Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester.schaftliche Hingebung an eine ungewisse Zukunft; da erscheint die Leider habe ich durch unnöthige Breite schon zu viel Raum 5 "
schaftliche Hingebung an eine ungewisse Zukunft; da erscheint die Leider habe ich durch unnöthige Breite schon zu viel Raum 5 »
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0041" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/269458"/> <p xml:id="ID_85" prev="#ID_84"> schaftliche Hingebung an eine ungewisse Zukunft; da erscheint die<lb/> Sache der Menschheit rein von ihrer großen Seite, nicht mit den<lb/> kleinlichen Tagesfäden und dem ganzen staubigen Geschäftsräderwerk.<lb/> Wenn ein Haus fertig ist und der Kranz aufgesetzt wird, oder wenn<lb/> ein fluchbeladenes Gebäude vom Engel der Rache zerstört wird, mag<lb/> man einen frommen Spruch sprechen oder ein wildes Lied singen;<lb/> aber wenn der Bau eines Hauses berathen wird, schweigt die Be¬<lb/> geisterung; auch die sehr besonnenen Maurergesellen kann man höch¬<lb/> stens mit satyrischen Stachelreden spornen. Und die Entwickelung<lb/> einer Verfassung oder die Berathung eines Strafgesetzentwurfs ist<lb/> eine sehr lobenswerthe, brave und rühmliche, trotzdem aber stockpro¬<lb/> saische Arbeit, zu der mehr Fleiß und Klugheit, als Lyrik und Enthu¬<lb/> siasmus gehören.</p><lb/> <p xml:id="ID_86" next="#ID_87"> Leider habe ich durch unnöthige Breite schon zu viel Raum<lb/> verschwendet und muß nun rascher über die andern Produktionen<lb/> Karl Beck's hinwegeilen. Auf die Nächte folgte eine sehr natürliche<lb/> und heilsame Reaction, die von Manchen irriger Weise als Zeichen<lb/> sinkender Kraft angesehen wurde. Seine jugendlichen Verehrer waren<lb/> theils.untröstlich, theils unwillig darüber, daß ihr Poet nicht immer¬<lb/> fort lauter Nächte machen und nicht immer noch gepanzerter werden<lb/> wollte; seine älteren Krittler sagten: nun wird man sehen, wie eigent¬<lb/> lich gar Nichts hinter diesem vielgepriesenen Talent ist; er hat sich<lb/> ausgeschrieben. Indeß suchten die andern Keime einer ursprünglich<lb/> vielseitiger» Begabung, die durch den ersten leidenschaftlichen Ausbruch<lb/> zurückgedrängt und wie verschüttet waren, langsam aufzugehen und<lb/> noch langsamer zu reifen. Es kam dann und wann wieder ein An¬<lb/> flug jener heitern, selbstvergessenden Anschauung über ihn,.die er in<lb/> der Zeit der ersten Verse gehabt hatte; ein reger Sinn für das Naive,<lb/> eine Lust am Ausspinnen und Ausmalen harmloser Lebensscenen, die<lb/> freilich das noch nicht schaffen konnte, waS man, auf die Nächte pochend,<lb/> von ihm forderte. Literarische und andere Erlebnisse trugen dazu bei,<lb/> den Dichter aus seinem engen, selbstgezogenen Kreise zu ziehen und<lb/> das schlummernde Interesse für hundert andere Elemente des moder¬<lb/> nen Lebens zu wecken. Sehr wohlthätig wirkte in dieser Beziehung<lb/> die sorgsam anregende Theilnahme seines Freundes Kühne. Manche<lb/> bunte Illusion wich dem ernsteren Streben und der unablässigen Ar¬<lb/> beit. Es kam die Zeit, da ein Rückblick auf die Heimath ihm wohler</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 5 »</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0041]
schaftliche Hingebung an eine ungewisse Zukunft; da erscheint die
Sache der Menschheit rein von ihrer großen Seite, nicht mit den
kleinlichen Tagesfäden und dem ganzen staubigen Geschäftsräderwerk.
Wenn ein Haus fertig ist und der Kranz aufgesetzt wird, oder wenn
ein fluchbeladenes Gebäude vom Engel der Rache zerstört wird, mag
man einen frommen Spruch sprechen oder ein wildes Lied singen;
aber wenn der Bau eines Hauses berathen wird, schweigt die Be¬
geisterung; auch die sehr besonnenen Maurergesellen kann man höch¬
stens mit satyrischen Stachelreden spornen. Und die Entwickelung
einer Verfassung oder die Berathung eines Strafgesetzentwurfs ist
eine sehr lobenswerthe, brave und rühmliche, trotzdem aber stockpro¬
saische Arbeit, zu der mehr Fleiß und Klugheit, als Lyrik und Enthu¬
siasmus gehören.
Leider habe ich durch unnöthige Breite schon zu viel Raum
verschwendet und muß nun rascher über die andern Produktionen
Karl Beck's hinwegeilen. Auf die Nächte folgte eine sehr natürliche
und heilsame Reaction, die von Manchen irriger Weise als Zeichen
sinkender Kraft angesehen wurde. Seine jugendlichen Verehrer waren
theils.untröstlich, theils unwillig darüber, daß ihr Poet nicht immer¬
fort lauter Nächte machen und nicht immer noch gepanzerter werden
wollte; seine älteren Krittler sagten: nun wird man sehen, wie eigent¬
lich gar Nichts hinter diesem vielgepriesenen Talent ist; er hat sich
ausgeschrieben. Indeß suchten die andern Keime einer ursprünglich
vielseitiger» Begabung, die durch den ersten leidenschaftlichen Ausbruch
zurückgedrängt und wie verschüttet waren, langsam aufzugehen und
noch langsamer zu reifen. Es kam dann und wann wieder ein An¬
flug jener heitern, selbstvergessenden Anschauung über ihn,.die er in
der Zeit der ersten Verse gehabt hatte; ein reger Sinn für das Naive,
eine Lust am Ausspinnen und Ausmalen harmloser Lebensscenen, die
freilich das noch nicht schaffen konnte, waS man, auf die Nächte pochend,
von ihm forderte. Literarische und andere Erlebnisse trugen dazu bei,
den Dichter aus seinem engen, selbstgezogenen Kreise zu ziehen und
das schlummernde Interesse für hundert andere Elemente des moder¬
nen Lebens zu wecken. Sehr wohlthätig wirkte in dieser Beziehung
die sorgsam anregende Theilnahme seines Freundes Kühne. Manche
bunte Illusion wich dem ernsteren Streben und der unablässigen Ar¬
beit. Es kam die Zeit, da ein Rückblick auf die Heimath ihm wohler
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