend muß es für einen Dichter seil?, solch einer Obgleich ich stets darauf gehalten habe, bei der Kritik neuer aufmunternd und erhebend muß es für einen Dichter seil?, solch einer Obgleich ich stets darauf gehalten habe, bei der Kritik neuer <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0526" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/269941"/> <p xml:id="ID_1431" prev="#ID_1430"> aufmunternd und erhebend muß es für einen Dichter seil?, solch einer<lb/> runden Darstellung seines Dramas beizuwohnen, wie es andrerseits<lb/> nichts Mörderischeres und Niederschlagendercs für einen dramatischen<lb/> Autor gibt, als eine Aufführung seines Stückes zu erleben, welche,<lb/> bei allem guten Willen Einzelner, lahmt und stolpert lind den Stem¬<lb/> pel eines übereilten Flickwerks deutlich an sich trägt. Höchlichst zu<lb/> empfehlen sind die hier bräuchlichen kurzen Zwischenakte. Der Tod<lb/> eines neuen Stückes kann allein durch zu lange, zu Viertelstunden<lb/> ausgedehnte Zwischenakte herbeigeführt werden, wie die Erfahrung<lb/> öfter bewiesen hat. Dennoch kann man diese ganz unpraktische, durch<lb/> Nichts zu rechtfertigende Einrichtung an manchen Bühnen erleben.<lb/> Sie scheint so recht für die Kritiker berechnet zu sein, damit diese<lb/> ihren Journalartikel im Kopfe fertig machen und stückweise ihren<lb/> Umgebungen mittheilen können. Das Publicum darf gerade bei der<lb/> Darstellung eines neuen Stücks gar nicht zur Besinnung kommen.<lb/> Lange Zwischenakte sind aber nur dazu da, damit das Publicum sich<lb/> über das, was es gehört und gesehen, Rechenschaft ablege. Das<lb/> heißt, absichtlich Wasser in das Feuer des Enthusiasmus gießen und<lb/> methodisch die Neugier abtödten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1432" next="#ID_1433"> Obgleich ich stets darauf gehalten habe, bei der Kritik neuer<lb/> aufgeführter Stücke mehr dem Dichter, als den Darstellern meine<lb/> Aufmerksamkeit zuzuwenden, so kann ich doch nicht unterlassen, hier<lb/> die einzelnen Darsteller des Struensee namhaft zu machen. Mad.<lb/> Dahn gab die Königin mit der ihr in solchen Rollen eigenen vor¬<lb/> nehmen Delikatesse und Anmuth, dabei mit echt psychologischer Nuan-<lb/> cirung der tieferen Gemüthserregungen. Dlle. Denker die Ehren¬<lb/> dame von Gallen, besonders ausgezeichnet im stummen Spiel, das<lb/> hier erforderlich ist, um die schroffen Sprünge dieses Charakters aus¬<lb/> zugleichen. Herr Dahn den Struensee mit schönem und natürlich<lb/> leidenschaftlichem Feuer; Herr Jost den Staatsrath Guldberg mit<lb/> kluger Berechnung; Herr Christen den blödsinnigen König, Herr<lb/> Schenk den polternden Obersten Koller, Herr Heigel den Grasen<lb/> Ranzau. — Auf Herrn Schenk komme ich wegen seiner Darstellung<lb/> der Titelrolle im Wilhelm Tell zurück. Solche naturkräftige einfa¬<lb/> che Naturen sagen diesem Schauspieler, der noch bei Immermann<lb/> seine Studien gemacht hat, vorzüglich zu. So gut Herr Jost auch<lb/> den Geßler gab, so siel mir bei dieser Darstellung doch abermals die</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0526]
aufmunternd und erhebend muß es für einen Dichter seil?, solch einer
runden Darstellung seines Dramas beizuwohnen, wie es andrerseits
nichts Mörderischeres und Niederschlagendercs für einen dramatischen
Autor gibt, als eine Aufführung seines Stückes zu erleben, welche,
bei allem guten Willen Einzelner, lahmt und stolpert lind den Stem¬
pel eines übereilten Flickwerks deutlich an sich trägt. Höchlichst zu
empfehlen sind die hier bräuchlichen kurzen Zwischenakte. Der Tod
eines neuen Stückes kann allein durch zu lange, zu Viertelstunden
ausgedehnte Zwischenakte herbeigeführt werden, wie die Erfahrung
öfter bewiesen hat. Dennoch kann man diese ganz unpraktische, durch
Nichts zu rechtfertigende Einrichtung an manchen Bühnen erleben.
Sie scheint so recht für die Kritiker berechnet zu sein, damit diese
ihren Journalartikel im Kopfe fertig machen und stückweise ihren
Umgebungen mittheilen können. Das Publicum darf gerade bei der
Darstellung eines neuen Stücks gar nicht zur Besinnung kommen.
Lange Zwischenakte sind aber nur dazu da, damit das Publicum sich
über das, was es gehört und gesehen, Rechenschaft ablege. Das
heißt, absichtlich Wasser in das Feuer des Enthusiasmus gießen und
methodisch die Neugier abtödten.
Obgleich ich stets darauf gehalten habe, bei der Kritik neuer
aufgeführter Stücke mehr dem Dichter, als den Darstellern meine
Aufmerksamkeit zuzuwenden, so kann ich doch nicht unterlassen, hier
die einzelnen Darsteller des Struensee namhaft zu machen. Mad.
Dahn gab die Königin mit der ihr in solchen Rollen eigenen vor¬
nehmen Delikatesse und Anmuth, dabei mit echt psychologischer Nuan-
cirung der tieferen Gemüthserregungen. Dlle. Denker die Ehren¬
dame von Gallen, besonders ausgezeichnet im stummen Spiel, das
hier erforderlich ist, um die schroffen Sprünge dieses Charakters aus¬
zugleichen. Herr Dahn den Struensee mit schönem und natürlich
leidenschaftlichem Feuer; Herr Jost den Staatsrath Guldberg mit
kluger Berechnung; Herr Christen den blödsinnigen König, Herr
Schenk den polternden Obersten Koller, Herr Heigel den Grasen
Ranzau. — Auf Herrn Schenk komme ich wegen seiner Darstellung
der Titelrolle im Wilhelm Tell zurück. Solche naturkräftige einfa¬
che Naturen sagen diesem Schauspieler, der noch bei Immermann
seine Studien gemacht hat, vorzüglich zu. So gut Herr Jost auch
den Geßler gab, so siel mir bei dieser Darstellung doch abermals die
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