Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.den Grafen an die deponirte Summe, doch wer malt die Bestürzung Im Hofopcrntheater wurde die lang vorher angekündigte Erst¬ Wrenzbote" ,8i4. ,,. 76
den Grafen an die deponirte Summe, doch wer malt die Bestürzung Im Hofopcrntheater wurde die lang vorher angekündigte Erst¬ Wrenzbote» ,8i4. ,,. 76
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0605" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181789"/> <p xml:id="ID_1679" prev="#ID_1678"> den Grafen an die deponirte Summe, doch wer malt die Bestürzung<lb/> des armen Jünglings, als dieser ihn im strengsten Tone zurückweist,<lb/> von den ihm anvertrauten Staatsschuldverschreibungcn Nichts wissen<lb/> will und dem Betrogenen mit Arrest und der Festung, wo nicht mit<lb/> dem Narrenhause droht. Da der Offizier von seinem begründeten<lb/> Verlangen nicht absteht, so wird die Sache bald ruchbar und gelangt<lb/> zu den Ohren des Kriegsministers, welcher den General zu sich be-<lb/> scheidet, um den verdrießlichen Handel zu schlichten und einen Skan¬<lb/> dal zu verhüten. Da jedoch der Graf auf seinem Widerspruche ver¬<lb/> harrt und sich zur gerichtlichen Eidesleistung erbietet, so ist der Klä¬<lb/> ger in Folge des von dem Beklagten abgelegten Rcinigungseidcs ver¬<lb/> loren und wird als Verleumder und ehrvergessener Offizier aus den<lb/> Reihen des Heeres gestoßen und zu mehrjähriger Festungsstrafe ver¬<lb/> dammt. Da gelingt es plötzlich nach längeren Bemühungen, dem Un¬<lb/> glücklichen die Beweise seiner Unschuld in die Hände zu spielen, und<lb/> auf Grund dieser Behelfe beginnt abermals der Proceß, der nun mit<lb/> dem Verderben des des Meineids überführten Grafen endigt. Der<lb/> Gereinigte wird alsbald seiner Hast entlassen und erhält seinen Rang<lb/> in der Armee zurück, während der Graf von * * * mit Entziehung<lb/> des Adels, Ausstoßung aus dem Kriegsdienst und zweijähriger Strafe<lb/> in Komorn verurtheilt wird. Die Nummern der Obligationen sollen<lb/> bei der Enthüllung des Verbrechens den Hauptdienst geleistet haben.<lb/> Graf * * * ist der Sprößling einer uralten polnischen Adelsfamilie<lb/> und mit vielen Häusern der österreichischen Aristokratie in nahen ver¬<lb/> wandtschaftlichen Beziehungen, was natürlich nicht wenig dazu bei¬<lb/> trägt, das Aufsehen zu vergrößern, das diese skandalöse Criminalbege-<lb/> benheit in allen Kreisen der hiesigen Gesellschaft erregt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1680" next="#ID_1681"> Im Hofopcrntheater wurde die lang vorher angekündigte Erst¬<lb/> lingsoper des bekannten Liedercomponisten Proch aufgeführt. Proch<lb/> besitzt offenbares Talent für seine Kunst und hat sich die Bahn zu<lb/> seiner gegenwärtigen Stellung als Hoftheaterkapellmeistcr mühsam und<lb/> im Kampfe mit den ungünstigsten Umständen erringen müssen. Als<lb/> Rechtspraktikant bei der Magistratsbehörde eines Landstädtchens sollte<lb/> er seinen Melodicnschatz, der Tausende erfreut, in Klageacten und Re-<lb/> gistraturbüchern vergraben, bis er endlich sich gewaltsam losriß von<lb/> dem Berufe, der wie ein böses Ungeheuer den schönsten Theil seines<lb/> Selbst zu verschlingen drohte. Proch ist der Dichter und Bctoner des<lb/> lieblichen Liedes: Das Alpenhorn, das die Reise um die Welt gemacht hat.<lb/> Allein zwischen der Komposition eines Liedes und der Schöpfung ei-<lb/> ues Opernwcrkes ist ein eben so wesentlicher Unterschied, als zwischen<lb/> dem Lyriker und dem Roman- oder Bühnendichter. So wenig als<lb/> geniale Schubert jemals eine Oper hatte schreiben können, eben so<lb/> "^eng wird Proch in seinem ganzen Leben eine echte musikalische Büh-<lb/> uwschöpfung hervorbringen. Man kann dies sagen, ohne dem Talente</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Wrenzbote» ,8i4. ,,. 76</fw><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0605]
den Grafen an die deponirte Summe, doch wer malt die Bestürzung
des armen Jünglings, als dieser ihn im strengsten Tone zurückweist,
von den ihm anvertrauten Staatsschuldverschreibungcn Nichts wissen
will und dem Betrogenen mit Arrest und der Festung, wo nicht mit
dem Narrenhause droht. Da der Offizier von seinem begründeten
Verlangen nicht absteht, so wird die Sache bald ruchbar und gelangt
zu den Ohren des Kriegsministers, welcher den General zu sich be-
scheidet, um den verdrießlichen Handel zu schlichten und einen Skan¬
dal zu verhüten. Da jedoch der Graf auf seinem Widerspruche ver¬
harrt und sich zur gerichtlichen Eidesleistung erbietet, so ist der Klä¬
ger in Folge des von dem Beklagten abgelegten Rcinigungseidcs ver¬
loren und wird als Verleumder und ehrvergessener Offizier aus den
Reihen des Heeres gestoßen und zu mehrjähriger Festungsstrafe ver¬
dammt. Da gelingt es plötzlich nach längeren Bemühungen, dem Un¬
glücklichen die Beweise seiner Unschuld in die Hände zu spielen, und
auf Grund dieser Behelfe beginnt abermals der Proceß, der nun mit
dem Verderben des des Meineids überführten Grafen endigt. Der
Gereinigte wird alsbald seiner Hast entlassen und erhält seinen Rang
in der Armee zurück, während der Graf von * * * mit Entziehung
des Adels, Ausstoßung aus dem Kriegsdienst und zweijähriger Strafe
in Komorn verurtheilt wird. Die Nummern der Obligationen sollen
bei der Enthüllung des Verbrechens den Hauptdienst geleistet haben.
Graf * * * ist der Sprößling einer uralten polnischen Adelsfamilie
und mit vielen Häusern der österreichischen Aristokratie in nahen ver¬
wandtschaftlichen Beziehungen, was natürlich nicht wenig dazu bei¬
trägt, das Aufsehen zu vergrößern, das diese skandalöse Criminalbege-
benheit in allen Kreisen der hiesigen Gesellschaft erregt.
Im Hofopcrntheater wurde die lang vorher angekündigte Erst¬
lingsoper des bekannten Liedercomponisten Proch aufgeführt. Proch
besitzt offenbares Talent für seine Kunst und hat sich die Bahn zu
seiner gegenwärtigen Stellung als Hoftheaterkapellmeistcr mühsam und
im Kampfe mit den ungünstigsten Umständen erringen müssen. Als
Rechtspraktikant bei der Magistratsbehörde eines Landstädtchens sollte
er seinen Melodicnschatz, der Tausende erfreut, in Klageacten und Re-
gistraturbüchern vergraben, bis er endlich sich gewaltsam losriß von
dem Berufe, der wie ein böses Ungeheuer den schönsten Theil seines
Selbst zu verschlingen drohte. Proch ist der Dichter und Bctoner des
lieblichen Liedes: Das Alpenhorn, das die Reise um die Welt gemacht hat.
Allein zwischen der Komposition eines Liedes und der Schöpfung ei-
ues Opernwcrkes ist ein eben so wesentlicher Unterschied, als zwischen
dem Lyriker und dem Roman- oder Bühnendichter. So wenig als
geniale Schubert jemals eine Oper hatte schreiben können, eben so
"^eng wird Proch in seinem ganzen Leben eine echte musikalische Büh-
uwschöpfung hervorbringen. Man kann dies sagen, ohne dem Talente
Wrenzbote» ,8i4. ,,. 76
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |