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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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Stellung der Bombardiers und Korporale, wo heute Ersterer ein
Untergebener, morgen ein Vorgesetzter des Letzteren wird, würde auf¬
hören und das Bombardiercorps selbst würde nicht nöthig haben, er¬
graute strenge Dienstmänner auf Kosten der Intelligenz zur Aufrecht¬
haltung ver Stockdisziplin in den Regimentern zu werben, die bei
Erlangung der Offizieröchargen, bei allen ihren anerkannten militäri¬
schen Erfahrungen nur den Kamaschendienst handhaben und beför¬
dern können, und die durch ihre Ignoranz außer dem Kanonenfache
zu sccmdalisirenden Bonmots über das ganze Offiziercorps Stoffe lie¬
fern? Fürchtet man sich etwa, daß durch die Besetzung der Korpo¬
ralsstellen mit gebildeten Individuen das Stockprügelsystem in seinen
Prinzipien zu stark erschüttert würde? Man dürfte ja, um diesen ge¬
rechten Befürchtungen zu begegnen, nur jene Anstalten fortbestehen
lassen, wo die orthodoxen Korporale den neueren im Prügeln statt
an einem Mann, an einem Bund Stroh Unterricht ertheilen, und es
müßte ein Wunder sein, wenn unter höheren Mathematikern, Physi¬
kern :c. nicht so viel Talente aufgefunden werden sollten, die mittelst
etlicher Lectionen den Haßlinger eben so gut und mit Meisterschaft
zu schwingen erlernten, als dieses ausschließende Prärogativ von den
bengelhastesten Korporal zur Ehre der Artillerie gehandhabt wird.
Aus dem Gesagten geht hervor, daß durch ein hartnäckig verfolgtes,
absurdes System ein großer Theil der geschicktesten Individuen, die
eine Zierde deö Offiziercorps geworden wären, nicht zu diesem Ziele
gelangen, sondern als Gemeine, oder höchstens Korporale unter steter
Unzufriedenheit und Hader mit dem Schicksale veralten und verder¬
ben müssen.




Stellung der Bombardiers und Korporale, wo heute Ersterer ein
Untergebener, morgen ein Vorgesetzter des Letzteren wird, würde auf¬
hören und das Bombardiercorps selbst würde nicht nöthig haben, er¬
graute strenge Dienstmänner auf Kosten der Intelligenz zur Aufrecht¬
haltung ver Stockdisziplin in den Regimentern zu werben, die bei
Erlangung der Offizieröchargen, bei allen ihren anerkannten militäri¬
schen Erfahrungen nur den Kamaschendienst handhaben und beför¬
dern können, und die durch ihre Ignoranz außer dem Kanonenfache
zu sccmdalisirenden Bonmots über das ganze Offiziercorps Stoffe lie¬
fern? Fürchtet man sich etwa, daß durch die Besetzung der Korpo¬
ralsstellen mit gebildeten Individuen das Stockprügelsystem in seinen
Prinzipien zu stark erschüttert würde? Man dürfte ja, um diesen ge¬
rechten Befürchtungen zu begegnen, nur jene Anstalten fortbestehen
lassen, wo die orthodoxen Korporale den neueren im Prügeln statt
an einem Mann, an einem Bund Stroh Unterricht ertheilen, und es
müßte ein Wunder sein, wenn unter höheren Mathematikern, Physi¬
kern :c. nicht so viel Talente aufgefunden werden sollten, die mittelst
etlicher Lectionen den Haßlinger eben so gut und mit Meisterschaft
zu schwingen erlernten, als dieses ausschließende Prärogativ von den
bengelhastesten Korporal zur Ehre der Artillerie gehandhabt wird.
Aus dem Gesagten geht hervor, daß durch ein hartnäckig verfolgtes,
absurdes System ein großer Theil der geschicktesten Individuen, die
eine Zierde deö Offiziercorps geworden wären, nicht zu diesem Ziele
gelangen, sondern als Gemeine, oder höchstens Korporale unter steter
Unzufriedenheit und Hader mit dem Schicksale veralten und verder¬
ben müssen.




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[0024] Stellung der Bombardiers und Korporale, wo heute Ersterer ein Untergebener, morgen ein Vorgesetzter des Letzteren wird, würde auf¬ hören und das Bombardiercorps selbst würde nicht nöthig haben, er¬ graute strenge Dienstmänner auf Kosten der Intelligenz zur Aufrecht¬ haltung ver Stockdisziplin in den Regimentern zu werben, die bei Erlangung der Offizieröchargen, bei allen ihren anerkannten militäri¬ schen Erfahrungen nur den Kamaschendienst handhaben und beför¬ dern können, und die durch ihre Ignoranz außer dem Kanonenfache zu sccmdalisirenden Bonmots über das ganze Offiziercorps Stoffe lie¬ fern? Fürchtet man sich etwa, daß durch die Besetzung der Korpo¬ ralsstellen mit gebildeten Individuen das Stockprügelsystem in seinen Prinzipien zu stark erschüttert würde? Man dürfte ja, um diesen ge¬ rechten Befürchtungen zu begegnen, nur jene Anstalten fortbestehen lassen, wo die orthodoxen Korporale den neueren im Prügeln statt an einem Mann, an einem Bund Stroh Unterricht ertheilen, und es müßte ein Wunder sein, wenn unter höheren Mathematikern, Physi¬ kern :c. nicht so viel Talente aufgefunden werden sollten, die mittelst etlicher Lectionen den Haßlinger eben so gut und mit Meisterschaft zu schwingen erlernten, als dieses ausschließende Prärogativ von den bengelhastesten Korporal zur Ehre der Artillerie gehandhabt wird. Aus dem Gesagten geht hervor, daß durch ein hartnäckig verfolgtes, absurdes System ein großer Theil der geschicktesten Individuen, die eine Zierde deö Offiziercorps geworden wären, nicht zu diesem Ziele gelangen, sondern als Gemeine, oder höchstens Korporale unter steter Unzufriedenheit und Hader mit dem Schicksale veralten und verder¬ ben müssen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/24>, abgerufen am 01.07.2024.