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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester.

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Maßstabe, welche alle Erscheinungen auf diesem Gebiete der Wis¬
senschaft, wie eine Centralsonne, in sich faßt, gebrach es seither ganz.
Mehrfache Versuche mißglückter. Die Geschichte wurde in den all¬
gemeinen Literaturzcitungen oft stiefmütterlich behandelt, oder wenig¬
stens sehr unsystematisch und nur in ihren vorzüglicheren Erscheinun¬
gen dem Publieum vorgeführt. Die Pölitzischen Jahrbücher haben
fortwährend einzelne historische Werke einer Besprechung gewürdigt,
aber ihre Haupttendenz gehörte der Staatswissenschaft an. Wir be¬
grüßen demnach die neue von Adolf Schmidt in Berlin im ver¬
flossenen Jahre gegründete Zeitschrift für Geschichtswissenschaft mit
Freude. Tüchtige Männer stehen an der Spitze und die bereits ge¬
lieferten Abhandlungen haben Werth und Bedeutung.

Deutschland ist nicht arm an historischen Gesellschaften.
Diese haben jedoch nicht Deutschland als Gesammtiheil vor Augen,
sondern nur einzelne Theile des großen Ganzen. Verkennen wir nicht
das Gute, welches solche provinzielle Gesellschaften zu Tage gefordert.
Durch sorgfältige Erforschung von Specialitäten wird die deutsche
Geschichte immer mehr Licht und Wahrheit gewinnen. Alles ist will¬
kommen, was das große Ganze fördert. Zu wünschen ist dabei nur,
daß wir einen Centralpunkt für die deutsche Geschichte gewinnen, wo
die vielen zerstreuten werthvollen Aufsätze besprochen und systematisch
geordnet werden, da es so schwer und oft unmöglich ist, sich Einsicht
in die hier und da zerstreuten Aufsätze zu verschaffen. Wie reich die
historische Literatur einzelner Bezirke und Provinzen ist, ergibt sich aus
einer Zusammenstellung der verschiedenen Leistungen. Wir haben ein
Archiv für die Geschichte Frankfurts, für die Geschichte von Ober-,
baicrn, Oberfranken und Unterfranken, für die Geschichte von Hessen
der Schweiz und die Herzogthümer von Livland, Esthland und Kur¬
land, Jahrbücher von Meklenburg, Würtemberg, dem Niederrhein und
Se. Gallen, Mittheilungen der Gesellschaften zu Basel und Zürich,
nordalbingische Studien, Baltische Studien, Verhandlungen des Bam-
berger hist. Vereins und des Altmärkischen und des Museums in
Böhmen, Zeitschriften für die Geschichte Hamburgs, Hessens, West¬
falens und endlich auch Tirols und Vorarlbergs. Rechnet man
hierzu noch die Abhandlungen der königlichen Akademien zu Berlin
und München, die historischen Taschenbücher von Raumer und von
Hormayer, welche höchst schätzbare Abhandlungen dem Publicum dar-


Maßstabe, welche alle Erscheinungen auf diesem Gebiete der Wis¬
senschaft, wie eine Centralsonne, in sich faßt, gebrach es seither ganz.
Mehrfache Versuche mißglückter. Die Geschichte wurde in den all¬
gemeinen Literaturzcitungen oft stiefmütterlich behandelt, oder wenig¬
stens sehr unsystematisch und nur in ihren vorzüglicheren Erscheinun¬
gen dem Publieum vorgeführt. Die Pölitzischen Jahrbücher haben
fortwährend einzelne historische Werke einer Besprechung gewürdigt,
aber ihre Haupttendenz gehörte der Staatswissenschaft an. Wir be¬
grüßen demnach die neue von Adolf Schmidt in Berlin im ver¬
flossenen Jahre gegründete Zeitschrift für Geschichtswissenschaft mit
Freude. Tüchtige Männer stehen an der Spitze und die bereits ge¬
lieferten Abhandlungen haben Werth und Bedeutung.

Deutschland ist nicht arm an historischen Gesellschaften.
Diese haben jedoch nicht Deutschland als Gesammtiheil vor Augen,
sondern nur einzelne Theile des großen Ganzen. Verkennen wir nicht
das Gute, welches solche provinzielle Gesellschaften zu Tage gefordert.
Durch sorgfältige Erforschung von Specialitäten wird die deutsche
Geschichte immer mehr Licht und Wahrheit gewinnen. Alles ist will¬
kommen, was das große Ganze fördert. Zu wünschen ist dabei nur,
daß wir einen Centralpunkt für die deutsche Geschichte gewinnen, wo
die vielen zerstreuten werthvollen Aufsätze besprochen und systematisch
geordnet werden, da es so schwer und oft unmöglich ist, sich Einsicht
in die hier und da zerstreuten Aufsätze zu verschaffen. Wie reich die
historische Literatur einzelner Bezirke und Provinzen ist, ergibt sich aus
einer Zusammenstellung der verschiedenen Leistungen. Wir haben ein
Archiv für die Geschichte Frankfurts, für die Geschichte von Ober-,
baicrn, Oberfranken und Unterfranken, für die Geschichte von Hessen
der Schweiz und die Herzogthümer von Livland, Esthland und Kur¬
land, Jahrbücher von Meklenburg, Würtemberg, dem Niederrhein und
Se. Gallen, Mittheilungen der Gesellschaften zu Basel und Zürich,
nordalbingische Studien, Baltische Studien, Verhandlungen des Bam-
berger hist. Vereins und des Altmärkischen und des Museums in
Böhmen, Zeitschriften für die Geschichte Hamburgs, Hessens, West¬
falens und endlich auch Tirols und Vorarlbergs. Rechnet man
hierzu noch die Abhandlungen der königlichen Akademien zu Berlin
und München, die historischen Taschenbücher von Raumer und von
Hormayer, welche höchst schätzbare Abhandlungen dem Publicum dar-


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[0383] Maßstabe, welche alle Erscheinungen auf diesem Gebiete der Wis¬ senschaft, wie eine Centralsonne, in sich faßt, gebrach es seither ganz. Mehrfache Versuche mißglückter. Die Geschichte wurde in den all¬ gemeinen Literaturzcitungen oft stiefmütterlich behandelt, oder wenig¬ stens sehr unsystematisch und nur in ihren vorzüglicheren Erscheinun¬ gen dem Publieum vorgeführt. Die Pölitzischen Jahrbücher haben fortwährend einzelne historische Werke einer Besprechung gewürdigt, aber ihre Haupttendenz gehörte der Staatswissenschaft an. Wir be¬ grüßen demnach die neue von Adolf Schmidt in Berlin im ver¬ flossenen Jahre gegründete Zeitschrift für Geschichtswissenschaft mit Freude. Tüchtige Männer stehen an der Spitze und die bereits ge¬ lieferten Abhandlungen haben Werth und Bedeutung. Deutschland ist nicht arm an historischen Gesellschaften. Diese haben jedoch nicht Deutschland als Gesammtiheil vor Augen, sondern nur einzelne Theile des großen Ganzen. Verkennen wir nicht das Gute, welches solche provinzielle Gesellschaften zu Tage gefordert. Durch sorgfältige Erforschung von Specialitäten wird die deutsche Geschichte immer mehr Licht und Wahrheit gewinnen. Alles ist will¬ kommen, was das große Ganze fördert. Zu wünschen ist dabei nur, daß wir einen Centralpunkt für die deutsche Geschichte gewinnen, wo die vielen zerstreuten werthvollen Aufsätze besprochen und systematisch geordnet werden, da es so schwer und oft unmöglich ist, sich Einsicht in die hier und da zerstreuten Aufsätze zu verschaffen. Wie reich die historische Literatur einzelner Bezirke und Provinzen ist, ergibt sich aus einer Zusammenstellung der verschiedenen Leistungen. Wir haben ein Archiv für die Geschichte Frankfurts, für die Geschichte von Ober-, baicrn, Oberfranken und Unterfranken, für die Geschichte von Hessen der Schweiz und die Herzogthümer von Livland, Esthland und Kur¬ land, Jahrbücher von Meklenburg, Würtemberg, dem Niederrhein und Se. Gallen, Mittheilungen der Gesellschaften zu Basel und Zürich, nordalbingische Studien, Baltische Studien, Verhandlungen des Bam- berger hist. Vereins und des Altmärkischen und des Museums in Böhmen, Zeitschriften für die Geschichte Hamburgs, Hessens, West¬ falens und endlich auch Tirols und Vorarlbergs. Rechnet man hierzu noch die Abhandlungen der königlichen Akademien zu Berlin und München, die historischen Taschenbücher von Raumer und von Hormayer, welche höchst schätzbare Abhandlungen dem Publicum dar-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_269416/383>, abgerufen am 22.07.2024.