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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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recht oder seinen Thronfolgern zustehen und daher der Formfehler
leicht wieder gut gemacht werden können, zumal das Erlöschen des
männlichen königlich dänischen Stammes, wenn es stattfindet, doch
erst vielleicht nach einem Menschenalter eintreten dürste. Ob ^ dann
der regierende Herzog von Augustenburg und die Frau Landgräfin
Wilhelm von Hessen noch leben werden, ist eine keinesweges aus¬
gemachte Thatsache; bisher leben alle, im Fall der Erlöschung des
dänischen Königsstammes interessirte Personen im freundlichsten
Verhältnisse untereinander, und der unerwartete Wittwerstand des
jungen Landgrafen Friedrich von Hessen-Kassel ist eine neue Auf¬
forderung, hier Nichts durch einen voreiligen Verein zu
verwirren, sondern von der weitern Entwickelung die
nöthigen Beschlüsse zu erwarten.

In jedem anderen absolut regierten europäischen Staat würde
man den Privaten und den Provinzialständen sehr ungnädig die
Weisung ertheilen, von der Weisheit und Landesväterlichkeit des
Monarchen die nöthige Fürsorge zu erwarten, die in einem so abso¬
lut regierten Staat zu seiner Zeit nicht ausbleiben dürfte, bis
dahin aber ruhig zuzusehen. Daß die Prätendenten in die¬
sem Falle bewaffnet gegen einander, wie in Spanien, auftreten wer¬
den, ist undenkbar; und da Holstein ein deutsches Bundesland ist, so
ist es um so unpolitischer, wenn der Bürgermeister Ussing und andere
dänische Publicisten vom Könige eine Wirksamkeit erwarten, die der
weisere Monarch zu verschieben für sachgemäßer hält. Vielleicht
möchte Algren Ussing im Jahr 1845 gerne eine eben so wich¬
tige Person werden, als es sein Amtsvorfahr auf dem
letzten dänischen Reichstage im Jahre I66V war.

Fast darf man vermuthen, daß in einigen dänischen Provinzial¬
ständen ein Plan im Hintergrunde liegt, den die dänischen Publici¬
sten nicht laut werden lassen, nämlich: die Aufhebung des Absolutis¬
mus sammt der I^ex re^in vom Könige zu erlangen, dann gemein¬
schaftlich mit solchem auf einem Reichstage eine constitutionelle Mo¬
narchie und ein neues Thronfolgegesetz zu publiciren. Dazu würde
man dann auch die Provinzialstände von Schleswig und Holstein
mit Lauenburg berufen und vielleicht suchen, für das Haus Augusten¬
burg oder für das hessensche Haus die jetzigen dänischen Staate" in


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recht oder seinen Thronfolgern zustehen und daher der Formfehler
leicht wieder gut gemacht werden können, zumal das Erlöschen des
männlichen königlich dänischen Stammes, wenn es stattfindet, doch
erst vielleicht nach einem Menschenalter eintreten dürste. Ob ^ dann
der regierende Herzog von Augustenburg und die Frau Landgräfin
Wilhelm von Hessen noch leben werden, ist eine keinesweges aus¬
gemachte Thatsache; bisher leben alle, im Fall der Erlöschung des
dänischen Königsstammes interessirte Personen im freundlichsten
Verhältnisse untereinander, und der unerwartete Wittwerstand des
jungen Landgrafen Friedrich von Hessen-Kassel ist eine neue Auf¬
forderung, hier Nichts durch einen voreiligen Verein zu
verwirren, sondern von der weitern Entwickelung die
nöthigen Beschlüsse zu erwarten.

In jedem anderen absolut regierten europäischen Staat würde
man den Privaten und den Provinzialständen sehr ungnädig die
Weisung ertheilen, von der Weisheit und Landesväterlichkeit des
Monarchen die nöthige Fürsorge zu erwarten, die in einem so abso¬
lut regierten Staat zu seiner Zeit nicht ausbleiben dürfte, bis
dahin aber ruhig zuzusehen. Daß die Prätendenten in die¬
sem Falle bewaffnet gegen einander, wie in Spanien, auftreten wer¬
den, ist undenkbar; und da Holstein ein deutsches Bundesland ist, so
ist es um so unpolitischer, wenn der Bürgermeister Ussing und andere
dänische Publicisten vom Könige eine Wirksamkeit erwarten, die der
weisere Monarch zu verschieben für sachgemäßer hält. Vielleicht
möchte Algren Ussing im Jahr 1845 gerne eine eben so wich¬
tige Person werden, als es sein Amtsvorfahr auf dem
letzten dänischen Reichstage im Jahre I66V war.

Fast darf man vermuthen, daß in einigen dänischen Provinzial¬
ständen ein Plan im Hintergrunde liegt, den die dänischen Publici¬
sten nicht laut werden lassen, nämlich: die Aufhebung des Absolutis¬
mus sammt der I^ex re^in vom Könige zu erlangen, dann gemein¬
schaftlich mit solchem auf einem Reichstage eine constitutionelle Mo¬
narchie und ein neues Thronfolgegesetz zu publiciren. Dazu würde
man dann auch die Provinzialstände von Schleswig und Holstein
mit Lauenburg berufen und vielleicht suchen, für das Haus Augusten¬
burg oder für das hessensche Haus die jetzigen dänischen Staate» in


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[0551] recht oder seinen Thronfolgern zustehen und daher der Formfehler leicht wieder gut gemacht werden können, zumal das Erlöschen des männlichen königlich dänischen Stammes, wenn es stattfindet, doch erst vielleicht nach einem Menschenalter eintreten dürste. Ob ^ dann der regierende Herzog von Augustenburg und die Frau Landgräfin Wilhelm von Hessen noch leben werden, ist eine keinesweges aus¬ gemachte Thatsache; bisher leben alle, im Fall der Erlöschung des dänischen Königsstammes interessirte Personen im freundlichsten Verhältnisse untereinander, und der unerwartete Wittwerstand des jungen Landgrafen Friedrich von Hessen-Kassel ist eine neue Auf¬ forderung, hier Nichts durch einen voreiligen Verein zu verwirren, sondern von der weitern Entwickelung die nöthigen Beschlüsse zu erwarten. In jedem anderen absolut regierten europäischen Staat würde man den Privaten und den Provinzialständen sehr ungnädig die Weisung ertheilen, von der Weisheit und Landesväterlichkeit des Monarchen die nöthige Fürsorge zu erwarten, die in einem so abso¬ lut regierten Staat zu seiner Zeit nicht ausbleiben dürfte, bis dahin aber ruhig zuzusehen. Daß die Prätendenten in die¬ sem Falle bewaffnet gegen einander, wie in Spanien, auftreten wer¬ den, ist undenkbar; und da Holstein ein deutsches Bundesland ist, so ist es um so unpolitischer, wenn der Bürgermeister Ussing und andere dänische Publicisten vom Könige eine Wirksamkeit erwarten, die der weisere Monarch zu verschieben für sachgemäßer hält. Vielleicht möchte Algren Ussing im Jahr 1845 gerne eine eben so wich¬ tige Person werden, als es sein Amtsvorfahr auf dem letzten dänischen Reichstage im Jahre I66V war. Fast darf man vermuthen, daß in einigen dänischen Provinzial¬ ständen ein Plan im Hintergrunde liegt, den die dänischen Publici¬ sten nicht laut werden lassen, nämlich: die Aufhebung des Absolutis¬ mus sammt der I^ex re^in vom Könige zu erlangen, dann gemein¬ schaftlich mit solchem auf einem Reichstage eine constitutionelle Mo¬ narchie und ein neues Thronfolgegesetz zu publiciren. Dazu würde man dann auch die Provinzialstände von Schleswig und Holstein mit Lauenburg berufen und vielleicht suchen, für das Haus Augusten¬ burg oder für das hessensche Haus die jetzigen dänischen Staate» in 69

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/551>, abgerufen am 01.09.2024.