Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester.Politische Gespräche in Wien. Von einem Preußen. An den Redacteur der Grenzboten. Jetzt erst begreife ich, warum Sie mir Ehrenwort und Hand¬ Politische Gespräche in Wien. Von einem Preußen. An den Redacteur der Grenzboten. Jetzt erst begreife ich, warum Sie mir Ehrenwort und Hand¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0425" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/269840"/> </div> </div> <div n="1"> <head> Politische Gespräche in Wien.<lb/><note type="byline"> Von einem Preußen.</note></head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <note type="salute"> An den Redacteur der Grenzboten.</note><lb/> <p xml:id="ID_1208" next="#ID_1209"> Jetzt erst begreife ich, warum Sie mir Ehrenwort und Hand¬<lb/> schlag abforderten und mit einem oberflächlichen Versprechen, Ihnen<lb/> aus Wien zu schreiben, sich nicht begnügen wollten Hätte ich nicht<lb/> mein Ehrenwort verpfändet, so würde ich während meines ganzen<lb/> hiesigen Aufenthalts keine Zeile in einem auswärtigen Blatte drucken<lb/> lassen. Die Reihen deö hiesigen Schriftstellerthums sind zu licht, um<lb/> nicht sogleich den Verfasser dieses oder jenes Artikels herauszufinden.<lb/> Politische Schriftsteller vollends gibt es hier kaum. Nehmen Sie<lb/> zwei, drei von der Polizei scharf beobachtete Doctores Juris aus,<lb/> nehmen Sie den Statistiker Becher, den Baron Zedlitz und den nur<lb/> bei außerordentlichen Gelegenheiten journalistisch wirksamen Jarcke<lb/> dazu, so haben Sie die ganze Zahl der in „ausländischen" Blättern<lb/> thätigen politischen Schriftsteller Wiens en griuul cvmnler. Alles,<lb/> was die Broschürenliteratur in letzterer Zeit über Oesterreich veröffent¬<lb/> lichte, floß den Leipziger und Hamburger Verlegern aus Böhmen und<lb/> Ungarn zu, kaum wage ich zu sagen: Aus Prag und Pesth, denn<lb/> auch dort sind die Häupter der Federmänner so gezählt, daß die lei¬<lb/> seste Anspielung sie compromittiren kann, und dagegen haben Sie mich<lb/> ja ausdrücklich gewarnt. Ich muß für diese Warnung danken, denn<lb/> wie schlecht es auch in unserem Preußen mit der Unabhängigkeit der<lb/> Presse bestellt ist, so hat man doch von dieser Art des „Compromit-<lb/> tirens" keine Idee und der Name eines anonymen Autors wird von<lb/> Demjenigen, der ihn erräth, mit der größten Gewissensruhe veröffent¬<lb/> licht. Erlauben Sie nun aber auch, daß ich von dieser Warnung</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0425]
Politische Gespräche in Wien.
Von einem Preußen.
An den Redacteur der Grenzboten.
Jetzt erst begreife ich, warum Sie mir Ehrenwort und Hand¬
schlag abforderten und mit einem oberflächlichen Versprechen, Ihnen
aus Wien zu schreiben, sich nicht begnügen wollten Hätte ich nicht
mein Ehrenwort verpfändet, so würde ich während meines ganzen
hiesigen Aufenthalts keine Zeile in einem auswärtigen Blatte drucken
lassen. Die Reihen deö hiesigen Schriftstellerthums sind zu licht, um
nicht sogleich den Verfasser dieses oder jenes Artikels herauszufinden.
Politische Schriftsteller vollends gibt es hier kaum. Nehmen Sie
zwei, drei von der Polizei scharf beobachtete Doctores Juris aus,
nehmen Sie den Statistiker Becher, den Baron Zedlitz und den nur
bei außerordentlichen Gelegenheiten journalistisch wirksamen Jarcke
dazu, so haben Sie die ganze Zahl der in „ausländischen" Blättern
thätigen politischen Schriftsteller Wiens en griuul cvmnler. Alles,
was die Broschürenliteratur in letzterer Zeit über Oesterreich veröffent¬
lichte, floß den Leipziger und Hamburger Verlegern aus Böhmen und
Ungarn zu, kaum wage ich zu sagen: Aus Prag und Pesth, denn
auch dort sind die Häupter der Federmänner so gezählt, daß die lei¬
seste Anspielung sie compromittiren kann, und dagegen haben Sie mich
ja ausdrücklich gewarnt. Ich muß für diese Warnung danken, denn
wie schlecht es auch in unserem Preußen mit der Unabhängigkeit der
Presse bestellt ist, so hat man doch von dieser Art des „Compromit-
tirens" keine Idee und der Name eines anonymen Autors wird von
Demjenigen, der ihn erräth, mit der größten Gewissensruhe veröffent¬
licht. Erlauben Sie nun aber auch, daß ich von dieser Warnung
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