Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

gelblichen Ton der meisten italienischen Darstellungen losgemacht
und ist dabei vortheilhaft seiner Eigenthümlichkeit gefolgt. Das We¬
sen der verschiedenen Leute: Soldaten, Landleute, Maultiertreiber,
vornehme Damen und Abbates, ist vortrefflich charakterifirt, obgleich
nicht so scharf, wie man es hätte von dem Maler der "Kunstreiter¬
gesellschaft" erwarten können. -- Eine Pifferari-Gruppe von
Kaselowsky zeichnet sich, obgleich ohne besonderes Leben, durch
einen kräftigen, echt südlichen Vortrag aus, der ungemein an Pol¬
lack erinnert, den wir leider schon bei vielen Ausstellungen vermi߬
ten. -- Otto Meier'S: Scenen aus dem römischen Volksleben
zeichnen sich durch eine ungemein glückliche Derbheit der Charakter-
Zeichnung aus. Ich erwähne nur die Tabaköraucher, in denen
der Maler die ersten Versuche in der edeln Rauchkunst von sechs bis
sieben jungen Bengels darstellt. Bei manchen stellen sich bereits die
Folgen ein; der eine krümmt und windet sich am Boden, den an¬
dern sehen wir bereits im Hintergrunde an einen Baum gelehnt in
der kläglichsten Situation, während die Hauptperson der Gesellschaft,
offenbar der Anstifter des Vergnügens, ein köstlicher Bengel von
etwa dreizehn Jahren, mit gespreizten Beinen und eingestemmten
Arm in der Mitte des Bildes steht und den Rauch seiner kurzen
Pfeife, spöttisch lächelnd, von sich bläst. Das Alles macht einen
bleibend komischen Eindruck. Auch dieser Maler hat sich von der oft
so süßlichen italienischen Farbe, aber nicht zu seinem Vortheil losge¬
macht, denn er bleibt nicht originell. Er geht zu der derben Behand¬
lung le Poitevin's über, ohne so glücklich in der Farbe zu sein. F.
Bouter weck in Paris malte den neapolitanischen Tanz: La Ta¬
rantella, nicht eben sehr decent, aber gewiß so, wie er ist, d. h.
üppig sinnlich. Einen unangenehmen Eindruck macht das viele Roth
in dem Bilde. -- Noch tiefer nach Süden ging der bekannte Düs¬
seldorfer H. Kretschmer, der uns die Resultate seiner Reise nach
Aegypten in drei großen Bildern gibt, die durch den Reiz der Neu¬
heit gefallen. Reisende Araber in der Wüste, vom Samum über¬
rascht, ist eine Scene, die durch ihre Entsetzlichkeit einen tiefen, wenn
auch nicht wohlthuenden Eindruck macht. Wie der gelbe, glühende
Sand in dichten Massen aufwirbelt, wie sich Menschen und Thiere
vor dem verderbenbringenden Winde zu schützen suchen! was dem
Maler besonders zu hübschen Stellungen Gelegenheit gab. Ein zwei-


gelblichen Ton der meisten italienischen Darstellungen losgemacht
und ist dabei vortheilhaft seiner Eigenthümlichkeit gefolgt. Das We¬
sen der verschiedenen Leute: Soldaten, Landleute, Maultiertreiber,
vornehme Damen und Abbates, ist vortrefflich charakterifirt, obgleich
nicht so scharf, wie man es hätte von dem Maler der „Kunstreiter¬
gesellschaft" erwarten können. — Eine Pifferari-Gruppe von
Kaselowsky zeichnet sich, obgleich ohne besonderes Leben, durch
einen kräftigen, echt südlichen Vortrag aus, der ungemein an Pol¬
lack erinnert, den wir leider schon bei vielen Ausstellungen vermi߬
ten. — Otto Meier'S: Scenen aus dem römischen Volksleben
zeichnen sich durch eine ungemein glückliche Derbheit der Charakter-
Zeichnung aus. Ich erwähne nur die Tabaköraucher, in denen
der Maler die ersten Versuche in der edeln Rauchkunst von sechs bis
sieben jungen Bengels darstellt. Bei manchen stellen sich bereits die
Folgen ein; der eine krümmt und windet sich am Boden, den an¬
dern sehen wir bereits im Hintergrunde an einen Baum gelehnt in
der kläglichsten Situation, während die Hauptperson der Gesellschaft,
offenbar der Anstifter des Vergnügens, ein köstlicher Bengel von
etwa dreizehn Jahren, mit gespreizten Beinen und eingestemmten
Arm in der Mitte des Bildes steht und den Rauch seiner kurzen
Pfeife, spöttisch lächelnd, von sich bläst. Das Alles macht einen
bleibend komischen Eindruck. Auch dieser Maler hat sich von der oft
so süßlichen italienischen Farbe, aber nicht zu seinem Vortheil losge¬
macht, denn er bleibt nicht originell. Er geht zu der derben Behand¬
lung le Poitevin's über, ohne so glücklich in der Farbe zu sein. F.
Bouter weck in Paris malte den neapolitanischen Tanz: La Ta¬
rantella, nicht eben sehr decent, aber gewiß so, wie er ist, d. h.
üppig sinnlich. Einen unangenehmen Eindruck macht das viele Roth
in dem Bilde. — Noch tiefer nach Süden ging der bekannte Düs¬
seldorfer H. Kretschmer, der uns die Resultate seiner Reise nach
Aegypten in drei großen Bildern gibt, die durch den Reiz der Neu¬
heit gefallen. Reisende Araber in der Wüste, vom Samum über¬
rascht, ist eine Scene, die durch ihre Entsetzlichkeit einen tiefen, wenn
auch nicht wohlthuenden Eindruck macht. Wie der gelbe, glühende
Sand in dichten Massen aufwirbelt, wie sich Menschen und Thiere
vor dem verderbenbringenden Winde zu schützen suchen! was dem
Maler besonders zu hübschen Stellungen Gelegenheit gab. Ein zwei-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0368" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181552"/>
            <p xml:id="ID_1043" prev="#ID_1042" next="#ID_1044"> gelblichen Ton der meisten italienischen Darstellungen losgemacht<lb/>
und ist dabei vortheilhaft seiner Eigenthümlichkeit gefolgt. Das We¬<lb/>
sen der verschiedenen Leute: Soldaten, Landleute, Maultiertreiber,<lb/>
vornehme Damen und Abbates, ist vortrefflich charakterifirt, obgleich<lb/>
nicht so scharf, wie man es hätte von dem Maler der &#x201E;Kunstreiter¬<lb/>
gesellschaft" erwarten können. &#x2014; Eine Pifferari-Gruppe von<lb/>
Kaselowsky zeichnet sich, obgleich ohne besonderes Leben, durch<lb/>
einen kräftigen, echt südlichen Vortrag aus, der ungemein an Pol¬<lb/>
lack erinnert, den wir leider schon bei vielen Ausstellungen vermi߬<lb/>
ten. &#x2014; Otto Meier'S: Scenen aus dem römischen Volksleben<lb/>
zeichnen sich durch eine ungemein glückliche Derbheit der Charakter-<lb/>
Zeichnung aus. Ich erwähne nur die Tabaköraucher, in denen<lb/>
der Maler die ersten Versuche in der edeln Rauchkunst von sechs bis<lb/>
sieben jungen Bengels darstellt. Bei manchen stellen sich bereits die<lb/>
Folgen ein; der eine krümmt und windet sich am Boden, den an¬<lb/>
dern sehen wir bereits im Hintergrunde an einen Baum gelehnt in<lb/>
der kläglichsten Situation, während die Hauptperson der Gesellschaft,<lb/>
offenbar der Anstifter des Vergnügens, ein köstlicher Bengel von<lb/>
etwa dreizehn Jahren, mit gespreizten Beinen und eingestemmten<lb/>
Arm in der Mitte des Bildes steht und den Rauch seiner kurzen<lb/>
Pfeife, spöttisch lächelnd, von sich bläst. Das Alles macht einen<lb/>
bleibend komischen Eindruck. Auch dieser Maler hat sich von der oft<lb/>
so süßlichen italienischen Farbe, aber nicht zu seinem Vortheil losge¬<lb/>
macht, denn er bleibt nicht originell. Er geht zu der derben Behand¬<lb/>
lung le Poitevin's über, ohne so glücklich in der Farbe zu sein. F.<lb/>
Bouter weck in Paris malte den neapolitanischen Tanz: La Ta¬<lb/>
rantella, nicht eben sehr decent, aber gewiß so, wie er ist, d. h.<lb/>
üppig sinnlich. Einen unangenehmen Eindruck macht das viele Roth<lb/>
in dem Bilde. &#x2014; Noch tiefer nach Süden ging der bekannte Düs¬<lb/>
seldorfer H. Kretschmer, der uns die Resultate seiner Reise nach<lb/>
Aegypten in drei großen Bildern gibt, die durch den Reiz der Neu¬<lb/>
heit gefallen. Reisende Araber in der Wüste, vom Samum über¬<lb/>
rascht, ist eine Scene, die durch ihre Entsetzlichkeit einen tiefen, wenn<lb/>
auch nicht wohlthuenden Eindruck macht. Wie der gelbe, glühende<lb/>
Sand in dichten Massen aufwirbelt, wie sich Menschen und Thiere<lb/>
vor dem verderbenbringenden Winde zu schützen suchen! was dem<lb/>
Maler besonders zu hübschen Stellungen Gelegenheit gab. Ein zwei-</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0368] gelblichen Ton der meisten italienischen Darstellungen losgemacht und ist dabei vortheilhaft seiner Eigenthümlichkeit gefolgt. Das We¬ sen der verschiedenen Leute: Soldaten, Landleute, Maultiertreiber, vornehme Damen und Abbates, ist vortrefflich charakterifirt, obgleich nicht so scharf, wie man es hätte von dem Maler der „Kunstreiter¬ gesellschaft" erwarten können. — Eine Pifferari-Gruppe von Kaselowsky zeichnet sich, obgleich ohne besonderes Leben, durch einen kräftigen, echt südlichen Vortrag aus, der ungemein an Pol¬ lack erinnert, den wir leider schon bei vielen Ausstellungen vermi߬ ten. — Otto Meier'S: Scenen aus dem römischen Volksleben zeichnen sich durch eine ungemein glückliche Derbheit der Charakter- Zeichnung aus. Ich erwähne nur die Tabaköraucher, in denen der Maler die ersten Versuche in der edeln Rauchkunst von sechs bis sieben jungen Bengels darstellt. Bei manchen stellen sich bereits die Folgen ein; der eine krümmt und windet sich am Boden, den an¬ dern sehen wir bereits im Hintergrunde an einen Baum gelehnt in der kläglichsten Situation, während die Hauptperson der Gesellschaft, offenbar der Anstifter des Vergnügens, ein köstlicher Bengel von etwa dreizehn Jahren, mit gespreizten Beinen und eingestemmten Arm in der Mitte des Bildes steht und den Rauch seiner kurzen Pfeife, spöttisch lächelnd, von sich bläst. Das Alles macht einen bleibend komischen Eindruck. Auch dieser Maler hat sich von der oft so süßlichen italienischen Farbe, aber nicht zu seinem Vortheil losge¬ macht, denn er bleibt nicht originell. Er geht zu der derben Behand¬ lung le Poitevin's über, ohne so glücklich in der Farbe zu sein. F. Bouter weck in Paris malte den neapolitanischen Tanz: La Ta¬ rantella, nicht eben sehr decent, aber gewiß so, wie er ist, d. h. üppig sinnlich. Einen unangenehmen Eindruck macht das viele Roth in dem Bilde. — Noch tiefer nach Süden ging der bekannte Düs¬ seldorfer H. Kretschmer, der uns die Resultate seiner Reise nach Aegypten in drei großen Bildern gibt, die durch den Reiz der Neu¬ heit gefallen. Reisende Araber in der Wüste, vom Samum über¬ rascht, ist eine Scene, die durch ihre Entsetzlichkeit einen tiefen, wenn auch nicht wohlthuenden Eindruck macht. Wie der gelbe, glühende Sand in dichten Massen aufwirbelt, wie sich Menschen und Thiere vor dem verderbenbringenden Winde zu schützen suchen! was dem Maler besonders zu hübschen Stellungen Gelegenheit gab. Ein zwei-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/368
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/368>, abgerufen am 28.07.2024.