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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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über, mit einander zu verbinden, aber wie viel fehlt noch zur völligen
Realisation jenes Planes, bei welchem man übrigens Preußen die
Gerechtigkeit muß widerfahren lassen, daß es, wo es der höheren Idee
gilt, ein pecuniäres Opfer nicht scheut, was mit dem selbstsüchtigen
und goldgierigen Verfahren Hannovers um so schneidender contrastirt.

Auch bei der gegenwärtigen großen GeWerbeausstellung ist aller¬
dings eine gemeinsame deutsche Idee vorherrschend: der Decorateur
und der Tapezier haben es nicht daran fehlen lassen, die deutschen
Stämme alle unter einen Hut zu bringen, und es macht sich recht
imposant, wenn man in den verschiedenen Räumen des großen Hau¬
ses die alten Reichswappen mit den goldenen Inschriften: "Erzherzog-
chum Oesterreich", "Stadt Wien", "Baiern und Würtemberg" :c.
prangen sieht; aber die wahre Einheit hat weder der Decorateur noch
der Tapezier herstellen können, denn die wunderschönen Shawls aus
Wien, die verführerischen Handschuhe aus der Kaiserstadt, die glän¬
zenden Krystalle aus Böhmen und die buntfarbigen Zitze aus Prag
-- sie müssen alle den preußischen Einfuhrzoll erlegen, wenn sie nicht
nach ihrem Vaterlande zurück, sondern nach den Magazinen hiesiger
Modehändler wandern wollen. Es hat die Ausstattung des Zeughau¬
ses zum Zwecke der Ausstellung an zwanzigtausend Thaler gekostet,
die die Regierung mit Liberalität hergegeben hat, und zwar sind vor¬
zugsweise die Aufstellungen und Decorirungen der fremden Sachen
dafür besorgt worden, während die hiesigen Fabrikanten die der ihri¬
gen meistens selbst besorgt und bezahlt haben. Der Klage über den
Mangel an Orientirung in dem ungeheueren Waaren- und Maschinen-
Labyrinth ist jetzt zum Theil dadurch abgeholfen, daß die Ausstellungs-
Eommission den früher bereits ausgegebenen Grundriß der beiden Eta¬
gen des Zeughauses vervollständigte, indem sie auf demselben die Ver-
rheilung der verschiedenen Producte bezeichnet hat. Die fremden Be¬
sucher der Ausstellung werden übrigens immer zahlreicher, so daß in
keinem Gasthof mehr Platz zu finden ist. Auch an besonderen De¬
putaten der verschiedenen deutschen Gewerbstadte fehlt es nicht: fo ist
aus Augsburg Dirccror Leo, aus Chemnitz "i. Hülse, aus Darm¬
stadt Commerzienrath Rößlec,' aus Hamburg Dir. Soetber, aus Leip¬
zig i". Weinlig, aus München Hofrath Herrmann, aus Prag "i.
Kreutzberg und aus Stuttgart Professor Plieninger als außerordentli¬
cher Gesandter und bevollmächtigter Rath bei der Ausstellungsconfe-
rcnz anwesend. Möchte doch nur etwas, der deutschen Gewerbsamkeit
recht Förderliches, das Resultat dieser Conferenzen sein!

Im Lause der letzten Tage ist hier kaum von etwas Anderem
gesprochen worden, als von den Vorgängen in Königsberg, die hier
allgemeine Theilnahme finden. Doch man könnte von dem Verhält¬
nisse der beiden Städte sagen, was einmal von Athen und Sparta
gesagt wurde: "Die Berliner wissen, was recht ist, aber die Königs-


über, mit einander zu verbinden, aber wie viel fehlt noch zur völligen
Realisation jenes Planes, bei welchem man übrigens Preußen die
Gerechtigkeit muß widerfahren lassen, daß es, wo es der höheren Idee
gilt, ein pecuniäres Opfer nicht scheut, was mit dem selbstsüchtigen
und goldgierigen Verfahren Hannovers um so schneidender contrastirt.

Auch bei der gegenwärtigen großen GeWerbeausstellung ist aller¬
dings eine gemeinsame deutsche Idee vorherrschend: der Decorateur
und der Tapezier haben es nicht daran fehlen lassen, die deutschen
Stämme alle unter einen Hut zu bringen, und es macht sich recht
imposant, wenn man in den verschiedenen Räumen des großen Hau¬
ses die alten Reichswappen mit den goldenen Inschriften: „Erzherzog-
chum Oesterreich", „Stadt Wien", „Baiern und Würtemberg" :c.
prangen sieht; aber die wahre Einheit hat weder der Decorateur noch
der Tapezier herstellen können, denn die wunderschönen Shawls aus
Wien, die verführerischen Handschuhe aus der Kaiserstadt, die glän¬
zenden Krystalle aus Böhmen und die buntfarbigen Zitze aus Prag
— sie müssen alle den preußischen Einfuhrzoll erlegen, wenn sie nicht
nach ihrem Vaterlande zurück, sondern nach den Magazinen hiesiger
Modehändler wandern wollen. Es hat die Ausstattung des Zeughau¬
ses zum Zwecke der Ausstellung an zwanzigtausend Thaler gekostet,
die die Regierung mit Liberalität hergegeben hat, und zwar sind vor¬
zugsweise die Aufstellungen und Decorirungen der fremden Sachen
dafür besorgt worden, während die hiesigen Fabrikanten die der ihri¬
gen meistens selbst besorgt und bezahlt haben. Der Klage über den
Mangel an Orientirung in dem ungeheueren Waaren- und Maschinen-
Labyrinth ist jetzt zum Theil dadurch abgeholfen, daß die Ausstellungs-
Eommission den früher bereits ausgegebenen Grundriß der beiden Eta¬
gen des Zeughauses vervollständigte, indem sie auf demselben die Ver-
rheilung der verschiedenen Producte bezeichnet hat. Die fremden Be¬
sucher der Ausstellung werden übrigens immer zahlreicher, so daß in
keinem Gasthof mehr Platz zu finden ist. Auch an besonderen De¬
putaten der verschiedenen deutschen Gewerbstadte fehlt es nicht: fo ist
aus Augsburg Dirccror Leo, aus Chemnitz »i. Hülse, aus Darm¬
stadt Commerzienrath Rößlec,' aus Hamburg Dir. Soetber, aus Leip¬
zig i». Weinlig, aus München Hofrath Herrmann, aus Prag »i.
Kreutzberg und aus Stuttgart Professor Plieninger als außerordentli¬
cher Gesandter und bevollmächtigter Rath bei der Ausstellungsconfe-
rcnz anwesend. Möchte doch nur etwas, der deutschen Gewerbsamkeit
recht Förderliches, das Resultat dieser Conferenzen sein!

Im Lause der letzten Tage ist hier kaum von etwas Anderem
gesprochen worden, als von den Vorgängen in Königsberg, die hier
allgemeine Theilnahme finden. Doch man könnte von dem Verhält¬
nisse der beiden Städte sagen, was einmal von Athen und Sparta
gesagt wurde: „Die Berliner wissen, was recht ist, aber die Königs-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/566>, abgerufen am 23.07.2024.