Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.darzuthun. Nach einem vom 2t. Mai erlassenen König!. Patent ist darzuthun. Nach einem vom 2t. Mai erlassenen König!. Patent ist <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0144" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181328"/> <p xml:id="ID_446" prev="#ID_445" next="#ID_447"> darzuthun. Nach einem vom 2t. Mai erlassenen König!. Patent ist<lb/> nämlich den Ständen die Berechtigung zugestanden, unter Vorbehalt<lb/> der Königl. Sanctionirung, Stadt- und Landcommunalordnungen zu<lb/> erlassen; ist aber die von den Schleswig'schen Ständen zu Tage ge¬<lb/> förderte Städteverordnung ein ersichtlich unvollkommenes, ja sogar<lb/> sehr mangelhaftes Werk, so haben dieselben dem Lande dadurch ein<lb/> schlechtes Zeugniß von ihrer Berechtigung gegeben, als gesetzgebende<lb/> Stande aufzutreten. Durch sehr lebhafte Debatten zeichneten sich die<lb/> Berathungen über das von der Regierung vorgelegte neue Wehrpflicht¬<lb/> gesetz aus, das übrigens beinahe einstimmig, wie dies auch in den<lb/> Jütschen Ständen geschah, abgerathen ward. Bemerkenswerth und<lb/> eben nicht zum Ruhm der Versammlung ist hierbei, daß man mit<lb/> ziemlich großer Majorität die Juden von der Wehrpflicht ausgeschlos¬<lb/> sen wissen wollte. Nur die Mitglieder Beseler und Pastor Mo¬<lb/> ritzen sprachen sich mit Wärme für die Aufnahme der Juden aus,<lb/> und ersterer bemerkte sehr richtig, daß ein Ausschließen von der Wehr¬<lb/> pflicht, die man doch als eine Ehrenpflicht anerkennen müsse, eine<lb/> Ehrloserklärung involvire, und daß man, was den Schleswig'schen-<lb/> Standen wenig zur Ehre gereichen werde, die Juden dadurch zu Pa¬<lb/> rias stemple. Sehr judenfrcsserisch, trotz Ghillanv und Consorten,<lb/> wüthete der Pastor Lorentzen von Adelbye, halb Marquis Posa,<lb/> halb Kalinsky des Herzogs von Augustenburg, und führte unter an¬<lb/> dern lächerlichen Gründen, auch den an, daß die Juden zu feige wä¬<lb/> ren, um Soldaten zu werden. O Du tapfrer Pastor Lorentzen von<lb/> Adelbye! — Am 15. Oktober werden die Holsteinischen Stände in<lb/> Itzehoe zusammenkommen, wo ungefähr dieselben Gegenstände, wie<lb/> in Schleswig, zur Berathung vorliegen. Man darf wohl mit Recht<lb/> von diesen Ständen Bedeutendes erwarten, da sich unstreitig unter<lb/> denselben mehr wirklich politisch durchgebildete Männer befinden, als<lb/> in Schleswig, wo ein Mann wie der Autodidakt Tie bemann, der<lb/> eigentlich Nichts, als ein guter Rechenmeister, vielleicht auch ein<lb/> wohlmeinender Patriot ist, das große Wort führen kann. In Itzehoe<lb/> werden die Geschwornengerichte namentlich sehr warme Vertheidiger fin¬<lb/> den, unter denen der alte biedere Lock und vor Allen der unermüd¬<lb/> liche Hans Reimer Claussen, der im Uebrigen, als sogenannter<lb/> Neuholsteiner, der entschiedenen Majorität der Schleswig-Holsteiner<lb/> gegenüber, dort eine exceptionelle Stellung einnimmt. — Der vor<lb/> einiger Zeit in Karlsbad erfolgte Tod des Geheimerath Spieß, Prä¬<lb/> sidenten der höchsten Regierungsbehörde der beiden Herzogthümer,<lb/> hatte eine kurze Zeit die Besorgniß erregt, daß der von den Dänen<lb/> so oft ausgesprochene Wunsch, einer Trennung dieser Behörde, so<lb/> daß Schleswig unter eine Dänische verlegt werde, Holstein eine eigene<lb/> bekomme, verwirklicht werde — doch hört man jetzt mit Bestimmtheit,<lb/> daß dies nicht der Fall werden wird, nennt übrigens als künftigen</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0144]
darzuthun. Nach einem vom 2t. Mai erlassenen König!. Patent ist
nämlich den Ständen die Berechtigung zugestanden, unter Vorbehalt
der Königl. Sanctionirung, Stadt- und Landcommunalordnungen zu
erlassen; ist aber die von den Schleswig'schen Ständen zu Tage ge¬
förderte Städteverordnung ein ersichtlich unvollkommenes, ja sogar
sehr mangelhaftes Werk, so haben dieselben dem Lande dadurch ein
schlechtes Zeugniß von ihrer Berechtigung gegeben, als gesetzgebende
Stande aufzutreten. Durch sehr lebhafte Debatten zeichneten sich die
Berathungen über das von der Regierung vorgelegte neue Wehrpflicht¬
gesetz aus, das übrigens beinahe einstimmig, wie dies auch in den
Jütschen Ständen geschah, abgerathen ward. Bemerkenswerth und
eben nicht zum Ruhm der Versammlung ist hierbei, daß man mit
ziemlich großer Majorität die Juden von der Wehrpflicht ausgeschlos¬
sen wissen wollte. Nur die Mitglieder Beseler und Pastor Mo¬
ritzen sprachen sich mit Wärme für die Aufnahme der Juden aus,
und ersterer bemerkte sehr richtig, daß ein Ausschließen von der Wehr¬
pflicht, die man doch als eine Ehrenpflicht anerkennen müsse, eine
Ehrloserklärung involvire, und daß man, was den Schleswig'schen-
Standen wenig zur Ehre gereichen werde, die Juden dadurch zu Pa¬
rias stemple. Sehr judenfrcsserisch, trotz Ghillanv und Consorten,
wüthete der Pastor Lorentzen von Adelbye, halb Marquis Posa,
halb Kalinsky des Herzogs von Augustenburg, und führte unter an¬
dern lächerlichen Gründen, auch den an, daß die Juden zu feige wä¬
ren, um Soldaten zu werden. O Du tapfrer Pastor Lorentzen von
Adelbye! — Am 15. Oktober werden die Holsteinischen Stände in
Itzehoe zusammenkommen, wo ungefähr dieselben Gegenstände, wie
in Schleswig, zur Berathung vorliegen. Man darf wohl mit Recht
von diesen Ständen Bedeutendes erwarten, da sich unstreitig unter
denselben mehr wirklich politisch durchgebildete Männer befinden, als
in Schleswig, wo ein Mann wie der Autodidakt Tie bemann, der
eigentlich Nichts, als ein guter Rechenmeister, vielleicht auch ein
wohlmeinender Patriot ist, das große Wort führen kann. In Itzehoe
werden die Geschwornengerichte namentlich sehr warme Vertheidiger fin¬
den, unter denen der alte biedere Lock und vor Allen der unermüd¬
liche Hans Reimer Claussen, der im Uebrigen, als sogenannter
Neuholsteiner, der entschiedenen Majorität der Schleswig-Holsteiner
gegenüber, dort eine exceptionelle Stellung einnimmt. — Der vor
einiger Zeit in Karlsbad erfolgte Tod des Geheimerath Spieß, Prä¬
sidenten der höchsten Regierungsbehörde der beiden Herzogthümer,
hatte eine kurze Zeit die Besorgniß erregt, daß der von den Dänen
so oft ausgesprochene Wunsch, einer Trennung dieser Behörde, so
daß Schleswig unter eine Dänische verlegt werde, Holstein eine eigene
bekomme, verwirklicht werde — doch hört man jetzt mit Bestimmtheit,
daß dies nicht der Fall werden wird, nennt übrigens als künftigen
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |