Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.Verboekhoven's u. s. w. sind in Tausenden von Lithographien ver¬ Die belgische Regierung, der man es zur Ehre nachsagen muß, Vor Allem die glorreiche Akademie von Antwerpen, jener Herd Grcnzboten I84i. it. 9
Verboekhoven's u. s. w. sind in Tausenden von Lithographien ver¬ Die belgische Regierung, der man es zur Ehre nachsagen muß, Vor Allem die glorreiche Akademie von Antwerpen, jener Herd Grcnzboten I84i. it. 9
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0073" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/180632"/> <p xml:id="ID_138" prev="#ID_137"> Verboekhoven's u. s. w. sind in Tausenden von Lithographien ver¬<lb/> vielfältigt worden, und diese liegen Jedermann vor, um über die<lb/> Conception urtheilen zu können, und um auch den Ungläubigsten zu<lb/> überzeugen, daß die Flamänder das Zauberwort der alten Vorfahren<lb/> wieder gefunden haben. Der Gang der neueren belgischen Schule<lb/> bewegte sich parallel mit der neueren französischen Malerschule, welche<lb/> allerdings schon früher durch Gerard, Gros, Vernet sich der Nachah¬<lb/> mung des Fremden entzogen hatte, allein die französischen Maler,<lb/> welche sich hinsichtlich des Colorits an keine alte nationale Schule<lb/> anschließen konnten, zerfielen in vielerlei Manieren und Manierirt-<lb/> heiten. Die belgischen Maler hingegen, die in ihrem Vaterlande die<lb/> Quelle eines eigenthümlichen Kunstlebens besaßen, thaten nichts An¬<lb/> deres, als in die neuerweckte Schule einen dem Volke entsprossenen<lb/> Geist wieder einzuführen.</p><lb/> <p xml:id="ID_139"> Die belgische Regierung, der man es zur Ehre nachsagen muß,<lb/> daß sie gerne nach Elementen sucht, welche dem Geiste der Nationa¬<lb/> lität Nahrung und Aufschwung verleihen können, pflegt das Genie der fla-<lb/> mändischen Künstlerjugend mit eifrigen Händen. Diesen Farben- und<lb/> Formensinn der Nation, die ruhmvollen Erinnerungen, die sich daran<lb/> knüpfen, betrachtet die Negierung als ein kostbares Nationalgut, das<lb/> ihr anvertraut ist und das zu bewachen und zu vergrößern ihr eben<lb/> so sehr am Herzen liegt wie die Verwaltung des Staatsschatzes. In<lb/> keinem Lande der Welt gibt es auf einem so kleinen Raum eine so<lb/> große Unzahl von Kunstschätzen, als in Belgien. Nicht weniger als<lb/> dreiundvierzig Akademien und öffentliche Lehrsäle für Malerei, höhere<lb/> Zeichnenkunst und Architectur hat Belgien aufzuweisen; die Zahl der<lb/> Zöglinge beläuft sich auf sechs bis siebentausend. Ich will die Haupt¬<lb/> schüler und die Meister an denselben hier in einer kurzen Skizze<lb/> vorführen.</p><lb/> <p xml:id="ID_140" next="#ID_141"> Vor Allem die glorreiche Akademie von Antwerpen, jener Herd<lb/> der Rubens'sehen Schule und so vieler alten wie jüngeren Meister.<lb/> Diese Akademie zählt über fünfhundert Schüler. Neun Professoren<lb/> und zwei Gehilfen ertheilen hier Unterricht; Wappers ist Direk¬<lb/> tor; als Professoren wirken die Maler de Keyzer (Historie); Leps,<lb/> Braekleer, De Jonghe, De Block (Genre); Jacobs (Sce-<lb/> stücke); GecfS (Bildhauerkunst); ferner unterrichten mehrere Pro¬<lb/> fessoren im Graviren, in Architektur, Geschichte, Archäologie, Al-</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grcnzboten I84i. it. 9</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0073]
Verboekhoven's u. s. w. sind in Tausenden von Lithographien ver¬
vielfältigt worden, und diese liegen Jedermann vor, um über die
Conception urtheilen zu können, und um auch den Ungläubigsten zu
überzeugen, daß die Flamänder das Zauberwort der alten Vorfahren
wieder gefunden haben. Der Gang der neueren belgischen Schule
bewegte sich parallel mit der neueren französischen Malerschule, welche
allerdings schon früher durch Gerard, Gros, Vernet sich der Nachah¬
mung des Fremden entzogen hatte, allein die französischen Maler,
welche sich hinsichtlich des Colorits an keine alte nationale Schule
anschließen konnten, zerfielen in vielerlei Manieren und Manierirt-
heiten. Die belgischen Maler hingegen, die in ihrem Vaterlande die
Quelle eines eigenthümlichen Kunstlebens besaßen, thaten nichts An¬
deres, als in die neuerweckte Schule einen dem Volke entsprossenen
Geist wieder einzuführen.
Die belgische Regierung, der man es zur Ehre nachsagen muß,
daß sie gerne nach Elementen sucht, welche dem Geiste der Nationa¬
lität Nahrung und Aufschwung verleihen können, pflegt das Genie der fla-
mändischen Künstlerjugend mit eifrigen Händen. Diesen Farben- und
Formensinn der Nation, die ruhmvollen Erinnerungen, die sich daran
knüpfen, betrachtet die Negierung als ein kostbares Nationalgut, das
ihr anvertraut ist und das zu bewachen und zu vergrößern ihr eben
so sehr am Herzen liegt wie die Verwaltung des Staatsschatzes. In
keinem Lande der Welt gibt es auf einem so kleinen Raum eine so
große Unzahl von Kunstschätzen, als in Belgien. Nicht weniger als
dreiundvierzig Akademien und öffentliche Lehrsäle für Malerei, höhere
Zeichnenkunst und Architectur hat Belgien aufzuweisen; die Zahl der
Zöglinge beläuft sich auf sechs bis siebentausend. Ich will die Haupt¬
schüler und die Meister an denselben hier in einer kurzen Skizze
vorführen.
Vor Allem die glorreiche Akademie von Antwerpen, jener Herd
der Rubens'sehen Schule und so vieler alten wie jüngeren Meister.
Diese Akademie zählt über fünfhundert Schüler. Neun Professoren
und zwei Gehilfen ertheilen hier Unterricht; Wappers ist Direk¬
tor; als Professoren wirken die Maler de Keyzer (Historie); Leps,
Braekleer, De Jonghe, De Block (Genre); Jacobs (Sce-
stücke); GecfS (Bildhauerkunst); ferner unterrichten mehrere Pro¬
fessoren im Graviren, in Architektur, Geschichte, Archäologie, Al-
Grcnzboten I84i. it. 9
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