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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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besonders zu der malerischen Boina kleidsam ist. Diese Samarra
ersetzte bei den carlistischen Offizieren und bei den vielen christinischen
Freicorps aus dem Baskenland gewöhnlich jede andere Uniform.

Die baskische Sprache, die nur in dem nördlichen Theil Na-
varras und der Provinzen, in den Gebirgsgegenden, wie auf dem
nördlichen Abhang der französischen Pyrenäen gesprochen wird, klingt
rein, voll und kräftig. Man hört nur helle, schöne Töne, keine Na¬
senlaute, keine Verschluckungen. Sie wird lebhaft, mit viel Deklamation
und Pathos gesprochen. So wenig man bis jetzt irgend eine Aehn-
lichkeit zwischen der baskischen und irgend einer anderen jetzt bekann¬
ten lebenden oder todten Sprache hat finden können -- auch die
Sprache ist urHaft -- so merkwürdig ist die Verschiedenheit der man-
nichfachen baskischen Dialecte unter sich, deren es bei einem Volke
von höchstens hunderttausend bis hundert und fünfzigtausend Men¬
schen mehr als zehn gibt. Recht oben im Gebirg wird vom Volke
das Baskische allein gesprochen, da versteht der gemeine Mann kein
Wort Castilianisch, Kirche, Schule, Gerichte sind baskisch; weiter¬
hin jedoch gegen Süden klingt schon die castilianische daneben, die
nun auch in Schrift und vor Gericht immer mehr vorherrschend wird;
ganz im Süden, in den Ebenen von Navara und Alava, dem
Ebro zu, hört das Baskische ganz auf.

Das baskische Haus ist der Gebirgsgegend und dem Bedürf¬
niß der Bewohner entsprechend. Durch den Eingang, der meist nied¬
rig, aber mit festem Granit eingefaßt ist, und über dem in Stein
gehauen das Familienwappen prangt, tritt man zur ebenen Erde in
eine Art von Hausflur, wo sich Lagerplätze für die Maulthiere be¬
finden, und an die sich gewöhnlich nach hinten zu weitläufige Stal¬
lungen anschließen. Von hier gelangt man seitwärts, einige Stufen
steigend, in die Küche, die zugleich als Wohnstube dient. Gerade in
der Mitte lodert auf dem freien gepflasterten Fußboden und von ei¬
nem eisernen Reif eingefaßt, ein stets wohlunterhaltenes Feuer, des¬
sen Rauch durch den breiten Schornstein, der den Ausgang eines
runden, die ganze Küche bedeckenden Gewölbes bildet, abzieht. Rund
um diesen Herd befinden sich Bänke; hier ruhen die arbeitsamen
Männer, bei lebhaftem Gespräch, von den Mühen des Tages aus,
während die Frauen, um das Feuer hockend, in einer Menge kleiner,
mannigfaltig gestalteter Töpfe die Mahlzeit bereiten, für jedes Mit-


besonders zu der malerischen Boina kleidsam ist. Diese Samarra
ersetzte bei den carlistischen Offizieren und bei den vielen christinischen
Freicorps aus dem Baskenland gewöhnlich jede andere Uniform.

Die baskische Sprache, die nur in dem nördlichen Theil Na-
varras und der Provinzen, in den Gebirgsgegenden, wie auf dem
nördlichen Abhang der französischen Pyrenäen gesprochen wird, klingt
rein, voll und kräftig. Man hört nur helle, schöne Töne, keine Na¬
senlaute, keine Verschluckungen. Sie wird lebhaft, mit viel Deklamation
und Pathos gesprochen. So wenig man bis jetzt irgend eine Aehn-
lichkeit zwischen der baskischen und irgend einer anderen jetzt bekann¬
ten lebenden oder todten Sprache hat finden können — auch die
Sprache ist urHaft — so merkwürdig ist die Verschiedenheit der man-
nichfachen baskischen Dialecte unter sich, deren es bei einem Volke
von höchstens hunderttausend bis hundert und fünfzigtausend Men¬
schen mehr als zehn gibt. Recht oben im Gebirg wird vom Volke
das Baskische allein gesprochen, da versteht der gemeine Mann kein
Wort Castilianisch, Kirche, Schule, Gerichte sind baskisch; weiter¬
hin jedoch gegen Süden klingt schon die castilianische daneben, die
nun auch in Schrift und vor Gericht immer mehr vorherrschend wird;
ganz im Süden, in den Ebenen von Navara und Alava, dem
Ebro zu, hört das Baskische ganz auf.

Das baskische Haus ist der Gebirgsgegend und dem Bedürf¬
niß der Bewohner entsprechend. Durch den Eingang, der meist nied¬
rig, aber mit festem Granit eingefaßt ist, und über dem in Stein
gehauen das Familienwappen prangt, tritt man zur ebenen Erde in
eine Art von Hausflur, wo sich Lagerplätze für die Maulthiere be¬
finden, und an die sich gewöhnlich nach hinten zu weitläufige Stal¬
lungen anschließen. Von hier gelangt man seitwärts, einige Stufen
steigend, in die Küche, die zugleich als Wohnstube dient. Gerade in
der Mitte lodert auf dem freien gepflasterten Fußboden und von ei¬
nem eisernen Reif eingefaßt, ein stets wohlunterhaltenes Feuer, des¬
sen Rauch durch den breiten Schornstein, der den Ausgang eines
runden, die ganze Küche bedeckenden Gewölbes bildet, abzieht. Rund
um diesen Herd befinden sich Bänke; hier ruhen die arbeitsamen
Männer, bei lebhaftem Gespräch, von den Mühen des Tages aus,
während die Frauen, um das Feuer hockend, in einer Menge kleiner,
mannigfaltig gestalteter Töpfe die Mahlzeit bereiten, für jedes Mit-


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[0220] besonders zu der malerischen Boina kleidsam ist. Diese Samarra ersetzte bei den carlistischen Offizieren und bei den vielen christinischen Freicorps aus dem Baskenland gewöhnlich jede andere Uniform. Die baskische Sprache, die nur in dem nördlichen Theil Na- varras und der Provinzen, in den Gebirgsgegenden, wie auf dem nördlichen Abhang der französischen Pyrenäen gesprochen wird, klingt rein, voll und kräftig. Man hört nur helle, schöne Töne, keine Na¬ senlaute, keine Verschluckungen. Sie wird lebhaft, mit viel Deklamation und Pathos gesprochen. So wenig man bis jetzt irgend eine Aehn- lichkeit zwischen der baskischen und irgend einer anderen jetzt bekann¬ ten lebenden oder todten Sprache hat finden können — auch die Sprache ist urHaft — so merkwürdig ist die Verschiedenheit der man- nichfachen baskischen Dialecte unter sich, deren es bei einem Volke von höchstens hunderttausend bis hundert und fünfzigtausend Men¬ schen mehr als zehn gibt. Recht oben im Gebirg wird vom Volke das Baskische allein gesprochen, da versteht der gemeine Mann kein Wort Castilianisch, Kirche, Schule, Gerichte sind baskisch; weiter¬ hin jedoch gegen Süden klingt schon die castilianische daneben, die nun auch in Schrift und vor Gericht immer mehr vorherrschend wird; ganz im Süden, in den Ebenen von Navara und Alava, dem Ebro zu, hört das Baskische ganz auf. Das baskische Haus ist der Gebirgsgegend und dem Bedürf¬ niß der Bewohner entsprechend. Durch den Eingang, der meist nied¬ rig, aber mit festem Granit eingefaßt ist, und über dem in Stein gehauen das Familienwappen prangt, tritt man zur ebenen Erde in eine Art von Hausflur, wo sich Lagerplätze für die Maulthiere be¬ finden, und an die sich gewöhnlich nach hinten zu weitläufige Stal¬ lungen anschließen. Von hier gelangt man seitwärts, einige Stufen steigend, in die Küche, die zugleich als Wohnstube dient. Gerade in der Mitte lodert auf dem freien gepflasterten Fußboden und von ei¬ nem eisernen Reif eingefaßt, ein stets wohlunterhaltenes Feuer, des¬ sen Rauch durch den breiten Schornstein, der den Ausgang eines runden, die ganze Küche bedeckenden Gewölbes bildet, abzieht. Rund um diesen Herd befinden sich Bänke; hier ruhen die arbeitsamen Männer, bei lebhaftem Gespräch, von den Mühen des Tages aus, während die Frauen, um das Feuer hockend, in einer Menge kleiner, mannigfaltig gestalteter Töpfe die Mahlzeit bereiten, für jedes Mit-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/220>, abgerufen am 01.09.2024.