Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester. Den Sängereid in Gottes Hand. Schwöre! Schwöre!" "O wenn Du, Dein vergessend, Dann wieder gedenken wirst Des großen ganzen Menschenjammers - Dann laß getrost Dich necken Vom stotternden Geplauder Der Dummheit und der Klügelei; -- Die plappernden Mühlen, Als könnten sie stören Den Strom auf seinem ernsten Gange! Das rohe Raufen der Parteien, Es irre Dich nicht! Sei wie der freie Strom; Nicht diesem Ufer gehört er, Und jenem nicht, Er wallet und woget zwischen den beiden, Der ganzen Gegend gehört Sein Segen und seine Schönheit. Laß Deine Kraft Tragen ihr eigenes Haar, In burschenschaftlicher Ungebundenheit, Ob auch die Feinen, Mit modisch gestutztem Gewissen Und niedlich gelockten Gefühlen, Des struppigen Gesellen spotten. Und mag die Gemeinheit, Das schmutzige Marktweib, Feilbietend ihr verfaultes Obst, Dich einen Lügner schelten; Mag keifen die Verleumdung: Daß Du zum Schwerte griffest, Auf stolzem Schlachthengst Dich tummelst, Das Staunen der Menge An Deine Sohlen zu binden; Den Sängereid in Gottes Hand. Schwöre! Schwöre!" „O wenn Du, Dein vergessend, Dann wieder gedenken wirst Des großen ganzen Menschenjammers - Dann laß getrost Dich necken Vom stotternden Geplauder Der Dummheit und der Klügelei; — Die plappernden Mühlen, Als könnten sie stören Den Strom auf seinem ernsten Gange! Das rohe Raufen der Parteien, Es irre Dich nicht! Sei wie der freie Strom; Nicht diesem Ufer gehört er, Und jenem nicht, Er wallet und woget zwischen den beiden, Der ganzen Gegend gehört Sein Segen und seine Schönheit. Laß Deine Kraft Tragen ihr eigenes Haar, In burschenschaftlicher Ungebundenheit, Ob auch die Feinen, Mit modisch gestutztem Gewissen Und niedlich gelockten Gefühlen, Des struppigen Gesellen spotten. Und mag die Gemeinheit, Das schmutzige Marktweib, Feilbietend ihr verfaultes Obst, Dich einen Lügner schelten; Mag keifen die Verleumdung: Daß Du zum Schwerte griffest, Auf stolzem Schlachthengst Dich tummelst, Das Staunen der Menge An Deine Sohlen zu binden; <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0626" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/180339"/> <lg xml:id="POEMID_24" prev="#POEMID_23" type="poem"> <l> Den Sängereid in Gottes Hand.<lb/> Schwöre! Schwöre!"</l> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg xml:id="POEMID_25" type="poem" next="#POEMID_26"> <l> „O wenn Du, Dein vergessend,<lb/><lb/> Dann wieder gedenken wirst<lb/><lb/> Des großen ganzen Menschenjammers -<lb/><lb/> Dann laß getrost Dich necken<lb/><lb/> Vom stotternden Geplauder<lb/><lb/> Der Dummheit und der Klügelei; —<lb/><lb/> Die plappernden Mühlen,<lb/><lb/> Als könnten sie stören<lb/> Den Strom auf seinem ernsten Gange!<lb/><lb/> Das rohe Raufen der Parteien,<lb/><lb/> Es irre Dich nicht!<lb/><lb/> Sei wie der freie Strom;<lb/><lb/> Nicht diesem Ufer gehört er,<lb/> Und jenem nicht,<lb/> Er wallet und woget zwischen den beiden,<lb/><lb/> Der ganzen Gegend gehört<lb/> Sein Segen und seine Schönheit.<lb/><lb/> Laß Deine Kraft<lb/><lb/> Tragen ihr eigenes Haar,<lb/><lb/> In burschenschaftlicher Ungebundenheit,<lb/><lb/> Ob auch die Feinen,<lb/><lb/> Mit modisch gestutztem Gewissen<lb/> Und niedlich gelockten Gefühlen,<lb/><lb/> Des struppigen Gesellen spotten.<lb/><lb/> Und mag die Gemeinheit,<lb/><lb/> Das schmutzige Marktweib,<lb/><lb/> Feilbietend ihr verfaultes Obst,<lb/><lb/> Dich einen Lügner schelten;<lb/><lb/> Mag keifen die Verleumdung:<lb/><lb/> Daß Du zum Schwerte griffest,<lb/><lb/> Auf stolzem Schlachthengst Dich tummelst,<lb/><lb/> Das Staunen der Menge<lb/><lb/> An Deine Sohlen zu binden;<lb/></l> </lg><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0626]
Den Sängereid in Gottes Hand.
Schwöre! Schwöre!"
„O wenn Du, Dein vergessend,
Dann wieder gedenken wirst
Des großen ganzen Menschenjammers -
Dann laß getrost Dich necken
Vom stotternden Geplauder
Der Dummheit und der Klügelei; —
Die plappernden Mühlen,
Als könnten sie stören
Den Strom auf seinem ernsten Gange!
Das rohe Raufen der Parteien,
Es irre Dich nicht!
Sei wie der freie Strom;
Nicht diesem Ufer gehört er,
Und jenem nicht,
Er wallet und woget zwischen den beiden,
Der ganzen Gegend gehört
Sein Segen und seine Schönheit.
Laß Deine Kraft
Tragen ihr eigenes Haar,
In burschenschaftlicher Ungebundenheit,
Ob auch die Feinen,
Mit modisch gestutztem Gewissen
Und niedlich gelockten Gefühlen,
Des struppigen Gesellen spotten.
Und mag die Gemeinheit,
Das schmutzige Marktweib,
Feilbietend ihr verfaultes Obst,
Dich einen Lügner schelten;
Mag keifen die Verleumdung:
Daß Du zum Schwerte griffest,
Auf stolzem Schlachthengst Dich tummelst,
Das Staunen der Menge
An Deine Sohlen zu binden;
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