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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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sondern als Lieutenant, und der König äußerte sich unwillig darüber
als Mensch. Seine besten Vorsatze, sein edelstes Wollen hat der
Deutsche immer nur "als Mensch", als Fachmensch aber, denkt er oft,
könne er aufhören, als Mensch zu handeln.

-- Auch Tilly hat nun sein Monument und zwar, wie Wrede,
in der von König Ludwig zu München errichteten "Feldherrnhalla".
Der königliche Dichter hielt bei Enthüllung desselben eine kurze Rede
und bedauerte, daß Tilly "zwei Jahrhunderte lang arg verleumdet
war". Darüber sollte man doch Herrn von Hormayer fragen, den
gedächtnißriesigen, alleswissenden Geschichtsforscher. Freilich ist Hor¬
mayer jetzt in baierischen Diensten, und bei seinen Jahren ist kaum
zu erwarten, daß er sich noch mit Baiern brouillirt und etwa nach
Preußen geht. Sonst hatten wir gewiß wieder sehr interessante und
wichtige deutsche Lebensbilder zu hoffen. ,

-- Es gibt Leute, die sich den Kopf darüber zerbrechen, was der
König von Preußen mit der von Freiligrath zurückgegebenen Penston
anfangen werde. Dreihundert Thaler sind immer ein hübsches Sümm¬
chen. Einige sagen, Emanuel Geldt und Becker würden sie als Zu¬
lage erhalten, wahrend Andere versichern, Geldt fühle sich unglücklich,
seit er mit den dreihundert Thalern allein steht, und gehe mit dem
Plan um, sie ebenfalls in die Hände des Königs zurückzulegen. Nun
hätten wir schon sechshundert. Es ist genug. Wir w. oller nicht so
kühn sein, vorauszusetzen, daß etwa Schelling, Tieck und Cornelius
auch ihren Penstonen untreu werden. Aber was fangen wir mit den
sechshundert Thalern an? Wir würden dem König von Preußen,
der ja schon die englische litsrar^-luna-soviot^ reichlich unterstützt
hat, den Rath geben, die Summe dem Leipziger "Verein zur Unter¬
stützung hilfsbedürftiger Literaten" zu schenken. Der Verein, dessen
Mitglieder für sich wohl keine Pension annähmen, könnte doch, der
Sache wegen, das königliche Geschenk nicht ausschlagen.

-- Es verdient bemerkt zu werden, daß im Laufe weniger Mo¬
nate drei dramatische Dichtungen erschienen sind, welche die Schicksale
und mancherlei Kampfe Kaiser Heinrich's IV. behandeln, eine von
Rückert, die andere von Köster, die dritte von einem Ungenannten,
von dessen Trilogie der erste Theil in Stuttgart bei Hallberger erschien.
Die Recensenten unterlassen nicht, in ihre kritischen Prozesse alle drei
Dichtungen zu verwickeln; doch möchte es zweckmäßig sein, ihrem kur¬
zen Gedächtniß nachzuhelfen und hier zu erwähnen, daß diesen Hein¬
richsdramen seit 1837 bereits drei von andern Verfassern vorangegan¬
gen sind, zuerst ein "Kaiser Heinrich IV." von H. Marggraff, ein


sondern als Lieutenant, und der König äußerte sich unwillig darüber
als Mensch. Seine besten Vorsatze, sein edelstes Wollen hat der
Deutsche immer nur „als Mensch", als Fachmensch aber, denkt er oft,
könne er aufhören, als Mensch zu handeln.

— Auch Tilly hat nun sein Monument und zwar, wie Wrede,
in der von König Ludwig zu München errichteten „Feldherrnhalla".
Der königliche Dichter hielt bei Enthüllung desselben eine kurze Rede
und bedauerte, daß Tilly „zwei Jahrhunderte lang arg verleumdet
war". Darüber sollte man doch Herrn von Hormayer fragen, den
gedächtnißriesigen, alleswissenden Geschichtsforscher. Freilich ist Hor¬
mayer jetzt in baierischen Diensten, und bei seinen Jahren ist kaum
zu erwarten, daß er sich noch mit Baiern brouillirt und etwa nach
Preußen geht. Sonst hatten wir gewiß wieder sehr interessante und
wichtige deutsche Lebensbilder zu hoffen. ,

— Es gibt Leute, die sich den Kopf darüber zerbrechen, was der
König von Preußen mit der von Freiligrath zurückgegebenen Penston
anfangen werde. Dreihundert Thaler sind immer ein hübsches Sümm¬
chen. Einige sagen, Emanuel Geldt und Becker würden sie als Zu¬
lage erhalten, wahrend Andere versichern, Geldt fühle sich unglücklich,
seit er mit den dreihundert Thalern allein steht, und gehe mit dem
Plan um, sie ebenfalls in die Hände des Königs zurückzulegen. Nun
hätten wir schon sechshundert. Es ist genug. Wir w. oller nicht so
kühn sein, vorauszusetzen, daß etwa Schelling, Tieck und Cornelius
auch ihren Penstonen untreu werden. Aber was fangen wir mit den
sechshundert Thalern an? Wir würden dem König von Preußen,
der ja schon die englische litsrar^-luna-soviot^ reichlich unterstützt
hat, den Rath geben, die Summe dem Leipziger „Verein zur Unter¬
stützung hilfsbedürftiger Literaten" zu schenken. Der Verein, dessen
Mitglieder für sich wohl keine Pension annähmen, könnte doch, der
Sache wegen, das königliche Geschenk nicht ausschlagen.

— Es verdient bemerkt zu werden, daß im Laufe weniger Mo¬
nate drei dramatische Dichtungen erschienen sind, welche die Schicksale
und mancherlei Kampfe Kaiser Heinrich's IV. behandeln, eine von
Rückert, die andere von Köster, die dritte von einem Ungenannten,
von dessen Trilogie der erste Theil in Stuttgart bei Hallberger erschien.
Die Recensenten unterlassen nicht, in ihre kritischen Prozesse alle drei
Dichtungen zu verwickeln; doch möchte es zweckmäßig sein, ihrem kur¬
zen Gedächtniß nachzuhelfen und hier zu erwähnen, daß diesen Hein¬
richsdramen seit 1837 bereits drei von andern Verfassern vorangegan¬
gen sind, zuerst ein „Kaiser Heinrich IV." von H. Marggraff, ein


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/243>, abgerufen am 27.07.2024.