Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.die antiquarische Forschung eines Hock, sie mögen geduldet werden, Also man studirt Hegel'sche Philosophie. Zwar wird sie nir¬ Erner, kaiserlich königlicher Professor der k. k. Philosophie in die antiquarische Forschung eines Hock, sie mögen geduldet werden, Also man studirt Hegel'sche Philosophie. Zwar wird sie nir¬ Erner, kaiserlich königlicher Professor der k. k. Philosophie in <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0438" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181622"/> <p xml:id="ID_1213" prev="#ID_1212"> die antiquarische Forschung eines Hock, sie mögen geduldet werden,<lb/> wie man sich ja auch um die unschuldige Zwiebellicbhaberei eines<lb/> gutmüthigen Blumenfreundes nicht kümmert. Aber der lebende und<lb/> webende Gedanke des lichten Tages, die frische sonnige Aetherströ-<lb/> mung, die ans dem bewegten Treiben der Gegenwart in die dunk¬<lb/> len, dumpfigen Studirstuben eindringt, kurz, die eigentlich praktische<lb/> Philosophie, sie mag fern bleiben den schwarzgelben Schranken, wenn<lb/> sie die freie, unbeschränkte Philosophie bleiben will. Und doch will<lb/> man Contrebande-Philosophie in Oesterreich entdeckt haben! geheim<lb/> eingeschmuggelte Studien, die sich allgemach an das Tageslicht wa¬<lb/> gen. Sollte man es glauben, Hegel wird in Oesterreich studirt,<lb/> eifrig studirt und sogar--widerlegt! Fast scheint aber daS<lb/> Letztere noch wahrscheinlicher, als das Erstere. Denn eine Philoso¬<lb/> phie widerlegen ist leichter, als sie studiren. Die Widerlegung braucht<lb/> sich allenfalls nur an die gefährlichen Konsequenzen zu halten, das<lb/> Studium muß auch die unpraktischen, langweiligen Prämissen durch¬<lb/> machen. Hegel widerlegen kann nicht blos Professor Erner in<lb/> Prag, das kann auch die Polizei. Aber ihn — nämlich Hegel —<lb/> studiren? — Das wird sie bleiben lassen, obgleich er ihr das Wort<lb/> geredet, obgleich er selbst eine stark polizeilich gesinnte Natur war.</p><lb/> <p xml:id="ID_1214"> Also man studirt Hegel'sche Philosophie. Zwar wird sie nir¬<lb/> gends gelehrt; aber sie schleicht sich auf einer Universität der Pro¬<lb/> vinz, wenn auch in homöopathischer Verdünnung, in den Vortrag<lb/> ein, auf einer anderen wird sie direct bekämpft. Doch wir wollen<lb/> Niemand, selbst nicht wider Willen, denunciren, wenn anders Phi¬<lb/> losophiren überhaupt, oder Hegelthum insbesondere ein Gegenstand<lb/> unwillkommener Zurechnung sein sollte. Wir wollen uns also nur<lb/> an die literarischen Thatsachen halten. In Prag und Wien regen<lb/> sich philosophische Bestrebungen. Dort, in der Nähe von Leipzig,<lb/> hängt man dem nüchternen Herbart an, hier, im warmen Süden,<lb/> studirt man den Schwaben Hegel und sucht seine Ansichten, ohne<lb/> sich mit unfruchtbaren principiellen Forschungen abzumühen, mit süd¬<lb/> licher Lebhaftigkeit und katholischer Gläubigkeit sogleich in die Special-<lb/> wissenschaft des Rechts einzuführen und zu verarbeiten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1215" next="#ID_1216"> Erner, kaiserlich königlicher Professor der k. k. Philosophie in<lb/> Prag, ein Verehrer Herbart's, bethätigt sich noch mehr als Be¬<lb/> kämpfter Hegel's. Er hat zwei Broschüren gegen die Psychologie</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0438]
die antiquarische Forschung eines Hock, sie mögen geduldet werden,
wie man sich ja auch um die unschuldige Zwiebellicbhaberei eines
gutmüthigen Blumenfreundes nicht kümmert. Aber der lebende und
webende Gedanke des lichten Tages, die frische sonnige Aetherströ-
mung, die ans dem bewegten Treiben der Gegenwart in die dunk¬
len, dumpfigen Studirstuben eindringt, kurz, die eigentlich praktische
Philosophie, sie mag fern bleiben den schwarzgelben Schranken, wenn
sie die freie, unbeschränkte Philosophie bleiben will. Und doch will
man Contrebande-Philosophie in Oesterreich entdeckt haben! geheim
eingeschmuggelte Studien, die sich allgemach an das Tageslicht wa¬
gen. Sollte man es glauben, Hegel wird in Oesterreich studirt,
eifrig studirt und sogar--widerlegt! Fast scheint aber daS
Letztere noch wahrscheinlicher, als das Erstere. Denn eine Philoso¬
phie widerlegen ist leichter, als sie studiren. Die Widerlegung braucht
sich allenfalls nur an die gefährlichen Konsequenzen zu halten, das
Studium muß auch die unpraktischen, langweiligen Prämissen durch¬
machen. Hegel widerlegen kann nicht blos Professor Erner in
Prag, das kann auch die Polizei. Aber ihn — nämlich Hegel —
studiren? — Das wird sie bleiben lassen, obgleich er ihr das Wort
geredet, obgleich er selbst eine stark polizeilich gesinnte Natur war.
Also man studirt Hegel'sche Philosophie. Zwar wird sie nir¬
gends gelehrt; aber sie schleicht sich auf einer Universität der Pro¬
vinz, wenn auch in homöopathischer Verdünnung, in den Vortrag
ein, auf einer anderen wird sie direct bekämpft. Doch wir wollen
Niemand, selbst nicht wider Willen, denunciren, wenn anders Phi¬
losophiren überhaupt, oder Hegelthum insbesondere ein Gegenstand
unwillkommener Zurechnung sein sollte. Wir wollen uns also nur
an die literarischen Thatsachen halten. In Prag und Wien regen
sich philosophische Bestrebungen. Dort, in der Nähe von Leipzig,
hängt man dem nüchternen Herbart an, hier, im warmen Süden,
studirt man den Schwaben Hegel und sucht seine Ansichten, ohne
sich mit unfruchtbaren principiellen Forschungen abzumühen, mit süd¬
licher Lebhaftigkeit und katholischer Gläubigkeit sogleich in die Special-
wissenschaft des Rechts einzuführen und zu verarbeiten.
Erner, kaiserlich königlicher Professor der k. k. Philosophie in
Prag, ein Verehrer Herbart's, bethätigt sich noch mehr als Be¬
kämpfter Hegel's. Er hat zwei Broschüren gegen die Psychologie
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