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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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Ich habe eben die Anwendung der Walzen zur Bereitung des
Schmiedeeisens und des Eisenbleches eine schöne Erfindung genannt,
und doch scheint dieselbe so einfach, daß man sich wundern könnte,
wie man nur ein Gewicht darauf legen kann, wenn man nicht wüßte,
wie die einfachsten Sachen oft am schwersten zu finden sind. Ebenso
ging es hier.

Napoleon hatte bei der Continentalsperre auch das englische
Eisenblech verbannt, bei der Unentbehrlichkeit dieses Artikels aber eine
hohe Prämie auf die Fabrikation nach englischer Manier ausgesetzt.
Die Eisenfabrikanten erschöpften sich in Versuchen aller Art; trotz der
scheinbaren Einfachheit aber verfiel Keiner auf die Walzen. Da be¬
merkte der Besitzer eines Eisenhammers in einem Winkel Belgiens,
im Hoyouthale, nahe bei dem Städtchen Huy an der Maas, eines
Tages einen höchst zerlumpten Menschen an seiner Thüre, in wel¬
chem er bald einen Engländer erkennt. Aus Mitleid oder Specu-
lation nimmt er ihn auf, läßt ihn anständig kleiden, und obgleich
er selbst kein Englisch, der Aufgenommene nur wenige französische
Worre kennt, bringt er heraus, daß derselbe in einer Eisenhütte in
England gearbeitet hatte. Trotz der geringen Bildung des Arbeiters
erkennt Herr Delloye (das war der Name des glücklichen Fabrik¬
herrn) bald das Prinzip der Blechfabrikation durch Walzen, --
Versuche werden angestellt, mißglücken anfangs, führen aber endlich
zu dem erfreulichsten Resultat, so daß er den doppelten Preis davon
trägt, zuerst den von Napoleon ausgesetzten und dann den, der ihm
durch die alleinige Fabrikation des gesuchten Artikels erwachsen mußte.

Nach dem Frieden wurde die Erfindung durch erneuerte Verbin¬
dung mit England Gemeingut, schwierig aber blieb es stets, mit den
durch die Natur und die Größe ihrer Fabriken begünstigten Englän¬
dern zu concurriren. Seraing, dessen Stolz und Prinzip es ist, Alles
zum Maschinenbau Nöthige in der Anstalt selbst hervorzubringen,
adoptirte natürlich die Stangen- und Blechfabrikation, und wie jeder
einzelne Zweig, so setzt auch dieser nun durch die gigantische Größe
der Unternehmung in Erstaunen.

In den hierzu bestimmten Werkstätten reiht sich Ofen an Ofen,
Amboß an Amboß,'Walze an Walze. Hier blendet die Gluth des
in weißer Helle strahlenden Feuers das Auge, dort ergießen sich die
glühenden Schlacken unter dem gewichtigen Hammer; hier sprühen


Ich habe eben die Anwendung der Walzen zur Bereitung des
Schmiedeeisens und des Eisenbleches eine schöne Erfindung genannt,
und doch scheint dieselbe so einfach, daß man sich wundern könnte,
wie man nur ein Gewicht darauf legen kann, wenn man nicht wüßte,
wie die einfachsten Sachen oft am schwersten zu finden sind. Ebenso
ging es hier.

Napoleon hatte bei der Continentalsperre auch das englische
Eisenblech verbannt, bei der Unentbehrlichkeit dieses Artikels aber eine
hohe Prämie auf die Fabrikation nach englischer Manier ausgesetzt.
Die Eisenfabrikanten erschöpften sich in Versuchen aller Art; trotz der
scheinbaren Einfachheit aber verfiel Keiner auf die Walzen. Da be¬
merkte der Besitzer eines Eisenhammers in einem Winkel Belgiens,
im Hoyouthale, nahe bei dem Städtchen Huy an der Maas, eines
Tages einen höchst zerlumpten Menschen an seiner Thüre, in wel¬
chem er bald einen Engländer erkennt. Aus Mitleid oder Specu-
lation nimmt er ihn auf, läßt ihn anständig kleiden, und obgleich
er selbst kein Englisch, der Aufgenommene nur wenige französische
Worre kennt, bringt er heraus, daß derselbe in einer Eisenhütte in
England gearbeitet hatte. Trotz der geringen Bildung des Arbeiters
erkennt Herr Delloye (das war der Name des glücklichen Fabrik¬
herrn) bald das Prinzip der Blechfabrikation durch Walzen, —
Versuche werden angestellt, mißglücken anfangs, führen aber endlich
zu dem erfreulichsten Resultat, so daß er den doppelten Preis davon
trägt, zuerst den von Napoleon ausgesetzten und dann den, der ihm
durch die alleinige Fabrikation des gesuchten Artikels erwachsen mußte.

Nach dem Frieden wurde die Erfindung durch erneuerte Verbin¬
dung mit England Gemeingut, schwierig aber blieb es stets, mit den
durch die Natur und die Größe ihrer Fabriken begünstigten Englän¬
dern zu concurriren. Seraing, dessen Stolz und Prinzip es ist, Alles
zum Maschinenbau Nöthige in der Anstalt selbst hervorzubringen,
adoptirte natürlich die Stangen- und Blechfabrikation, und wie jeder
einzelne Zweig, so setzt auch dieser nun durch die gigantische Größe
der Unternehmung in Erstaunen.

In den hierzu bestimmten Werkstätten reiht sich Ofen an Ofen,
Amboß an Amboß,'Walze an Walze. Hier blendet die Gluth des
in weißer Helle strahlenden Feuers das Auge, dort ergießen sich die
glühenden Schlacken unter dem gewichtigen Hammer; hier sprühen


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[0158] Ich habe eben die Anwendung der Walzen zur Bereitung des Schmiedeeisens und des Eisenbleches eine schöne Erfindung genannt, und doch scheint dieselbe so einfach, daß man sich wundern könnte, wie man nur ein Gewicht darauf legen kann, wenn man nicht wüßte, wie die einfachsten Sachen oft am schwersten zu finden sind. Ebenso ging es hier. Napoleon hatte bei der Continentalsperre auch das englische Eisenblech verbannt, bei der Unentbehrlichkeit dieses Artikels aber eine hohe Prämie auf die Fabrikation nach englischer Manier ausgesetzt. Die Eisenfabrikanten erschöpften sich in Versuchen aller Art; trotz der scheinbaren Einfachheit aber verfiel Keiner auf die Walzen. Da be¬ merkte der Besitzer eines Eisenhammers in einem Winkel Belgiens, im Hoyouthale, nahe bei dem Städtchen Huy an der Maas, eines Tages einen höchst zerlumpten Menschen an seiner Thüre, in wel¬ chem er bald einen Engländer erkennt. Aus Mitleid oder Specu- lation nimmt er ihn auf, läßt ihn anständig kleiden, und obgleich er selbst kein Englisch, der Aufgenommene nur wenige französische Worre kennt, bringt er heraus, daß derselbe in einer Eisenhütte in England gearbeitet hatte. Trotz der geringen Bildung des Arbeiters erkennt Herr Delloye (das war der Name des glücklichen Fabrik¬ herrn) bald das Prinzip der Blechfabrikation durch Walzen, — Versuche werden angestellt, mißglücken anfangs, führen aber endlich zu dem erfreulichsten Resultat, so daß er den doppelten Preis davon trägt, zuerst den von Napoleon ausgesetzten und dann den, der ihm durch die alleinige Fabrikation des gesuchten Artikels erwachsen mußte. Nach dem Frieden wurde die Erfindung durch erneuerte Verbin¬ dung mit England Gemeingut, schwierig aber blieb es stets, mit den durch die Natur und die Größe ihrer Fabriken begünstigten Englän¬ dern zu concurriren. Seraing, dessen Stolz und Prinzip es ist, Alles zum Maschinenbau Nöthige in der Anstalt selbst hervorzubringen, adoptirte natürlich die Stangen- und Blechfabrikation, und wie jeder einzelne Zweig, so setzt auch dieser nun durch die gigantische Größe der Unternehmung in Erstaunen. In den hierzu bestimmten Werkstätten reiht sich Ofen an Ofen, Amboß an Amboß,'Walze an Walze. Hier blendet die Gluth des in weißer Helle strahlenden Feuers das Auge, dort ergießen sich die glühenden Schlacken unter dem gewichtigen Hammer; hier sprühen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/158>, abgerufen am 23.12.2024.