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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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versteht. Ueberfluß vermag das nicht zu ersetzen, ja der oft ver¬
schwenderisch unnütze Ueberfluß bringt mitunter sogar einen unange¬
nehmen Eindruck hervor.

Auch ist für die Ruhe der Gäste allzu viel Vieh vorhanden, und
Wallenstein, der bekanntlich weder Hundegebell noch Hahnengeschrei
ertragen konnte, würde nicht eine Nacht hier haben zubringen mögen.
Ich hätte bei der Unsumme von Ratten und Mäusen beinahe Hat-
to's Schicksal gehabt, geriech häufig in Kämpfe mit ihnen und fand
eines Morgens sogar eine zerquetschte Maus im Bett, bei welchen
Anlässen ich dem Katzengeschlecht im Hause noch einige Vertreter
mehr gewünscht.

Ochsen, Kühe, Schafe, Schweine (lauter vorzügliche Racen) und
ein Paar Dutzend Pferde, deren junge Abkömmlinge -- denn auch
Pferdezucht wird hier getrieben -- in den Wiesen umher laufen,
füllen die Ställe. Die Basse-Cour ist überreich an allem möglichen
Geflügel und ebenso bunt und mannigfaltig zeigt sich die menschliche
Bevölkerung, zusammengesetzt aus Engländern, Franzosen, Deutschen,
Jllyriern und Italienern aus allen Provinzen. Die Fürstin hat eine
besondere Vorliebe für die Engländer, die in der Mehrzahl Haus,
Garten, Ställe und Remisen in Ordnung halten, wodurch das Ganze
sehr gewinnt, wenn es auch viel kostet, doch das berücksichtigt unsre
Heldin nicht. Sehr ergötzlich war es mir, zu vernehmen, wie jene
Kinder des fernen Nebellandes sich sogar auch hier in politische Far¬
ben abtheilen und als Tories, Whigs und Jrländer oder O'Connel-
liften angesehen sein wollen. So halten sie sich auch der Parteien
verschiedene Journale und dcbattiren oft mit vielem Ernst über
ihre Interessen, obgleich es noch nicht bis zu Meetings gekom¬
men ist.

Nur allabendliche Monstre-Versammlungen sämmtlichen Diener-
Personals aus allen Nationen, einige 30 an der Zahl, unter dem
Prüsidio der Tory-Sara, Hausmeisterin und Beschließerin von Villa-
Elisa, finden, vom besten Appetit beseelt, an einem Tische Statt, wo
die Befriedigung des Magens vorerst jede andre Frage in den Hin¬
tergrund drängt, und volle Schüsseln als das wünschenswertheste
Gut erscheinen.

Die kleine Festung Palma nuova, circa acht Miglien von der
Villa entfernt, ist die Grenze von Italien und den illyrischen Pro-


versteht. Ueberfluß vermag das nicht zu ersetzen, ja der oft ver¬
schwenderisch unnütze Ueberfluß bringt mitunter sogar einen unange¬
nehmen Eindruck hervor.

Auch ist für die Ruhe der Gäste allzu viel Vieh vorhanden, und
Wallenstein, der bekanntlich weder Hundegebell noch Hahnengeschrei
ertragen konnte, würde nicht eine Nacht hier haben zubringen mögen.
Ich hätte bei der Unsumme von Ratten und Mäusen beinahe Hat-
to's Schicksal gehabt, geriech häufig in Kämpfe mit ihnen und fand
eines Morgens sogar eine zerquetschte Maus im Bett, bei welchen
Anlässen ich dem Katzengeschlecht im Hause noch einige Vertreter
mehr gewünscht.

Ochsen, Kühe, Schafe, Schweine (lauter vorzügliche Racen) und
ein Paar Dutzend Pferde, deren junge Abkömmlinge — denn auch
Pferdezucht wird hier getrieben — in den Wiesen umher laufen,
füllen die Ställe. Die Basse-Cour ist überreich an allem möglichen
Geflügel und ebenso bunt und mannigfaltig zeigt sich die menschliche
Bevölkerung, zusammengesetzt aus Engländern, Franzosen, Deutschen,
Jllyriern und Italienern aus allen Provinzen. Die Fürstin hat eine
besondere Vorliebe für die Engländer, die in der Mehrzahl Haus,
Garten, Ställe und Remisen in Ordnung halten, wodurch das Ganze
sehr gewinnt, wenn es auch viel kostet, doch das berücksichtigt unsre
Heldin nicht. Sehr ergötzlich war es mir, zu vernehmen, wie jene
Kinder des fernen Nebellandes sich sogar auch hier in politische Far¬
ben abtheilen und als Tories, Whigs und Jrländer oder O'Connel-
liften angesehen sein wollen. So halten sie sich auch der Parteien
verschiedene Journale und dcbattiren oft mit vielem Ernst über
ihre Interessen, obgleich es noch nicht bis zu Meetings gekom¬
men ist.

Nur allabendliche Monstre-Versammlungen sämmtlichen Diener-
Personals aus allen Nationen, einige 30 an der Zahl, unter dem
Prüsidio der Tory-Sara, Hausmeisterin und Beschließerin von Villa-
Elisa, finden, vom besten Appetit beseelt, an einem Tische Statt, wo
die Befriedigung des Magens vorerst jede andre Frage in den Hin¬
tergrund drängt, und volle Schüsseln als das wünschenswertheste
Gut erscheinen.

Die kleine Festung Palma nuova, circa acht Miglien von der
Villa entfernt, ist die Grenze von Italien und den illyrischen Pro-


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[0085] versteht. Ueberfluß vermag das nicht zu ersetzen, ja der oft ver¬ schwenderisch unnütze Ueberfluß bringt mitunter sogar einen unange¬ nehmen Eindruck hervor. Auch ist für die Ruhe der Gäste allzu viel Vieh vorhanden, und Wallenstein, der bekanntlich weder Hundegebell noch Hahnengeschrei ertragen konnte, würde nicht eine Nacht hier haben zubringen mögen. Ich hätte bei der Unsumme von Ratten und Mäusen beinahe Hat- to's Schicksal gehabt, geriech häufig in Kämpfe mit ihnen und fand eines Morgens sogar eine zerquetschte Maus im Bett, bei welchen Anlässen ich dem Katzengeschlecht im Hause noch einige Vertreter mehr gewünscht. Ochsen, Kühe, Schafe, Schweine (lauter vorzügliche Racen) und ein Paar Dutzend Pferde, deren junge Abkömmlinge — denn auch Pferdezucht wird hier getrieben — in den Wiesen umher laufen, füllen die Ställe. Die Basse-Cour ist überreich an allem möglichen Geflügel und ebenso bunt und mannigfaltig zeigt sich die menschliche Bevölkerung, zusammengesetzt aus Engländern, Franzosen, Deutschen, Jllyriern und Italienern aus allen Provinzen. Die Fürstin hat eine besondere Vorliebe für die Engländer, die in der Mehrzahl Haus, Garten, Ställe und Remisen in Ordnung halten, wodurch das Ganze sehr gewinnt, wenn es auch viel kostet, doch das berücksichtigt unsre Heldin nicht. Sehr ergötzlich war es mir, zu vernehmen, wie jene Kinder des fernen Nebellandes sich sogar auch hier in politische Far¬ ben abtheilen und als Tories, Whigs und Jrländer oder O'Connel- liften angesehen sein wollen. So halten sie sich auch der Parteien verschiedene Journale und dcbattiren oft mit vielem Ernst über ihre Interessen, obgleich es noch nicht bis zu Meetings gekom¬ men ist. Nur allabendliche Monstre-Versammlungen sämmtlichen Diener- Personals aus allen Nationen, einige 30 an der Zahl, unter dem Prüsidio der Tory-Sara, Hausmeisterin und Beschließerin von Villa- Elisa, finden, vom besten Appetit beseelt, an einem Tische Statt, wo die Befriedigung des Magens vorerst jede andre Frage in den Hin¬ tergrund drängt, und volle Schüsseln als das wünschenswertheste Gut erscheinen. Die kleine Festung Palma nuova, circa acht Miglien von der Villa entfernt, ist die Grenze von Italien und den illyrischen Pro-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/85>, abgerufen am 23.12.2024.