Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

ich eS aufrichtig meinte, wenn ich auch irrte. Wem soll man ferner
trauen, wenn ich die gute Sache verrathe? Wollte ich auch mit
meinem Gewissen zerfallen, das wäre das größte, aber nicht das
einzige Unglück, das mir in österreichischen Diensten bevorstünde. Man
würde mir dort nie trauen und ich lebte in ewiger Gefangenschaft.
Genz war zwar früher auch liberal, aber er konnte Bürgschaft geben
seiner aufrichtigen Bekehrung, die ich nicht geben kann. Genz war
schon viele Jahre, ehe er in österreichische Dienste trat, an England
verkauft. Er ist sinnlich, verschwenderisch, der liederlichste Mensch im
Lande, er läßt sich jeden Vormittag eine Bouillon von fünfzehn Pfund
Fleisch kochen. Ich bin nicht der Art; wenn ich in Wien nicht zu
Nacht esse, werde ich schon für einen Carbonaro gehalten."




ich eS aufrichtig meinte, wenn ich auch irrte. Wem soll man ferner
trauen, wenn ich die gute Sache verrathe? Wollte ich auch mit
meinem Gewissen zerfallen, das wäre das größte, aber nicht das
einzige Unglück, das mir in österreichischen Diensten bevorstünde. Man
würde mir dort nie trauen und ich lebte in ewiger Gefangenschaft.
Genz war zwar früher auch liberal, aber er konnte Bürgschaft geben
seiner aufrichtigen Bekehrung, die ich nicht geben kann. Genz war
schon viele Jahre, ehe er in österreichische Dienste trat, an England
verkauft. Er ist sinnlich, verschwenderisch, der liederlichste Mensch im
Lande, er läßt sich jeden Vormittag eine Bouillon von fünfzehn Pfund
Fleisch kochen. Ich bin nicht der Art; wenn ich in Wien nicht zu
Nacht esse, werde ich schon für einen Carbonaro gehalten."




<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0510" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181694"/>
            <p xml:id="ID_1458" prev="#ID_1457"> ich eS aufrichtig meinte, wenn ich auch irrte. Wem soll man ferner<lb/>
trauen, wenn ich die gute Sache verrathe? Wollte ich auch mit<lb/>
meinem Gewissen zerfallen, das wäre das größte, aber nicht das<lb/>
einzige Unglück, das mir in österreichischen Diensten bevorstünde. Man<lb/>
würde mir dort nie trauen und ich lebte in ewiger Gefangenschaft.<lb/>
Genz war zwar früher auch liberal, aber er konnte Bürgschaft geben<lb/>
seiner aufrichtigen Bekehrung, die ich nicht geben kann. Genz war<lb/>
schon viele Jahre, ehe er in österreichische Dienste trat, an England<lb/>
verkauft. Er ist sinnlich, verschwenderisch, der liederlichste Mensch im<lb/>
Lande, er läßt sich jeden Vormittag eine Bouillon von fünfzehn Pfund<lb/>
Fleisch kochen. Ich bin nicht der Art; wenn ich in Wien nicht zu<lb/>
Nacht esse, werde ich schon für einen Carbonaro gehalten."</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0510] ich eS aufrichtig meinte, wenn ich auch irrte. Wem soll man ferner trauen, wenn ich die gute Sache verrathe? Wollte ich auch mit meinem Gewissen zerfallen, das wäre das größte, aber nicht das einzige Unglück, das mir in österreichischen Diensten bevorstünde. Man würde mir dort nie trauen und ich lebte in ewiger Gefangenschaft. Genz war zwar früher auch liberal, aber er konnte Bürgschaft geben seiner aufrichtigen Bekehrung, die ich nicht geben kann. Genz war schon viele Jahre, ehe er in österreichische Dienste trat, an England verkauft. Er ist sinnlich, verschwenderisch, der liederlichste Mensch im Lande, er läßt sich jeden Vormittag eine Bouillon von fünfzehn Pfund Fleisch kochen. Ich bin nicht der Art; wenn ich in Wien nicht zu Nacht esse, werde ich schon für einen Carbonaro gehalten."

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/510
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/510>, abgerufen am 28.07.2024.