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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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-- Was? rief G., Sie sind fest entschlossen? Und so auf ein¬
mal unvermuthet?

-- Ja, antwortete ich, mein Entschluß steht fest. Die auf der
Post bestellten Pferde nach Stockholm bestelle ich ab und eile zunächst
nach Dannemora. Morgen früh sehen Sie, meine Freunde, mich
zum Nordthor hinausfahren.

-- Das ist ja herrlich! rief M., ich freue mich so sehr über
Ihren neuen Plan, daß ich Sie bis Dannemora hin begleite.

-- Ich auch! fiel der Isländer ein. Aber sagen Sie, was
Sie so schnell umgestimmt?

-- Ost üben, antwortete ich, unvorhergesehene Momente, --
im Alltagsleben nennt man sie Zufälle, -- auf unsre Entschlüsse
einen Einfluß aus, den wir ihnen an und für sich nicht gern ein¬
geräumt hätten. Halten Sie etwas auf Träume?

-- Aberglaube, Nichts als Aberglaube! erwiederte Freund G.
Wir Nordländer lieben mehr den klaren Verstand, als die täuschen¬
den Gebilde nächtlicher -Phantasie. Ihr in Euerm Süden habt's
nur immer mit Euern Träumen und Ahnungen zu thun und erzählt
Euch gern Eure Träumereien.

Ich verharrte diesmal doch in meinem "südlichen" Aberglauben
und habe es nicht zu bereuen gehabt, Ohne jenen schonen Traum,
de.r mich bestimmte, hätt' ich nie die Wunder der unterirdischen Welt
bei Dannemora und Falun und Elfvaa durchmustert, nie die hoch¬
herzigen Dalekarlier und Gustav Wasa's heilige Fluchtstätten, nie die
glückselige Einfachheit der finnischen Einsiedler und ihr Birkenbrot
kennen gelernt, hätte nie in dei düstern Waldungen der Oster-Dalclf
und bei den Eisgipfeln der Kivlen den Tanz grimmigbrummender
Bären angeschaut und nie den zitternden Ball der Mitternachtssonne
die schäumenden Wellen des heiligen Meeres küssen gesehen. --
Ohne jenen schönen Traum hätte ich nicht die herrliche Christiana
erblickt und ihre wackern edeln Sohne kennen gelernt, hätte nie vor
FricdrichShall an des großherzigen Karl's Grabe gestanden und bei
den brausenden Wasserfällen von Elfkarbley und Trolhätta staunend
meine Seele erhoben gefühlt, was ich Alles nächstens ausführ¬
licher dem geneigten Leser zu schildern hoffe.


M. R,


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— Was? rief G., Sie sind fest entschlossen? Und so auf ein¬
mal unvermuthet?

— Ja, antwortete ich, mein Entschluß steht fest. Die auf der
Post bestellten Pferde nach Stockholm bestelle ich ab und eile zunächst
nach Dannemora. Morgen früh sehen Sie, meine Freunde, mich
zum Nordthor hinausfahren.

— Das ist ja herrlich! rief M., ich freue mich so sehr über
Ihren neuen Plan, daß ich Sie bis Dannemora hin begleite.

— Ich auch! fiel der Isländer ein. Aber sagen Sie, was
Sie so schnell umgestimmt?

— Ost üben, antwortete ich, unvorhergesehene Momente, —
im Alltagsleben nennt man sie Zufälle, — auf unsre Entschlüsse
einen Einfluß aus, den wir ihnen an und für sich nicht gern ein¬
geräumt hätten. Halten Sie etwas auf Träume?

— Aberglaube, Nichts als Aberglaube! erwiederte Freund G.
Wir Nordländer lieben mehr den klaren Verstand, als die täuschen¬
den Gebilde nächtlicher -Phantasie. Ihr in Euerm Süden habt's
nur immer mit Euern Träumen und Ahnungen zu thun und erzählt
Euch gern Eure Träumereien.

Ich verharrte diesmal doch in meinem „südlichen" Aberglauben
und habe es nicht zu bereuen gehabt, Ohne jenen schonen Traum,
de.r mich bestimmte, hätt' ich nie die Wunder der unterirdischen Welt
bei Dannemora und Falun und Elfvaa durchmustert, nie die hoch¬
herzigen Dalekarlier und Gustav Wasa's heilige Fluchtstätten, nie die
glückselige Einfachheit der finnischen Einsiedler und ihr Birkenbrot
kennen gelernt, hätte nie in dei düstern Waldungen der Oster-Dalclf
und bei den Eisgipfeln der Kivlen den Tanz grimmigbrummender
Bären angeschaut und nie den zitternden Ball der Mitternachtssonne
die schäumenden Wellen des heiligen Meeres küssen gesehen. —
Ohne jenen schönen Traum hätte ich nicht die herrliche Christiana
erblickt und ihre wackern edeln Sohne kennen gelernt, hätte nie vor
FricdrichShall an des großherzigen Karl's Grabe gestanden und bei
den brausenden Wasserfällen von Elfkarbley und Trolhätta staunend
meine Seele erhoben gefühlt, was ich Alles nächstens ausführ¬
licher dem geneigten Leser zu schildern hoffe.


M. R,


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[0379] — Was? rief G., Sie sind fest entschlossen? Und so auf ein¬ mal unvermuthet? — Ja, antwortete ich, mein Entschluß steht fest. Die auf der Post bestellten Pferde nach Stockholm bestelle ich ab und eile zunächst nach Dannemora. Morgen früh sehen Sie, meine Freunde, mich zum Nordthor hinausfahren. — Das ist ja herrlich! rief M., ich freue mich so sehr über Ihren neuen Plan, daß ich Sie bis Dannemora hin begleite. — Ich auch! fiel der Isländer ein. Aber sagen Sie, was Sie so schnell umgestimmt? — Ost üben, antwortete ich, unvorhergesehene Momente, — im Alltagsleben nennt man sie Zufälle, — auf unsre Entschlüsse einen Einfluß aus, den wir ihnen an und für sich nicht gern ein¬ geräumt hätten. Halten Sie etwas auf Träume? — Aberglaube, Nichts als Aberglaube! erwiederte Freund G. Wir Nordländer lieben mehr den klaren Verstand, als die täuschen¬ den Gebilde nächtlicher -Phantasie. Ihr in Euerm Süden habt's nur immer mit Euern Träumen und Ahnungen zu thun und erzählt Euch gern Eure Träumereien. Ich verharrte diesmal doch in meinem „südlichen" Aberglauben und habe es nicht zu bereuen gehabt, Ohne jenen schonen Traum, de.r mich bestimmte, hätt' ich nie die Wunder der unterirdischen Welt bei Dannemora und Falun und Elfvaa durchmustert, nie die hoch¬ herzigen Dalekarlier und Gustav Wasa's heilige Fluchtstätten, nie die glückselige Einfachheit der finnischen Einsiedler und ihr Birkenbrot kennen gelernt, hätte nie in dei düstern Waldungen der Oster-Dalclf und bei den Eisgipfeln der Kivlen den Tanz grimmigbrummender Bären angeschaut und nie den zitternden Ball der Mitternachtssonne die schäumenden Wellen des heiligen Meeres küssen gesehen. — Ohne jenen schönen Traum hätte ich nicht die herrliche Christiana erblickt und ihre wackern edeln Sohne kennen gelernt, hätte nie vor FricdrichShall an des großherzigen Karl's Grabe gestanden und bei den brausenden Wasserfällen von Elfkarbley und Trolhätta staunend meine Seele erhoben gefühlt, was ich Alles nächstens ausführ¬ licher dem geneigten Leser zu schildern hoffe. M. R, 47»

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/379>, abgerufen am 22.12.2024.