Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.ner's Buch geradezu eine literarische Speculation gescholten. Was -- Alle Welt war erstaunt, als vor Kurzem Mehemed Ali von -- In London sind zwei Bände "Enthüllungen über Rußland" Verlag von Fr. Ludw. Herbig. -- Redacteur I. Kuranda Druck von Friedrich Anorä. ner's Buch geradezu eine literarische Speculation gescholten. Was — Alle Welt war erstaunt, als vor Kurzem Mehemed Ali von — In London sind zwei Bände „Enthüllungen über Rußland" Verlag von Fr. Ludw. Herbig. — Redacteur I. Kuranda Druck von Friedrich Anorä. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0528" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181087"/> <p xml:id="ID_1230" prev="#ID_1229"> ner's Buch geradezu eine literarische Speculation gescholten. Was<lb/> kann man darauf sagen? Höchstens, daß Tengoborsky's, dem Kaiser<lb/> Nikolaus gewidmetes Buch jedenfalls eine bessere Spekulation war.<lb/> Wiesner's Buch, heißt es, verdiene gar keine Widerlegung, sei nicht<lb/> der Rede werth, und doch wird der Widerleger nicht fertig und rückt<lb/> mit einer Eolumne nach der andern vor. Endlich meint der Nüsse,<lb/> Herr Wiesner solle, wenn er so loyal sei, doch lieber die bei Reclam<lb/> in Leipzig und bei Campe in Hamburg erschienenen Broschüren über<lb/> Oesterreich bekämpfen. Seht nur, seht, der Russe thut schon, wie zu<lb/> Hause in Oesterreich, ja als wäre er österreichische Polizei. Wir glau¬<lb/> bengern, daß den Russen damit gedient wäre, wenn der österreichische<lb/> Patriot lieber leeres Stroh dreschen, als Unkraut jäten wollte. Die<lb/> Reclam- und Campe-Bücher sind, den schlimmsten Falle, offene Feinde,<lb/> Tengoborsky's aber ist ein gefährlicher Freund. — Traurig ist, daß in<lb/> solchen Fragen, wie die Tengoborsky'sche, Diejenigen, welche reden<lb/> könnten, aus gewöhnlichen deutschen Rücksichten schweigen, während<lb/> die Majorität des gebildeten Publicums zu wenig von Finanzsachen<lb/> versteht, um zu urtheilen. Die Augsburger Allgemeine aber hat so¬<lb/> gar eine „Erklärung" Wiesner's nicht aufgenommen, weil dieselbe<lb/> nicht das österreichische Imprimatur hatte. Sonst sind der Verbrei¬<lb/> tung des Wiesner'schen Werkes in Wien keine besonderen Schwierig¬<lb/> keiten gemacht worden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1231"> — Alle Welt war erstaunt, als vor Kurzem Mehemed Ali von<lb/> Aegvpten abdankte, um sich, wie Karl V., in die Einsamkeit zurück¬<lb/> zuziehen. Eben so erstaunt ist man jetzt, bei der Nachricht, daß der<lb/> autodidaktische Herrscher die Iügel der Regierung wieder übernommen<lb/> hat. Was sollte die Komödie? Die Zeitungen werden es nicht an<lb/> complicirten und dunklen Erklärungen fehlen lassen. Am Ende aber<lb/> war es Nichts als ein Börsenmanöver. Der Alte hat vielleicht auf<lb/> das Fallen der Actien speculirt und ein gutes Geschäft gemacht. Louis<lb/> Philipp sollte einmal einen solchen conx versuchen, er würde gewiß<lb/> der Mühe lohnen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1232"> — In London sind zwei Bände „Enthüllungen über Rußland"<lb/> erschienen, die, ohne in Custine'scher Nachtstückmanier gezeichnet zu<lb/> sein, doch die Beobachtungen des französischen Marquis bestätigen.<lb/> Besonders wichtig sind die Notizen über die russische Armee und Flotte.<lb/> Letztere wird für ein leeres Schattenspiel erklärt.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <note type="byline"> Verlag von Fr. Ludw. Herbig. — Redacteur I. Kuranda<lb/> Druck von Friedrich Anorä.</note><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0528]
ner's Buch geradezu eine literarische Speculation gescholten. Was
kann man darauf sagen? Höchstens, daß Tengoborsky's, dem Kaiser
Nikolaus gewidmetes Buch jedenfalls eine bessere Spekulation war.
Wiesner's Buch, heißt es, verdiene gar keine Widerlegung, sei nicht
der Rede werth, und doch wird der Widerleger nicht fertig und rückt
mit einer Eolumne nach der andern vor. Endlich meint der Nüsse,
Herr Wiesner solle, wenn er so loyal sei, doch lieber die bei Reclam
in Leipzig und bei Campe in Hamburg erschienenen Broschüren über
Oesterreich bekämpfen. Seht nur, seht, der Russe thut schon, wie zu
Hause in Oesterreich, ja als wäre er österreichische Polizei. Wir glau¬
bengern, daß den Russen damit gedient wäre, wenn der österreichische
Patriot lieber leeres Stroh dreschen, als Unkraut jäten wollte. Die
Reclam- und Campe-Bücher sind, den schlimmsten Falle, offene Feinde,
Tengoborsky's aber ist ein gefährlicher Freund. — Traurig ist, daß in
solchen Fragen, wie die Tengoborsky'sche, Diejenigen, welche reden
könnten, aus gewöhnlichen deutschen Rücksichten schweigen, während
die Majorität des gebildeten Publicums zu wenig von Finanzsachen
versteht, um zu urtheilen. Die Augsburger Allgemeine aber hat so¬
gar eine „Erklärung" Wiesner's nicht aufgenommen, weil dieselbe
nicht das österreichische Imprimatur hatte. Sonst sind der Verbrei¬
tung des Wiesner'schen Werkes in Wien keine besonderen Schwierig¬
keiten gemacht worden.
— Alle Welt war erstaunt, als vor Kurzem Mehemed Ali von
Aegvpten abdankte, um sich, wie Karl V., in die Einsamkeit zurück¬
zuziehen. Eben so erstaunt ist man jetzt, bei der Nachricht, daß der
autodidaktische Herrscher die Iügel der Regierung wieder übernommen
hat. Was sollte die Komödie? Die Zeitungen werden es nicht an
complicirten und dunklen Erklärungen fehlen lassen. Am Ende aber
war es Nichts als ein Börsenmanöver. Der Alte hat vielleicht auf
das Fallen der Actien speculirt und ein gutes Geschäft gemacht. Louis
Philipp sollte einmal einen solchen conx versuchen, er würde gewiß
der Mühe lohnen.
— In London sind zwei Bände „Enthüllungen über Rußland"
erschienen, die, ohne in Custine'scher Nachtstückmanier gezeichnet zu
sein, doch die Beobachtungen des französischen Marquis bestätigen.
Besonders wichtig sind die Notizen über die russische Armee und Flotte.
Letztere wird für ein leeres Schattenspiel erklärt.
Verlag von Fr. Ludw. Herbig. — Redacteur I. Kuranda
Druck von Friedrich Anorä.
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