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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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er, so oft ein gekröntes Haupt sich zeigt, gleich viel, von welcher
Höhe und von welchem Werthe. -- Die hiesigen Blatter melden,
daß auch der grüne Tisch, der für die wenigen Tage des Wands¬
becker Pferderennens -- welches diesmal, im eigentlichsten Wortsinne,
zu Wasser wurde -- aufgeschlagen wird, bereits die entsetzliche Frucht
des Selbstmordes zum Gedeihen brachte. Ein unglücklicher Spieler,
der mit fremdem Gelde Fortuna versucht hatte, setzte nach einem be¬
reits errungenen Gewinn von zweihundert Louisd'or das Spiel fort,
büßte Alles, bis auf das letzte Geldstück, ein, ließ sich auf der Elbe von
einem Barkenführer die tiefste Stelle andeuten und sprang, wahrend
der Andere abgewendet rudernd von dem Unheil Nichts merkte, rasch
in die Wellen, die ihn erst als Leiche dem Lande wiedergaben. An
diese düstere Geschichte möge sich eine ziemlich lustige schließen. Die
Herren unseres hochedeln und hochweisen Rathes haben in dem harm¬
losen Kinderballet der Mad. Weiß aus Wien etwas höchst Unmora¬
lisches entdeckt und trotz der viermal wiederholten Suppliken der Di-
rection des Thaliatheaters, trotz der wohlwollenden Verwendung des
österreichischen Ministerresidcnten für dieselbe, durften besagte Kleinen
ihre unschuldigen Sprünge und Gruppirungen nicht ausführen. Fama
behauptet, eine rivalisirende Theaterbehörde habe in dieser Angelegen¬
heit einige mephistophelische Thätigkeit entwickelt. Die Antigone ist in
achtungswerther Vorstellung und mit günstigem Erfolge doch, wie
begreiflich, nicht ohne Controverse der kritischen Stimmen -- fünf
Mal gegeben worden. Tichatschek von Dresden füllt die großen
Räume des Stadttheaters in jeder Beziehung, was nur einem
Sänger von bedeutendem Stimmfonds und außerordentlichem Rufe
gelingen kann. Hen brichs wird trotz des neulich erwähnten
Ersatzmannes mehr und mehr schmerzlich vermißt und Döbler
läßt hier jetzt seine wirklich wunderschönen Nebelbiloer, "Ilk>!,"loi"^
von", unter stürmischem Beifall im Stadttheater schauen. --
-- In den letzten Tagen ist hier von einem originellen Menschen,
Fr. Elemens (Gerte) ein originelles Werk erschienen ^ "Das All¬
buch, eine Bibel." Ich kenne leider bis jetzt selbst nicht viel mehr
als den Titel dieser Schrift; originell aber darf man sie schon nach
dem bloßen Durchblättern nennen. Nähere Erörterung behalte ich mir
vor. Das Buch wird viele Feinde finden, wenig Freunde, was bis¬
her des Autors Loos häusig gewesen. Clemens bleibt aber doch ein
ursprüngliches Talent, ein Selbstdenker und geistig freier Mensch, der
mit rüstiger Kraft und seltener Energie auf einem höchst abenteuerli¬
chen Lebenswege bis zu seinem jetzigen Standpunkt vorgedrungen. --
Moritz Carrivre hat für die Gratisbeilage unserer "Jahreszeiten"
die Biographie Bettinens in sehr ausführlicher Weise geliefert.
Das Wesen der merkwürdigen, geistig riesenmäßigen Frau würde mit¬
telst der Carriore'schen Blätter sicher allgemeiner begriffen und grünt-


er, so oft ein gekröntes Haupt sich zeigt, gleich viel, von welcher
Höhe und von welchem Werthe. — Die hiesigen Blatter melden,
daß auch der grüne Tisch, der für die wenigen Tage des Wands¬
becker Pferderennens — welches diesmal, im eigentlichsten Wortsinne,
zu Wasser wurde — aufgeschlagen wird, bereits die entsetzliche Frucht
des Selbstmordes zum Gedeihen brachte. Ein unglücklicher Spieler,
der mit fremdem Gelde Fortuna versucht hatte, setzte nach einem be¬
reits errungenen Gewinn von zweihundert Louisd'or das Spiel fort,
büßte Alles, bis auf das letzte Geldstück, ein, ließ sich auf der Elbe von
einem Barkenführer die tiefste Stelle andeuten und sprang, wahrend
der Andere abgewendet rudernd von dem Unheil Nichts merkte, rasch
in die Wellen, die ihn erst als Leiche dem Lande wiedergaben. An
diese düstere Geschichte möge sich eine ziemlich lustige schließen. Die
Herren unseres hochedeln und hochweisen Rathes haben in dem harm¬
losen Kinderballet der Mad. Weiß aus Wien etwas höchst Unmora¬
lisches entdeckt und trotz der viermal wiederholten Suppliken der Di-
rection des Thaliatheaters, trotz der wohlwollenden Verwendung des
österreichischen Ministerresidcnten für dieselbe, durften besagte Kleinen
ihre unschuldigen Sprünge und Gruppirungen nicht ausführen. Fama
behauptet, eine rivalisirende Theaterbehörde habe in dieser Angelegen¬
heit einige mephistophelische Thätigkeit entwickelt. Die Antigone ist in
achtungswerther Vorstellung und mit günstigem Erfolge doch, wie
begreiflich, nicht ohne Controverse der kritischen Stimmen — fünf
Mal gegeben worden. Tichatschek von Dresden füllt die großen
Räume des Stadttheaters in jeder Beziehung, was nur einem
Sänger von bedeutendem Stimmfonds und außerordentlichem Rufe
gelingen kann. Hen brichs wird trotz des neulich erwähnten
Ersatzmannes mehr und mehr schmerzlich vermißt und Döbler
läßt hier jetzt seine wirklich wunderschönen Nebelbiloer, «Ilk>!,»loi»^
von«, unter stürmischem Beifall im Stadttheater schauen. —
— In den letzten Tagen ist hier von einem originellen Menschen,
Fr. Elemens (Gerte) ein originelles Werk erschienen ^ „Das All¬
buch, eine Bibel." Ich kenne leider bis jetzt selbst nicht viel mehr
als den Titel dieser Schrift; originell aber darf man sie schon nach
dem bloßen Durchblättern nennen. Nähere Erörterung behalte ich mir
vor. Das Buch wird viele Feinde finden, wenig Freunde, was bis¬
her des Autors Loos häusig gewesen. Clemens bleibt aber doch ein
ursprüngliches Talent, ein Selbstdenker und geistig freier Mensch, der
mit rüstiger Kraft und seltener Energie auf einem höchst abenteuerli¬
chen Lebenswege bis zu seinem jetzigen Standpunkt vorgedrungen. —
Moritz Carrivre hat für die Gratisbeilage unserer „Jahreszeiten"
die Biographie Bettinens in sehr ausführlicher Weise geliefert.
Das Wesen der merkwürdigen, geistig riesenmäßigen Frau würde mit¬
telst der Carriore'schen Blätter sicher allgemeiner begriffen und grünt-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/390>, abgerufen am 22.12.2024.