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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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A " S Prag.

Die Kattundrucker und ihre Revolte. -- Seitenblick auf die schlesischen Weber.
-- Die Judenstadt. -- Die Funkindustrie überhaupt.

So haben auch wir unsere große Woche gehabt, unsere Juni¬
tage, unsere Straßenemeuten, unsere braun und blau geprügelten
Tricoloren, die vollständigste Revolution gegen die Dynastie -- der
Kattundrucker. Ware die Sache nicht so verteufelt ernsthaft, man hätte
sie für Spaß halten können. Eine Revolte in Prag! Achtzehnhundert
Menschen, die sich zusammenrotten und ein förmliches Lager bilden
-- seit der Schlacht am weißen Berge hat man solches hier nicht
gesehen, und doch gibt es hier keine subversive Presse, keine Pam¬
phlets ä la Treumund Welp. Was würde der schlestsche Oberprä¬
sident von Merkel sagen, wenn er den hiesigen Scenen beigewohnt
hätte! Haben etwa "Ost und West", oder "die k. k. privilegirte Pra¬
ger Zeitung" durch ihre revolutionären und communistischen Artikel die
Drucker aufgereizt?

Die halb komische und ganz ernsthafte Episode, die wir hier er¬
lebten, hat mancherlei große Lehren in ihrem Gefolge, einen t'-dient-t
"locvt: mimo, daß der Mensch überall ein Mensch ist, er mag nun
den National, oder die Prager Zeitung, oder auch gar Nichts lesen;
secunilo, daß das Fabrikenwesen in allen Ländern der Welt eine
große Krisis herbeiführen wird, und daß Lyon und Manchester auch
in Schlesien und Böhmen ihr Widerspiel haben.

Lassen Sie mich die hiesigen Vorgange näher beleuchten. Die
Lage der hiesigen Kattundrucker ist sehr zu unterscheiden von der der
Weber in Langenbielau :c. Die dortigen Arbeiter, in zwei, drei Dör¬
fern concentrirt, deren Bevölkerung nur von den dort etablirten Fa¬
briken lebt, wo der Fabrikherr gewissermaßen die Arbeiter als seine Leib¬
eigenen betrachten kann (wie es denn wirklich dort vorgekommen ist,


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A » S Prag.

Die Kattundrucker und ihre Revolte. — Seitenblick auf die schlesischen Weber.
— Die Judenstadt. — Die Funkindustrie überhaupt.

So haben auch wir unsere große Woche gehabt, unsere Juni¬
tage, unsere Straßenemeuten, unsere braun und blau geprügelten
Tricoloren, die vollständigste Revolution gegen die Dynastie — der
Kattundrucker. Ware die Sache nicht so verteufelt ernsthaft, man hätte
sie für Spaß halten können. Eine Revolte in Prag! Achtzehnhundert
Menschen, die sich zusammenrotten und ein förmliches Lager bilden
— seit der Schlacht am weißen Berge hat man solches hier nicht
gesehen, und doch gibt es hier keine subversive Presse, keine Pam¬
phlets ä la Treumund Welp. Was würde der schlestsche Oberprä¬
sident von Merkel sagen, wenn er den hiesigen Scenen beigewohnt
hätte! Haben etwa „Ost und West", oder „die k. k. privilegirte Pra¬
ger Zeitung" durch ihre revolutionären und communistischen Artikel die
Drucker aufgereizt?

Die halb komische und ganz ernsthafte Episode, die wir hier er¬
lebten, hat mancherlei große Lehren in ihrem Gefolge, einen t'-dient-t
«locvt: mimo, daß der Mensch überall ein Mensch ist, er mag nun
den National, oder die Prager Zeitung, oder auch gar Nichts lesen;
secunilo, daß das Fabrikenwesen in allen Ländern der Welt eine
große Krisis herbeiführen wird, und daß Lyon und Manchester auch
in Schlesien und Böhmen ihr Widerspiel haben.

Lassen Sie mich die hiesigen Vorgange näher beleuchten. Die
Lage der hiesigen Kattundrucker ist sehr zu unterscheiden von der der
Weber in Langenbielau :c. Die dortigen Arbeiter, in zwei, drei Dör¬
fern concentrirt, deren Bevölkerung nur von den dort etablirten Fa¬
briken lebt, wo der Fabrikherr gewissermaßen die Arbeiter als seine Leib¬
eigenen betrachten kann (wie es denn wirklich dort vorgekommen ist,


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[0137] T a g e b u <es. ^^N-^.^ A » S Prag. Die Kattundrucker und ihre Revolte. — Seitenblick auf die schlesischen Weber. — Die Judenstadt. — Die Funkindustrie überhaupt. So haben auch wir unsere große Woche gehabt, unsere Juni¬ tage, unsere Straßenemeuten, unsere braun und blau geprügelten Tricoloren, die vollständigste Revolution gegen die Dynastie — der Kattundrucker. Ware die Sache nicht so verteufelt ernsthaft, man hätte sie für Spaß halten können. Eine Revolte in Prag! Achtzehnhundert Menschen, die sich zusammenrotten und ein förmliches Lager bilden — seit der Schlacht am weißen Berge hat man solches hier nicht gesehen, und doch gibt es hier keine subversive Presse, keine Pam¬ phlets ä la Treumund Welp. Was würde der schlestsche Oberprä¬ sident von Merkel sagen, wenn er den hiesigen Scenen beigewohnt hätte! Haben etwa „Ost und West", oder „die k. k. privilegirte Pra¬ ger Zeitung" durch ihre revolutionären und communistischen Artikel die Drucker aufgereizt? Die halb komische und ganz ernsthafte Episode, die wir hier er¬ lebten, hat mancherlei große Lehren in ihrem Gefolge, einen t'-dient-t «locvt: mimo, daß der Mensch überall ein Mensch ist, er mag nun den National, oder die Prager Zeitung, oder auch gar Nichts lesen; secunilo, daß das Fabrikenwesen in allen Ländern der Welt eine große Krisis herbeiführen wird, und daß Lyon und Manchester auch in Schlesien und Böhmen ihr Widerspiel haben. Lassen Sie mich die hiesigen Vorgange näher beleuchten. Die Lage der hiesigen Kattundrucker ist sehr zu unterscheiden von der der Weber in Langenbielau :c. Die dortigen Arbeiter, in zwei, drei Dör¬ fern concentrirt, deren Bevölkerung nur von den dort etablirten Fa¬ briken lebt, wo der Fabrikherr gewissermaßen die Arbeiter als seine Leib¬ eigenen betrachten kann (wie es denn wirklich dort vorgekommen ist, Grcnzlwt-Il n.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/137>, abgerufen am 22.12.2024.